Samstag, 1. Mai 2010

Bruno Piglhein, * 19.02.1848 in Hamburg; † 15.07.1894 in München - 1. Teil

Es wird empfohlen, die gescannten Seiten aus Büchern mit den Tasten "Strg" und "+" zu vergrößern



Piglhein, Bruno 
(Elimar Ulrich B.), Maler,


* 19. 2.1848 Hamburg,
                                       † 15.7.1894 München.



Anfänglich Bildhauer (Schüler von J. Lippelt in Hamburg u. Joh. Schilling in Dresden), dann Schüler von F. Pauwels in Weimar u. (seit 1870) von W. v. Diez in München, wo er sich niederließ. Studienaufenthalte in Paris u. (1885/86) in Palästina (Studien für d. Kreuzigung Christi [s. u.]). 1886 Professor, 1892 Mitbegründer und 1. Präsident der Sezession.
Begann mit Dekor. im Stil Makarts für Hamburger Patrizierhäuser, malte einige mythologische Darstellungen in der Art Böcklins (Kentaurenbilder), Bildnisse und Tierstücke, pflegte 1882/84 vornehmlich das Pastell) (Damen- und Kinderbildnisse, Pieretten, spanische Tänzerinnen, Kokotten) und errang Erfolg mit religiösen Darstellungen (Moritur in Deo, 1879 [Berlin, Nationalgalerie]), besonders mit seinem Hauptwerk, dem Panorama der Kreuzigung Christi, 1886 (Entwurf und figürlicher Teil von Piglhein, Übertragung auf die 1700 qm große Leinwand und Ausführung der Landschaft von Jos. Block, J. A. Heine und Jos. Krieger; ausgestellt in München, Berlin und Wien, hier 1892 verbrannt).
Bilder in der National Galerie Berlin (Bildnis Richard Paul), im K. F. M. Görlitz (Skizze zu dem Jerusalem-Panorama), in der Kunsthalle Hamburg (Pan und Nymphe; Flucht nach Ägypten; Löwenkopf; Damenbildnis; z.Zt. nur ernstgen. Bild [Skizze] ausgest.), Neue Pinakothek (Die Blinde im Mohnfeld [Entwurf]), Sezessions-Galerie Schleißheim (Holländerin; Mädchen mit Katze; Studie im Freien), Neue Staatsgalerie Stuttgart (Königstiger) und im Kunsthaus Zürich (Kentaurenpaar). - Gedächtnisausstellung 1895 in der Berliner National-Galerie und Februar 1908 im Münchner Kunstverein.
Literatur: F. Pecht, Geschichte der Münchener Kunst, 1888. - R. Muther, Geschichte der Malerei im 19. Jahrhundert, 1893/94. - F. von Boetticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts, II/1 (1898). - Allgemeine Deutsche Biographie, LIII 790. - Brieger, das Pastell, o.J.. - Kunst für Alle, 2 (1887) 105/10; 9 (1894) 342 (Nekr.). - Zeitschrift für bildende Kunst, 22 (1887) 217f. - Bericht des Kunstvereins München. 1894 p. 72 (Nekr.).
Katalog der Ausstellung der Werke von Bruno Piglhein, Königliche National-Galerie Berlin, 1895 (mit biographischer Einleitung von Donop).
M. V. Sattler, Führer d. d. Panorama der Kreuzigung Christi 1886.

(aus Thieme-Becker, Künstlerlexikon)



  







Inhaltsverzeichnis:

Panorama - Jerusalem und die Kreuzigung Christi
Wecker-Piglhein-Version:
http://www.msplinks.com/MDFodHRwOi8vd3d3LnByb2YtYnJ1bm8tcGlnbGhlaW4uZGUvUGFub3JhbWEvZHBhbm9yYW1hLmh0bWw=
Englische Version in Farbe:
http://www.msplinks.com/MDFodHRwOi8vd3d3LnByb2YtYnJ1bm8tcGlnbGhlaW4uZGUvUGFub3JhbWEvZHBhbm9yYW1hLWNvbG9yLWdyb3NzLWVuLmh0bWw=
Handgeschriebener Lebenslauf Bruno Piglhein 19-jährig
Publikationen
Pastelle
Portraits der Familie KruppHistorisches Archiv KruppPiglhein's AtelierFederzeichnungen aus Piglhein's Skizzenblock
Zentaurenbilder
Miniatur-Panorama aus Prof. Sattler*s Panoramaführer
Städtische Galerie München Lenbachhaus und KunstbauMünchener Malerschule
Hamburger Kunsthalle


Jerusalem Panorama

                                                                        Umschlag von Prof. M. V. Sattler's Panoramaführer
Die Panoramen sind gescannt und gedruckt worden. Sie sind in der website: http://www.msplinks.com/MDFodHRwOi8vd3d3LnByb2YtYnJ1bm8tcGlnbGhlaW4uZGUv als drehbare 360° Panoramen (QuickTime) dargestellt. Sie sind im separaten Buch als gefaltete Leporellos zu sehen.
♦ schwarz/weiß- und Farbversionen (groß und klein) mit Erläuterunngen
♦ Jerusalem on the Day of the Crucifixion
♦ A perfect reproduction of the famous Cyclorama of Munich
♦ A perfect Plagiarism of the Munich Cyclorama by Piglhein's assistants Karl Frosch and Joseph Krieger - Plagiate von Piglhein's Assistenten Karl Frosch und Joseph Krieger
♦ Ausschnitt Kopie aus dem Original Holzstich unbearbeitet. Die Wellenlinien entstehen durch das Scannen des Holzstichs.
♦ Ausschnitt aus o.a. Holzstich, bearbeitet, in Grautöne umgewandelt mit neuer Beschriftung.
10-Foto Panorama aus 10 Original Schwarz/weiß-Fotos des
gemalten Original Panoramas in München
.
Piglhein-Wecker Panorama aus den 10 Fotos mit Panorama software und mit eingefügten Zwischenräumen aus dem Holzstich.

Bruno Piglhein's Lebenslauf (ca. 19 Jahre alt), Entwurf



 







Lebenslauf (wurde von mir nochmals geschrieben und eingefügt unter Berücksichtigung der neuen (2010) Rechtschreibung. Die Satzteile, getrennt durch viele Kommata, wurden so belassen. Robert Wecker, im März 2010)

In Hamburg wurde ich geboren und wurde im Elternhaus erzogen. In meinem 6-ten Jahre, nach einem langwierigen aber glücklich überstandenen gastrischen Fieber, sah mein Vater an der Freude, die mir das Ausschneiden von Silhouetten machte, meine erwachende Neigung für künstlerische Beschäftigung.
Mit dem 7-ten Jahre wurde ich in die Schule des Herrn Dr. Werner, einem entfernten Verwandten von uns, geschickt. Auch dort waren mir die Zeichenstunden die liebsten, und wenngleich die Anleitung für mich nicht gerade besonders geeignet war die Lust zu steigern, so gab die Sammlung von Stichen und Bildern meines Vaters, sowie der Verkehr von Künstlern in unserer Familie, die mir Mut beim Zeichnen entfachten, desto mehr Gelegenheit meine Lust und Vorstellungen zu erhöhen. Wenn ich wegen leichter Krankheit zu Hause bleiben musste, so war ich vom Zeichnen nicht zu trennen, dass das viele Sitzen und die Anstrengung meiner Augen mir vom Arzt verboten wurde. Es dauerte nicht lang, so hatte die künstlerische Beschäftigung ein zweites Feld gefunden, das Modellieren. Ich bekam das nötige Material dazu geschenkt, und machte in der ersten Zeit mit besonderer Vorliebe Köpfe, und übertrug sie aus Zeichnungen, da mir die plastischen Originale zum Kopieren fehlten. Mein Vater schickte mich nun, um Beides, Zeichnen sowie Modellieren ausbilden zu lassen, auf die Schule der patriotischen Gesellschaft. Das Zeichnen, unter dem Maler Gunter Gensler, machte mir, in der dort geforderten Weise viele Schwieigkeiten, die ich jedoch überwand. Aber Modellieren unter Leitung des Bildhauers Vivié gewährte mir eine intensive Bekanntschaft mit der Form, da der Unterricht auch mehrheitlich den Gesetzen dienen sollte.
Julius Lippelt, der Arbeiten von mir gesehen hatte, veranlasste meinen Vater, mich in den Freistunden in seinem Atelier arbeiten zu lassen, und dieses war geeignet, mir sowohl die Schwierigkeiten als auch das Suchen meiner Absicht, Bildhauer zu werden, zu zeigen. Fand ich mich zwischen Antiken bis zu äußersten Genauigkeit reichend, so hat mich doch die Zeit gelehrt, dass es wohl der beste Weg ist, die Form erfahren zu lernen.
Inzwischen war Herr Dr. Werner gestorben, und nun vollendete ich meine Schulzeit unter der Leitung des Herrn Blumenhagen. Im 15-ten Jahr wurde ich durch Pastor Ritter konfirmiert. Jetzt kam die entscheidende Frage, was ich werden sollte, und mein fester Wille, Bildhauer zu werden, fand nach ernsten Bedenken die Billigung meines Vaters.
Mit doppeltem Eifer setzte ich nun meine Arbeiten bei Lippelt fort. Dieser gute und liebenswürdige Lehrer, blieb mir jedoch nicht lange, da dieser schon vor Vollendung des Schiller-Monuments der Brustkrankheit unterlag. Carl Börner, der seine Hilfe bei der großen Aufgabe gewesen war und den Auftrag zur Vollendung derselben erhielt, leitete nun mich an, noch ein Jahr, als halber Freund, bei meinen kleinen selbständigen Arbeiten und dann ging ich einem früheren Rat Lippelts folgend, im Jahre 1864 nach Dresden, um die höhere Kunstakademie zu besuchen.
Der Sommer 66 verlebte ich in Hamburg und habe dort mehrere selbständige Arbeiten gemacht, unter anderen einen lebensgroßen …? bringenden Jungen für das Wohnhaus meines Vaters. Als ich im Herbst wieder nach Dresden zurück gekehrt war und die Konkurrenzarbeit in der Antikenklasse gelöst hatte, wurde mir mein Wunsch erfüllt, Schüler von Bildhauer Johannes Schilling zu werden, und ich trat mit Beginn des Jahres 1867 in sein Atelier ein. Meine ersten Arbeiten waren Entwürfe zu einem Springbrunnen, die mich bis Juni beschäftigten. Im Juli begleitete ich meinen Vater auf einer Reise nach Paris und London, und die mächtigen Eindrücke dieser Reise, werden, wie ich hoffe, nicht ohne Einfluss auf mein ferneres Studium bleiben. Im August nach Dresden zurück gekehrt, wurde mir die angenehme Aufgabe erteilt, an den großen Werken meines Meisters mitarbeiten zu dürfen*. Jetzt beschäftigte ich mich mit der Ausführung des oben erwähnten Entwurfs ganz erfüllt von dem Wunsch, mich meiner großen und schweren Lebensaufgabe ungestört hingeben zu können, und hoffentlich wird meine Kraft und mein Wille nicht erlahmen.
B. Piglhein
Dresden, November 1867
*Von Schilling existiert heute noch die „Germania“ auf den Weinbergen oberhalb von Rüdesheim am Rhein. R.W.
Publikationen - Übersicht, werden darunter einzeln veröffentlicht.



Adelaide Observer, orig. engl. Abschrift
♦ Original-Kopie aus Adelaide Observer, Australien, 1891
♦ Adelaide Observer (Deutsche Übersetzung)
♦ Münchener Neueste Nachrichten, 14.01.1940
♦ Über Land und Meer
♦ Erinnerungen an W. Steinhausen
♦ Kunst für alle
♦ Ziegler-Brief aus Australien an Bruno Piglhein, 22.02.1891
♦ Original-Kopie des Briefes von Oskar Ziegler
♦ Distanzierung bzw. Richtigstellung der Einsiedler Panorama-website
♦ Webers Illustrierte Katechismen
♦ A perfect reproduction of the famous cyclorama of Munich - Jerusalem on the day of the Crucifixion, Dr. De Witt Talmage, USA, 1891
♦ Panoramaführer von Prof. M.V. Sattler, München, 1886
♦ Illustrierte Zeitung, Moritur in Deo, München, 16.04.1881
♦ Illustierte Zeitung, Bruno Piglhein, München, 28.07.1894
♦ Jerusalem im Großformat, Ausschnitte aus dem Buch von Edina Meyer-Maril, Tel-Aviv, 1998
♦ Die Kreuzigung Christi im Panorama, Auszüge aus der Doktorarbeit von Viola A. Murano, München, 31.03.2005
♦ Ausstellung in der Königl. National-Galerie zu Berlin, 1895
♦ Die Münchener Malerschule, Dr. A. Rosenberg, 1886/1887
♦ Dramatic Copyright in Australia (PDF-Datei)
♦ La Pasión y Muerte de Jesus, Barcelona, 14.02.1887
♦ La Ilustración, Revista, Barcelona, 21. 01.1884
♦ Selling Jerusalem, Relics, Replicas, Theme Parks
♦ Kunst, Kommerz und religiöse Erbauung im Wandel der Zeit - Jubiläumsbuch zum 100-jährigen Bestehen des Einsiedler Panoramas, Anja Buschow Oechslin u. Prof. Werner Oechslin, 1997.
♦ The Royal National Gallery, Originally Published 1912
♦ Jesus, Luther und der Pabst im Bilderkampf 1878 bis 1918
♦ Bericht von Enkelin Renate Wecker-Piglhein mit Anmerkung von Urenkel Robert Wecker
♦ Berliner Panoramen der Kaiserzeit, Ausschnitte aus dem Buch von Astrid Weidauer
♦ The Panorama, History of a Mass Medium
♦ Das Panorama, Geschichte eines Massenmediums, Auszug aus dem Buch von Stephan Oettermann
♦ Allgemeine Deutsche Biographie
♦ A Materpiece of Art
♦ Die Kunst unserer Zeit, Gottfried Böhm, 1894
♦ Malerwerke des 19. Jahrhunderts, 2. Band, 1898
♦ Piglhein-Ausstellung Münchener Kunstverein
♦ 850 Jahre München, Secession, Villa Stuck, Ausstellungskatalog
♦ Psychical and Supernormal Phenomena
♦ Radio Bayern 2, Secession, Sendung vom 07.09.2008- http://www.msplinks.com/MDFodHRwOi8vZ2Zmc3RyZWFtLTMudm8ubGxud2QubmV0L2UxL2ltcGVyaWEvbWQvYXVkaW8vcG9kY2FzdC9pbXBvcnQvMjAwOF8wOS8yMDA4XzA5XzAyXzE3XzQ5XzM4X3BvZGNhc3RkYXNpc3RzY2hsYXJhZmZpYWRpZWFuZl9hLm1wMw==
♦ Stadt München, Lexikon, Secession - http://www.msplinks.com/MDFodHRwOi8vd3d3LnN0YWR0LW11ZW5jaGVuLm5ldC9sZXhpa29uL2xleC5waHA/Znc9U2VjZXNzaW9u
♦ Die Münchner Secessionisten, Künstlergenossenschaft im Glaspalast
♦ Reise nach Jerusalem
♦ Kunstchronik 21
♦ Ludwig Trost: Piglhein's Panorama
♦ Panorama / Cyclorama in Ste.-Anne-de-Beaupré, Québec, Canada
♦ Bericht Wolfgang Petzet
♦ Buffalo
♦ Brief von Halder (Auftraggeber des Panoramas) an Bruno Piglhein
♦ Velhagen
♦ Zeitschrift für bildende Kunst
♦ Speciale Museologie, Reinwardt Academy, Amsterdam
http://www.msplinks.com/MDFodHRwOi8vd3d3LnByb2YtYnJ1bm8tcGlnbGhlaW4uZGUvdmVyb2VmZmVudF9qcGcvbXVzZW9sb2dpZS5odG1s




Originalkopie aus dem Adeaide Observer
          Adelaide Observer
Australische Tageszeitung, Original-Abschrift:
THE CYCLORAMA OF JERUSALEM“
___o___
TO THE EDITOR
Sir - As none of the gentlemen connected with the above establishment have felt inclined to explain the wonderful coincidence of the extreme likeness between the work of some American artists that of Professor Piglhein of Munic, I have been compelled to write to the latter artist, and I am waiting for an answer, which I shall publish as soon as it arrives. Herewith I beg to hand a short translation of an article which I found in one of the German papers received by yesterday’s mail: - „On the 1st of February, 1865, the firm Halder & Co. made a contract with Professor Piglhein, of Munich, for the production of a large panorama, „The Crucifixion of Christ“, for the sum of 145,000 marks, under the condition that he should travel to Jerusalem to study the locality, Oriental costumes, &c., &c., and to enter into an engagement not to produce a similar work for any other party for the next ten years, and to hand over to the firm of H. & Co., all plates and drawings“. Professor P. engaged the painters Karl Frosch and Joseph Krieger as assistants, in whose company he visited Palestine, and the result was the beautiful work of art which South Australians admire so much at present in Hindley-street. On June 1, 1886, the panorama was opened to the public of Munich, and created quite a sensation. In September, 1886, Karl Frosch went to Milwaukie, and in conjunction with some American painters reproduced six or seven copies of the now famous work. By this time an English firm (Fishburn Brothers) in North Shields had contracted with Halder & Co. To show the panorama in London, for which privilege they had to pay a heavy rental. They built costly premises for the purpose, but before these were finished there appeared in December, 1890, in Niagara Hall, London, one of Frosch’s plagiarisms, and the propietors took upwards of £ 100 per day for entrance fees. To cut the story short there was a lawauit-Fishburn Brothers versus „The Buffalo Cyclorama Company“ - for damages and confiscation in accordance with the Convention of Berne for the protection of work of art. The English Judge gave a verdict against the defendants, who appealed, but it is be hoped without success. I’m, Sir, &c.,
OSKAR ZIEGLER.
Osmond-terrace, Norwood.


Adelaide Observer
(Übersetzung)
Das Panorama von Jerusalem“
An den Verleger
Sehr geehrter Herr! - Da keiner von den Herren, die mit der oben genannten Einrichtung in Verbindung stehen, sich geneigt fühlte, auf die wunderbare Übereinstimmung der äußersten Gleichheit (Ähnlichkeit) zwischen dem Werk einiger amerikanischer Künstler und dem des Professors Piglhein aus München hinzuweisen, war ich gezwungen, an den letztgenannten Künstler zu schreiben.
Ich warte noch auf die Antwort, die ich, sofort wenn sie eingetroffen ist, veröffentlichen werde.
Hiermit übermittle ich Ihnen eine kurze Übersetzung eines Artikels, den ich in einer mit gestriger Post erhaltenen deutschen Zeitung fand:
„Am 1. Februar 1865 schloss das Unternehmen Halder & Co. einen Vertrag mit Professor Piglhein aus München, für die Herstellung eines großen Panoramas:
„Die Kreuzigung Christi“, für den Betrag von 145'000 Mark, unter der Bedingung, nach Jerusalem zu reisen und dort die Örtlichkeit, orientalische Kostüme und Gebräuche etc. zu studieren, sowie die Verpflichtung einzugehen, innerhalb der nächsten 10 Jahre für einen anderen Vertragspartner, kein ähnliches Werk zu schaffen und der Firma Halder & Co. Alle Druckplatten Skizzen und Zeichnungenund Abzüge auszuhändigen.
Professor Piglhein verpflichtete die Maler Karl Frosch und Joseph Krieger als Assistenten, in deren Begleitung er Palästina besuchte. Das Resultat war das wundervolle Kunstwerk, das Süd-Australier zur Zeit in der Hindley-Street bewundern können.
Am 1. Juni 1886 wurde das Panorama der Öffentlichkeit in München vorgestellt, und es war eine echte Sensation geschaffen. Im September 1886 ging Karl Frosch nach Milwaukee, und in Zusammenarbeit mit einigen amerikanischen Malern brachte er 6 oder 7 Kopien von diesem berühmten Kunstwerk heraus. Zu dieser Zeit schloss ein englisches Unternehmen (Gebr. Fishburn) in North Shields, mit Halder & Co. einen Kontrakt, das Panorama in London ausstellen zu dürfen. Für dieses Privileg musste sie aber eine hohe Summe bezahlen. Sie bauten kostspielige Häuser für diesen Zweck. Bevor diese aber fertig waren, erschien im Dezember 1890 in der Niagara-Hall in London eine von Froschs Plagiaten und die Eigentümer nahmen täglich über 100 an Eintrittsgeldern ein.
Um die Geschichte zu beenden: Es gab es einen Prozess zwischen Gebr. Fishburn und der „The Buffalo Cyclorama Company“ wegen Schadenersatz und Beschlagnahmung in der Übereinstimmung mit der Berner Konvention zum Schutze von Kunstwerken. Das englische Gericht erließ ein Verbot gegen die Beklagten, die Revision einlegten. Die Hoffnung blieb aber ohne Erfolg.
I’m, Sir, &c.,
OSKAR ZIEGLER
Osmond-Terrace, Norwood
                                          __________o_________

Erinnerungen an Maler und Malschulen im alten München
aus Münchner Neueste Nachrichten vom 14. Januar 1940
Bericht von Friedrich Ahlers-Hestermann
- - Habermann freundete sich mit Bruno Piglhein an, der auch zu Herbsts Bekanntenkreis gehörte, und sie gründeten eine (bald wieder eingehende) Malschule zusammen mit Fritz von Uhde, der noch vor vier Jahren Rittmeister bei den sächsischen Gardereitern gewesen war. - - -
- - - Hier möchte ich jenes anderen Hamburger Malers gedenken, der in München lebte und Herbst damals tief in den Schatten stellte: Bruno Piglhein. Er war in demselben Jahr wie Herbst geboren, hatte eine ähnliche Ausbildung - zum Teil auch in Weimar, ab 1870 bei Wilhelm von Diez - durchlaufen, war ein Jahr nach Herbst in Paris, wo er ungefähr dieselben Bilder und dieselben Menschen gesehen hatte oder doch hätte sehen können. Seine Begabung war so glänzend wie seine Erscheinung. Hans Spekter, der dritte Hamburger Altersgenosse, diese reine, begeisterungsfähige, tiefernste Seele schreibt seiner Mutter, Talente gäbe es viele, viele, aber das Genie sei äußerst selten nun, Piglhein sei ein Genie! Er war für die Jugend eine Art Gott, der ungewöhnliche Verehrung genoss und an diplomatischer Klugheit selbst Lenbach gewachsen. So wurde er auch der erste Präsident der Münchner Sezession, kurz bevor er, schon 1894, starb. Sein Lebenswerk zeigt den Niederschlag der flackernden, unsicher gewordenen Zeit: er probierte es im Sinne Makarts (dekorative Malereien im Hause Ohlendorff, Hamburg 1875) und später mit Böcklin’schen Motiven. Er hatte mit einem albernniedlichen Genrebild einen großen Publikumserfolg. Unter dem Eindruck Munkácfys entstand dann ein riesiger, düsterer Christus am Kreuz vom Todesengel geküsst (Moritur in Deo). Man kann sich eines seelischen Unbehagens nicht erwehren, wenn man den Wortblütenregen vernimmt, der über fast gleichzeitig von ihm gemalte Bilder niedergeht: Anlockender Reiz des modernen Chic . . . im Lustre der Pastellfarben sprühende, leichtlebige Wesen . . . Sprache des französischen Kunstesprits . . . Capriccio der Lebewelt . . . „Diva auf dem Sofa“, „Ateliervisite“, „Pschütts“, „Weibliche Jockeys“ . . . und dazwischen ein schleierumrahmter Idealkopf der Beatrice! Ihn, Piglhein, hat im Gegensatz zu Herbst die Stunde der Entscheidung, von der ich oben sprach, immer schwach gefunden, und er hat keiner Versuchung, keiner Lockung der Zeit widerstehen können. - - - -.





Über Land und Meer, in 2 Ausgaben je ein Bericht, die darunter folgen

Aus No. 16
Über Land und Meer“
Bruno Piglhein und das Pastell.
53. Band. Siebenunddreißigster Jahrgang
Oktober 1884 – 1885)
(No. 16, Seite 352 und 353)
Bruno Piglhein, der Pastellmaler par excellence, nimmt in der Münchener Künstlerschaft eine erste Stelle ein. Seine künstlerische Vorbildung basiert mehr auf ursprünglichem Genie als auf Schulung. In Hamburg 1848 geboren als der Sohn eines der angesehensten Dekorateurs, in Verhältnissen aufgewachsen, die ihm die kostspieligsten Liebhabereien und Wünsche gestatteten, mit dem künstlerischen Erbe eines vornehmen Geschmacks veranlagt und geschult für das große väterliche Geschäft, wandte er sich mit ausgesprochener Vorliebe der Malerei zu. Die Malerakademie in Dresden und Weimar besuchend, fand er dort nicht die Förderung des ihm innewohnenden, freien Schaffenstriebes; als er zweiundzwanzigjährig nach München kam, warf er die Schnürbrust akademischen Zwanges weit von sich, und bemühte sich, hier möglichst schnell Alles zu verlernen, was von akademischer Schablone an ihm klebte. Er ging seinen eigenen Weg. Anfänglich malte er einige im Auftrag erhaltene Salondekorationen im Makart’schen Geiste für einen Patrizier seiner Vaterstadt. Dann schuf er eine Reihe kleinerer Kunstwerke, mehr geeignet, das Auge des Künstlers zu erfreuen, als ein größeres Publikum zu fesseln. Dazu gesellte sich, genährt durch besondere Neigung und Befähigung, die Vorliebe, anderen jüngeren Talenten ein dozierender und beratender Lehrer zu sein, eine eigene Begabung, die so manchem Akademieprofessor nicht verliehen. Eine kleine Schar jüngerer Kräfte, die ohne ihn vielleicht noch im Keime schlummern oder dem Werden entgegenreisen würden, nennt ihn ihren Meister und dankt ihm jenen Stil, jene Auffassung, welche im gesunden Realismus ihre Wurzel hat und ihre Zukunft sieht und zu der in München breit gewordenen Richtung schwört. – In der internationalen Ausstellung in München 1879 erregte Piglhein großes Aufsehen durch den Todesengel am Kreuz des sterbenden Heilandes. Er hatte das schwierige Problem der Darstellung wie ein hinter dem Kreuz schwebender, lebensgroßer Engel den sterbenden Christus auf die Stirn küsst, mit vollendeter Meisterschaft gelöst, aber es war ein Gemälde für Künstler, nicht für das Publikum. Der Käufer blieb aus*. Aber man fing wenigsten an, auf den Namen Piglhein zu achten und wartete seine zukünftigen Schöpfungen ab.
Für den Künstler kam jetzt eine Zeit scheinbarer Untätigkeit, dennoch war er nicht müßig, die Maltechnik in allen ihren Zweigen erforschend, probierend und skizzierend, füllte sich sein großartiges und herrliches, mit allem gemütlichen Komfort im künstlerischen Sinne ausgestattetes Atelier mit einer Reihe angefangener und unvollendeter Gemälde, und er rang mit genialer Schaffenslust der Kunsttechnik ein neues Verfahren ab, das, zu Großväterzeiten schwach geübt, noch im Keime schlummerte. Piglhein warf Pinsel und Palette beiseite und griff zum Pastellstift, bemüht, frei aus sich selbst mit schöpferischer Phantasie zu wirken. Er hatte mit seinem Christus nicht nach Effekt gehascht, die Frage: „Was werden die Künstler dazu sagen?“ stand und steht ihm höher als die Frage: „Was sagt das Publikum dazu?“ und diese Maxime leiteten ihn auch bei seinen folgenden Werken.
Ausgenommen eine schöne Madonna, mit dem Kinde und einem zweiten Christus, angefasst in dem Moment der Agonie, wo dem Verscheidenden das Auge bricht und die Pupille erstarrt, waren die folgenden Gemälde meistens von sehr weltlicher Gesinnung begleitet. Mit allen zehn Fingern modellierte, wischte und mischte der Künstler in den herrlichsten Nuancen die Pastellfarben durcheinander; der gespitzte Farbenstift spielte dabei eine Nebenrolle, er knetete förmlich die Farben auf die Leinwand oder auf den Karton und – mit welchem Erfolg! Herrliche, naturwahre Gestalten sehen wir in leuchtender Kraft und mit schmelzendem Kolorit ohne süßliches Beiwerk, vielmehr mit jenem der Pastelltechnik eigenen Lustre aus seinen Händen herauswachsen. Nun wurden keine biblischen Bilder mehr gemalt, der Lebemann griff hinein ins volle Menschenleben. Das Ewig-weibliche mit allen seinen Reizen, mit seiner Körper- und Toilettenpracht wuchs unter dem Lustre seiner Pastellfarben, Kindergruppen, nicht in akademische Formen gezwängt nach der landläufigen Schablone zahlloser Amoretten und Genien, sondern echte, kernige Pausbackengesichter mit großen, klugen Augen, derben Zügen und wirklichem Muskelfleisch, gaben Zeugnis von dem gesunden Realismus der Natur. Seine reizenden Idylle: „Kind und Hund auf dem Ufersteg sitzend“, ist in mannigfacher Vervielfältigung durch die ganze Welt gewandert und hat den Namen Piglhein schnell populär gemacht. Durch eine unsinnige Überproduktion an Mittelware in unserer Zeit der reproduzierenden Technik ist das Kunstverständnis vielfach und in den besten Kreisen verbildet worden. Man gibt im Allgemeinen mehr auf sogenannte Blender, auf den Gegenstand selbst, der die Gemütsnerven frottiert oder einen Hang zur Sentimentalität unterstützt, und solche Seelenaffekte nennt man dann Kunstverständnis. Anders der Künstler, der selbst schafft, anders der kenntnisreiche Forscher; diesen geht über alles Andere die Wahrheit, die Technik, die Mache, und dieser Erkenntnis zunächst, die sich in kunstverständigen Kreisen immer mehr uns mehr Bahn gebrochen, verdanken wir den jetzigen Realismus in der Technik sowohl, wie in der Wahl des Gegenstandes. Wir werden über kurz oder lang im Naturalismus der Impressionisten noch ganz andere Dinge erleben. Piglhein hat diesen hat diesen Naturalismus auch auf das Porträt ausgedehnt, er kennt in der Wiedergabe eines Porträts keine konventionelle Höflichkeit, das photographisch Süßliche und Geleckte ist ihm fremd, er retouchiert keine Falten und Runzelchen, sondern ist lebendig und wahr, dabei besitzt er die Gabe, während einer Porträtsitzung die Persönlichkeit in hohem Grade durch allerlei Konversation zu fesseln, er ruft alle Leidenschaften und Affekte auf dem Gesichte des Sitzenden in natürlicher und ungezwungene Weise hervor, beobachtet genau und scharf das wechselnde Mienenspiel, ein Aufflammen der Augen, ein Zucken der Lippen, eine individuelle Gewohnheit oder Stimmung im Ausdruck, mischt das Ganze gewandt zu einer Normalerscheinung und – das Porträt ist fertig. Es ist, wie gesagt, ein eigener Zauber um seine Kunst, und die durch ihn neu ins Leben gerufene Pastelltechnik, welche in ihren Mitteln unerschöpflich und fast Unerreichbares erreichen lässt, gewinnt auch bei anderen Künstlern neuen Boden. Piglhein hat seine bisherigen Pastells gesammelt in einem großen Prachtwerk vereinigt herausgegeben, es ist ein Portefeuille geworden für die vornehme Welt. – Bald schüttelt er den Münchener Staub von den Füßen und siedelt nach Berlin über. Wenn es sein großartiges, aus zwei Sälen mit Oberlicht bestehendes Atelier dort in gleicher Weise ausstattet wie in München, so wird die Reichshauptstadt um eine Sehenswürdigkeit vermehrt. Unsere Abbildung zeigt einen Teil des Ateliers, das in mehrere Gruppen zerfällt und neben allem Reiz des modernen Komfort einem kleinen Museum gleicht.
So wird der Wunsch eines bekannten Kritikers wohl nicht in Erfüllung gehen, welcher den Ausspruch tat: „Wenn ich der Teufel wäre, dann müsste Piglhein mein Hofmaler werden.“ – Die Originalpastellgemälde, welche, zwanzig an der Zahl berechtigtes Aufsehen im Münchener Kunstverein machten, sind Eigentum des Kunstverlegers Fr. Ad. Ackermann in München, aus dessen Album wir demnächst ein Blatt veröffentlichen. Besonders anziehend in dieser Sammlung ist ein meisterhafter Damenkopf im Profil, ein weiblicher Jockey, eine spanische Tänzerin und das herrliche Brustbild einer Balldame mit mächtigem Fächer. K. H.
*Anmerkung von Piglhein’s Urenkel Robert Wecker:
Dieses Gemälde „Moritur in Deo“ wurde vom Industriellen Friedrich Alfried aus Essen gekauft und der Berliner Nationalgalerie geschenkt.
Aus No. 25
Über Land und Meer
73. Band. Siebenunddreißigster Jahrgang.

Oktober 1894 – 1895

No. 25, Seite 519 und 520

Deutsche Illustrierte Zeitung

           Zwar nicht verkannt, doch keineswegs nach Gebühr bei Lebzeiten gekannt, hat Piglhein durch die Vielseitigkeit und Originalität seines frischen, starken, temperamentvollen Talents doch die meisten überrascht, als sein Nachlass, von der Pietät seiner Witwe verständnisinnig geordnet, sich in den Prachträumen seines Ateliers dem großen Publikum erschloss. Es bedurfte an dem Eisengitter des obersten Treppenabsatzes seines Wagner’schen Leitmotivs als freundschaftlichen Erkennungszeichens mehr, um den in die Lösung der höchsten malerischen Aufgaben vertieften Künstler von der Staffelei zu rufen. Abgebrochen, mitten entzwei war sein Schaffen und Streben, ausgerungen der monatelange entsetzliche Kampf des mächtigen Geistes, der in ihrer Vollreife stehenden Lebenskraft gegen die verzehrende Krankheit. Am 15. Juli 1894 ist Bruno Piglhein seinem schweren Herzleiden erlegen und, mit einem Trauergeleit ohnegleichen, das dem großen Maler, dem ersten Präsidenten der Sezession, wie dem edlen, allezeit hilfreichen und gütigen Menschen galt, bestattet, ruht er nun auf dem alten Friedhof seiner Adoptivheimat München aus von seinen Mühen, Triumphen, Plänen und - Enttäuschungen.
Weit offen steht die sonst so sorgsam gehütete Pforte seiner Werkstatt. Neugierig drängt die elegante Menge aus dem Empfangssalon mit den kostbaren alten Gemälden, den üppigen Diwans und Zierarten verschiedenster Zeiten und Zonen die Stufen empor zu den zwei Riesensälen, die dem Meister als Ateliers gedient. Aber unwillkürlich fühlt man sich in der Atmosphäre einer bedeutenden Persönlichkeit und berührt von dem Hauche seines Geistes, der hier noch an allen Dingen haftet, verwandelt sich die müßige Schaulust in echte Teilnahme.
Kein Prunkgemach nach den bizarren Modelaunen des Fin de Siècle aufgeputzt, wie man es bei dem Schöpfer der mehr oder minder gewagten männlichen und weiblichen „Pschütts“ vielleicht erwartet, ist dieses Atelier, sondern eine mit gediegenem individuellem Geschmack zu ernster Arbeit eingerichtete eigentliche Werkstatt. Nächst dem Eingang erinnert unter grünen Palmen und japanischen Schirmen eine Kopie des lysippischen Athleten im Vatikan an dem einstigen Schüler Schillings. Schon als Fünfzehnjähriger in seiner Vaterstadt Hamburg der Bildhauerei beflissen, hat Piglhein, seitdem Schilling dem von der Dresdener Akademie als talentlos Verstoßenen Ausnahme und Anteil an den Skulpturen der Brühlschen Terrasse gewährte, die Freude an der schönen Form und den Fleiß in gewissenhafter lebenswahrer Durchbildung derselben nie verlernt. Er kann zeichnen, weiß seinen Gestalten Körperlichkeit zu verleihen, eine Kunst, die heutzutage unter bunten Farbenmassen mehr und mehr zu verschwinden droht. Man betrachte nur einmal jenen Christus am Kreuz, eine herrliche Pastellstudie zu dem berühmten „Moritur in Deo“, das 1879 zuerst die allgemeine Aufmerksamkeit auf den 1870 nach München übergesiedelten Künstler lenkte. Während einer italienischen Reise hatte er den Kern seines spezifisch malerischen Talents entdeckt, ein geglücktes Porträt seiner Schwester bekräftigte seine Neigung und nach kurzen Vorstudien bei Pauwels in Weimar suchte er weitere Ausbildung in München. Diez, wohl der erfolgreichste aller derzeitigen Lehrer an der Münchner Akademie, hatte die Ehre, Piglhein eine Weile seinen Jüngern beizuzählen. Genützt hat dem Hamburger Maler Einfluss und Vorbild dieser urwüchsigen, kernigen, bayerischen Künstlernatur ohne Zweifel. Aber Piglheins Begabung war von einer viel zu ursprünglischen Eigenart, als dass der geniale Zug seines künstlerischen Empfindens ihn nicht auf selbständige, ja neue Wege gedrängt hätte. Was ihm von außen kam, waren nur Anregungen, die seinem Wesen verschmolzen, originelle, im besten Sinn des Wortes moderne Erzeugnisse zu Tage förderten. Auf den Schultern der Älteren stehend, war Piglhein ein durchaus moderner Maler und darum mehr wie irgend einer berufen, zum Gründer und Leiter der auf die Vervollkommnung und Wahrhaftigkeit des künstlerischen Ausdrucks unserer Zeit rüstig zusteuernden Sezession. Die Farbenskizze eines „Spaziergangs im Grünen“, von dem ein paar hellgekleidete graziöse Damen mit Büscheln violetter Schwertlilien beladen, heimkehren, zeigt ihn als Freilichtmaler, geschickt und fesselnd wie immer. Zwischen dieser letzten Arbeit seines Pinseln und jener edlen Studie zu dem erst auf seinem Totenbette durch die Großmut seines Gönners Krupp in Essen angekauften und der Berliner Nationalgalerie gewidmeten „Moritur in Deo“ liegt eine Welt von Entwürfen und wohlgeglückten Werken.
Den verblüffenden Reiz der von Piglhein im Gefolge F. A. Kaulbachs und Lenbachs neu belebten und zu entzückender Vollendung gebrachten Pastelltechnik bekunden eine Anzahl bald bis zum Haut Got pikanter, bald bis zu herzerquickender Unbefangenheit naiver Bilder. Der drollige kleine Junge im niederländischen roten Mäntelchen, die rotsamtne Ohrenklappe fest gebunden unter dem pausbäckigen Gesicht mit den niedlichen „Pfännchen“, dem Stupsnäslein, den schelmisch blitzenden Augen und dem lichtblonden Kräuselhaar ist einer der lieblichsten Vertreter der Kinderwelt, die je Modell gestanden. Er ist daran gewöhn, denn wir begegnen ihm wiederholt in dem von Piglhein auf den sachkundigen Rat seines Landsmanns, des Münchner Kunsthändlers Fried. Ad. Ackermann in dessen Verlag veröffentlichten Pastellalbum, das 1884 wahre Sensation erregte.
Trotz des Achselzuckens kunstkritischer Catone ob der außer allerliebsten modernen Kindertypen darin enthaltenen nach moderneren Tänzerinnen, Pieretten und Atelierdamen bedeuteten „Douze Pastels“, die Nachklänge einer eben absolvierten Pariser Studienzeit, einen unbestrittenen künstlerischen Erfolg neben dem ersten pekuniären. Man erkannte in diesen kecken, unmittelbaren Ausflüssen übermütiger Künstlerlaune den Strich des Porträtisten und zwar, Dank der Grazie, Eleganz und Lebendigkeit seiner Auffassung, des Damenporträtisten par excellence.
Die Kaiserin Elisabeth von Österreich betraute ihn zweimal mit dem Auftrag, die anmutige zierliche Prinzessin Elvira von Bayern zu malen, zwei vorzügliche Bildnisse. Allein der Sporn der eisernen Notwendigkeit hat Piglhein nie vorwärts getrieben in den Kampf des Dasein, seiner vornehmen, etwas bequemen Natur widerstrebte die Konkurrenz, und so drängten sich hartnäckige Bewerber gar häufig an die Stelle, die nach Talent und Können ihm gebührt hätte.
Zwei Porträts von seiner schönen Gattin, ein prächtiges Ölbild in ganzer Figur und ein Pastell von fesselnden Interesse, das unsere Illustration wiedergibt, stellen Piglhein in eine Reihe mit den besten Bildnismalern der Zeit.
Ihn jedoch reizten vor allem monumentale Aufgaben. Wie gerne hätte er seine sinnen- und farbenfrohe Phantasie in Dekoration großen Stils verkörpert!
Dem Sohn des gesuchten Hamburger „Dekorateurs“ war zwar am Anfang seiner Laufbahn wiederholt die Ausschmückung reicher Villen der Hansastadt zugelassen, aber die Staatsaufträge, die seiner Schaffenslust und -kraft allein den rechten Tummelplatz hätten bieten können, blieben aus. „Die Bavaria“, die begeisterten Blickes, mit hoch erhobenen Lorbeer, die Stufen herabsteigt, das sein Stadtwappen schleppende Münchner Kindel mit dem schalkhaften Gesichtchen in der Kapuze neben sich und dem bedächtig wandelnden bayerischen Löwen als Nachhut, eine glänzende Probe seines dekorativ-künstlerischen Geschicks, war leider für seinen Nachlass gemalt, aus dem es erst in das Rathaus, wohin es gehört, überging. Man hat in seinem Kinderfries, seinem Bacchanal Reflexe der Kunst Makarts, in seinen Faunen Zentauren und Nymphen der Böcklins, in anderen gar Feuerbachs entdeckt und selbst nachgewiesen. In der Tat hatte er mit allen dreien nicht viel mehr als das echte, von Genialität beseelte Künstlertum gemein, das hier und dort in verwandten Zügen zusammentrifft. Piglhein ist stets und überall er selbst, einer der bedeutendsten unter den modernen Künstlern Deutschlands, der Form, Farbe und Stimmung gleichermaßen beherrscht und im Gegensatz zu dem Romantiker Boecklin der Poet der Wirklichkeit genannt werden dürfte. Seine Reformen auf dem Gebiet der Theaterdekoration konnte er trotz Possarts Interesse für dieselben nicht mehr ausführen. Dagegen war es ihm vorbehalten, das Panorama, das beliebte Riesenschaustück der Gegenwart, auf das Gebiet der reinen Kunst emporzuheben.
Das Kreuzigungspanorama, das er auf Grund genauester und umfassendster, größtenteils in Palästina selbst gemachter, ethnologischer, landschaftlicher Vorstudien vom Jahre 1885 bis 1886 vollendete, ist das Hauptwerk seines Lebens. Er vertiefte nach der religiösen, erweiterte nach der archäologischen Seite seinen Vorwurf und schuf so ein Bild des Thuns, Trachtens und Treibens, das an jenem ewig denkwürdigen 7. April 30 sich in Golgatha abspielte. Die Sonne selbst hat ihr Antlitz verfinstert und in mystischem Halbdunkel vollzieht sich der Opfertod des Erlösers. Keiner, der das großartige Rundgemälde, dessen vielgegliederte Komposition sich um den Gekreuzigten kristallierte, je gesehen, wird die überwältigende, die Seele mit andächtigem Schauer erfüllende Stimmung je vergessen. Sie war das Verdienst Piglheins, der die Gesamtkomposition, die Rekonstruktion der höchst interessanter Architektur der Stadt und umliegenden Lustschlösser und Gehöfte, wie die mannigfaltigen Figuren persönlich übernommen hatte. Die Landschaft hatte er Jos. Krieger, die Architekturmalerei und perspektivische Übertragung der Originalskizzen auf die 120 Meter lange und 15 Meter hohe Leinwand Karl Frosch, die ihn beide nach dem Orient begleitet, zugeteilt, während bei der endgültigen Fertigstellung noch A. Heine und J. Block Hilfe leisteten.
Die Entstehungsgeschichte und Beschreibung dieses Meisterpanoramas wird man mit Genuss in dem trefflichen, von allen Piglhein-Biographien ausgiebig verwerteten Text lesen, den Dr. Trost zu dem bei Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart erschienenen „Piglhein-Panorama Jerusalem und die Kreuzigung Christi“ verfasst hat. Diese beiden, kleiner und größer in sorgfältiger photographischer und Holzschnittreproduktion veröffentlichten Alben werden allein das Andenken des gewaltigen Lebenswerk Piglheins, eines der interessantesten der neuesten Kunstentwicklung überhaupt, der Nachwelt übermitteln.
Nur München, Berlin und Wien durften sich wenige Jahre hindurch dieses herrlichen Passionsbildes freuen, denn schon im April 1892 ging es durch einen beklagenswerten Zufall zu Wien in Flammen auf. Zu dem leid um die Zerstörung seiner größten, liebsten Schöpfung gesellte sich für den Künstler noch der Verdruss über die unbefugten Wiederholungen des Rundbildes, durch die sein Mitarbeiter Frosch ihn kränkte und schädigte.
Gleichwohl dankte Piglhein seinem Panorama außer dem Titel eines königlichen Professors, mit dem er geehrt wurde, noch eine wesentliche Vermehrung seines Wissens und Könnens. Dem gleichen Boden wie das Kolossalgemälde ist sein bestes Staffelbild, die reifste Frucht seines Schaffens, die 1888 prämierte und im Besitz der königlichen Pinakothek befindliche „Grablegung“ entsprossen. Durch eine öde, düstere, hohe Felsenschlucht trägt Josef von Arimathäa mit den Seinen liebreich auf sorgsamen Armen den in die „seine, weiße Leinwand, so er gekauft“, gehüllten Leichnam des Heilandes, auf dessen verklärtem, von Johannes gestütztem Haupt der letzte Strahl des Abends schimmert. Verzweifelt streckt eine der am Eingang der Gruft harrenden Frauen, in der wir wohl Maria Magdalena erkennen dürfen, die gefalteten Hände aus, während die Mutter des Herrn und „die andere Maria“ dem Grabe gegenüber lehnen. Die Tradition in ihrem vollen Umfang aufnehmend, ist Piglhein ernstlich bestrebt, den Geist des Evangeliums zu ergreifendem Ausdruck zu bringen. Dazu verhilft ihm vor allem die Stimmung, die er mit großem koloristischen Geschick über das Ganze zu verbreiten weiß. Auch das ethnographische Moment beobachtet er genau, doch stets innerhalb der für ihn unverrückbaren Schönheitsgrenze und ohne durch Nebenrücksichten je das Erbauliche, Erhabene des jeder Kirche würdigen Bildes zu beeinträchtigen. Mehrfache Darstellungen der Madonna mit dem Kinde, mit oder ohne Erzeugen widerlegen den ihm von einzelnen Seiten gemachten Vorwurf des Mangels an Innigkeit. Wie lieblich er das moderne Kinderköpfchen dem Heiligen anzupassen versteht, bezeugt die hübsche Skizze des „Sterns von Bethlehem“.
Das sogenannte Genrebild lag ihm fern, denn er dachte, wenn er nach Pinsel und Palette griff, nur an den malerischen Reiz, nie an die Verkäuflichkeit des Gegenstandes, arbeitete mehr zur eigenen Genugtuung, als dem großem Publikum zu gefallen. Darum sind seine „Nymphe und Faun“, sein „Frühlingsidyll mit den schmetterlinghaschenden Nymphen“, sein in Liebesglut an einander geschmiegtes „Zentaurenpaar“ auch das Entzücken des Künstlers und Kenners. Mit der „Blinden“, die mit ihrem Wasserkrug ihren Weg durch ein rotes Mohnfeld hintastet, schlug er dem Volke sympathische Saiten an und es ist gleich dem lustigen Capriccio, das Kind und Hund dicht an einander gedrängt auf dem Badesteg zeigt, populär geworden.
Die Darstellung der Tiere war ihm ein besonderes Vergnügen, und namentlich seine Löwen und Hunde gemahnen an den klassischen Maler dieser beiden, Briton Rivière. Seinen Hausfreund, ein schöner Bulldog mit dem Damenschuh als „Apportel“, sehen wir sprechend ähnlich auf unserer Abbildung. Gar vieles aus diesem reichen, nur allzu reichen Nachlass wäre noch zu erwähnen, zu rühmen: die wunderbar gemalten Akte, die „Schwerttänzerin“ mit den schlanken, geschmeidigen Gliedern, der „Nubier mit dem Affen“, ein Bild, das in seiner imposanten Auffassung uns satten Farbe an das Cinque Cento gemahnt, die Wappen endlich, die gleichsam die Stichworte künftiger Werke enthalten. Über hundert Nummern umfasst die zur Zeit in der königlichen Nationalgalerie in Berlin ausgestellte künstlerische Hinterlassenschaft Piglheins. Sie ist zum größten Teil noch verkäuflich, ein Zeichen, dass Deutschland wieder einmal einem seiner erlesenen Geister die klingende Anerkennung schuldig geblieben ist. Die Kunstgeschichte unserer Tage aber hat dem Namen Piglhein einen Ehrenplatz eingeräumt, den er wohl verdient und sicher behaupten wird.
Alex Braun.
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Aus meinem Leben“ - Erinnerungen und Betrachtungen von Wilhelm Steinhausen
Seite 50. (1873)
- - - - Ich erinnere mich nur eines Abends, an dem Thoma mich zum Veltliner in München mitnahm. Da war in einem engen, schmalen Raum eine lange Tafel. An der in Rauch gehüllt die weintrinkenden Gäste saßen. Ich kam in die Nachbarschaft von Heinrich Leuthold, dem Schweizer Dichter, zu sitzen. Er war eine lange, grobknochige Gestalt, sein bartloses Gesicht hatte etwas Mephistophelisches. Er sprach seine oft sarkastischen Sätze im reinsten Schweizer Ton gurgelnd und krachend. Er schien seine Malerfreunde zu bewundern und zu beneiden wie Leute, die es mit ihrer Kunst leichter hätten als er mit den seinen. Nicht weit weg von uns gegenüber saß der Maler Bruno Piglhein, den Kopf nachlässig träumerisch auf seien Hand gestützt. Leuthold stieß mich an und sagte bewundernd auf ihn hinweisend:
„Ist er nicht ein wahrer Antinous?“ Und wirklich, Piglhein war ein auffallend schöner Mensch, sein Kopf mit dem dunkellockigem Haar, den großen dunklen Augen konnte wohl an den einen eines römischen oder griechischen Jünglinge erinnern. Ich glaube, Leuthold sprach dann weiter, wie schön der herrliche Jüngling sich im Gefolge des Bacchus, den Thyrsus schwingend, machen würde, und zitierte dabei seine klassisch gebauten Verse.
Man weiß, wie schnell Piglhein zu einem großen Erfolg kam und wie man ihn auch als Maler und Künstler bewundert hat. Umso mehr war sein früher Tod traurig, der ihn schon im Anfang der achtziger Jahre ereilte; schwer herzkrank starb er soweit ich weiss, in Nauheim.
Die Erinnerung an diesen Abend ist mir wohl nur im Gedächtnis geblieben durch die Gestalten Leutholds und Piglheins in ihren merkwürdig kontrastierenden Erscheinungen. Der Tod hat beide, fast zu gleicher Zeit, unter die Erde gezogen. - - 
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Die Kunst für alle, 1894
9. Jahrgang
Bruno Piglhein †
Nachruf
Am Morgen des 15. Juli hat der Tod den Maler-Professor Bruno Piglhein in München von einem langwierigen und überaus qualvollen Leiden erlöst, und es war ein ehrliches und allgemeines Wehklagen um den trefflichen, warmherzigen Menschen, den echten, hochstrebenden Künstler. Dem Hingegangenen ist jeder gut gewesen, wie er jedem gut war. Von seinem reifen und wohlwollenden Urteil, seiner entgegenkommenden, vornehmen Art, von seinem klaren Geiste wissen alle zu erzählen, die je das Glück hatten, mit ihm näher in Berührung zu kommen.
Das viel missbrauchte Wort „künstlerisch“ kennzeichnet alles, was er tat und schuf. Er griff nie fehl, er traf immer das Rechte. Schwierigkeiten gab es kaum für seine leichtschaffende Hand, neben der er noch eines besaß, was die Gefährlichkeit eines Talents von allzu schöpferischer Art vollkommen ausgleicht; eine strenge und zuverlässige Selbstkritik. Nicht nur, weil, weil wir ihn überhaupt verloren haben, trauert, wer Kunst liebt und kennt in den deutschen Landen, sondern ganz besonders auch, weil wir ihn verlieren mussten, bevor er Gelegenheit fand, uns in der Bewältigung einer großen Aufgabe ein bleibendes Denkmal seines Genies zu hinterlassen. Auf großartige dekorative Aufgaben wies ihn seine Veranlagung hin und kein lebender Maler wäre solchen wohl mit gleichem Geiste, gleichem Geschmack, gleichem Schwung und gleich glänzender Technik gerecht geworden. Er hat solche Aufgaben nicht erhalten, so reiche Erfolge ihm auch sonst im Leben zu teil geworden sind, bei großen öffentlichen Aufträgen, wie sie in Deutschland der wohltemperierten Mittelmäßigkeit alljährlich zu teil werden, wurde er stets übergangen. Das warf manchen Schatten in sein Leben und so still und vornehm seine Art war, die es wohl nach außen nicht merken ließ, so sehr mag’s ihn doch im Inneren verbittert haben. Eine gewisse Müdigkeit, ein Hauch von Wehmut lag seit langen Jahren über seinem Wesen – es war wohl nichts anderes als das Bewusstsein, dass man ihn im allgemeinen doch nicht voll gewürdigt hat, ihn nicht sich aussprechen ließ.
Piglhein wurde 1848 in Hamburg geboren, Zuerst widmete er sich in seiner Vaterstadt der Bildhauerkunst, dann bei Schilling in Dresden. 1870 kam er zu Wilhelm Diez nach München. Den ersten großen, öffentlichen Erfolg errang er 1879 auf der Münchener Internationalen Kunstausstellung mit seinem „Moritur in Deo“, einer Darstellung des Gekreuzigten, dem ein Engel das Leben von der Stirne küsst. Das Bild wurde in den letzten Tagen von Geheimrat Krupp in Essen erworben und wird die Berliner „Nationalgalerie“ zieren, die bisher für Piglheins edle Kunst nichts übrig hatte. Später errang er seine Erfolge auf einem so ziemlich entgegengesetzten Gebiet, durch Pastellbilder aus pikanter und leichtherziger Genusswelt, Bilder von so brillanter und reizvoller Technik, wie sie kein Zweiter neben ihm verstand.
Der Auftrag, ein Panorama der Kreuzigung Christi mit dem rekonstruierten Jerusalem und seiner Umgebung zu malen, führte ihn wieder der ernsten Kunst zu. Das Rundbild wurde ein Meisterwerk, von aller Welt bewundert. *) 1892 hat es in Wien ein Brand zerstört. Die Nachricht traf den Künstler wie ein schwerer Schicksalsschlag.
Eine große „Grablegung“, die 1888 ausgestellt wurde, erwarb der bayerische Staat für seine Sammlungen. Viel Aufsehen erregte 1890 in München und dann 1891 in Berlin, wo es an einen Amerikaner verkauft wurde, das große Bild „Die Blinde“, ein herrliches, wahrhaft dichterisch empfundenes Werk. Sonst sind von seinen Arbeiten aus letzter Zeit noch besonders zu nennen: mehrere Bildnisse der Familie Krupp, eine orientalische Schwerttänzerin, eine Madonna, ein entzückendes antikes Liebespaar, im Frühling am Rande eines Grabens kosend, eine Art Bavaria als Huldigungsbild u. a. In den allerletzten Jahren hemmte das Leiden, das ihn nun in kühle Erde gebettet hat, seine Schaffenskraft und seit Jahr und Tag und länger hat er wohl keinen Pinsel mehr berührt. Piglhein hatte sich 1892 der „Sezession“ angeschlossen, als die Spaltung in der Münchener Künstlerschaft vor sich ging. Gehörte er auch in seiner Ausdrucksweise nicht zur jüngsten Richtung, so wehte ihn doch der frische Zug in der modernen Malerei sympathisch an, und er sprach oft davon, dass auch seine Weise nunmehr ganz anders werden müsste. Seinem Können und seinem Talente wäre es ja ein Leichtes gewesen, die Errungenschaften der Kunst einer neuen Zeit sich anzueignen und jene selbst zu fördern. Er kam nicht dazu. Vor einem Jahre legte er sein Amt als Präsident der Sezession nieder – am 17. Juli 1894 haben wir ihn begraben. Ein Strom von Blumen quoll über den Sarg des Schönheitsfreudigen in seine Gruft.
*) Vervielfältigungen des Panorama von Jerusalem in Holzschnitt und Photographie erschienen bei der Deutschen Verlagsanstalt in Stuttgart zum Preise von 8 bzw. 6 Mark.
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Übersetzung des unten folgenden Briefes eines Herrn Ziegler aus Australien an Bruno Piglhein

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Ziegler-Brief
Copiert 31.3.91. Deutscher Club 22/2 1891
(Handzeichen und Stempel) Pirie Street, Adelaide
South Australia
HALDER & Co.
MÜNCHEN
Goethestr. Nr. 45
Verehrter Herr Professor,
Sie werden sich wundern, einen Brief von
einem Ihnen gänzlich unbekannten Manne zu
erhalten, der noch überdies tausende von Meilen
von Ihnen entfernt wohnt; jedoch dürfte der bei-
erwähnte Gegenstand von einigem Interesse für Sie
sein und mein Schreiben genügend entschuldigen.
Die Sache verhält sich kurz wie folgt.
Es hat sich hier in Adelaide im vorigen Jahre
eine Gesellschaft unter dem Namen „Adelaide
Cyclorama Corp.“ gebildet und in einem neuen
zwecklich eingerichteten Gebäude seit 3 Monaten
ein „Panorama von Jerusalem zur Zeit der
Kreuzigung Christie“ dem schaulustigen Publikum
vorgeführt, der Erfolg ist großartig, denn bereits
haben 30-40000 Colonisten das 2 Shl. (= 2 Mark) betra-
gende Entrée bezahlt. - Auch ich fühlte mich so veranlasst hinzugehen und habe es sicher nicht bereut,
ich habe einen hohen Kunstgenuss gehabt und fühlte
mich aufs Höchste befriedigt. Ich hatte aber sogleich
die Entdeckung gemacht, daß ich das prachtvolle
Bild bereits in verhältnismäßig unscheinbaren
Holzschnitten in „Über Land und Meer“ gesehen hatte
(vor 3 Jahren),

kurz ich hatte Ihr großes Kunstwerk vor Augen.
Dieselbe Szenerie, dieselben Gebäude, dieselben
Gruppen und Figuren in denselben Stellungen, ja
sogar der einzige Stern, der durch die dunklen Wolken
scheint, und die 2 orientalischen Zelte, das eine
in natura, das andere gemalt, und dabei sagen
die Besitzer, daß das Werk von 20 amerikanischen
Künstlern hergestellt ist. Ich schrieb sofort einen Brief
an die erste hiesige engl. Zeitung, worin ich um eine
Lösung des Rätsels ersuchte, da aber niemand
antwortete, so befürchte ich eine Schandtat und
möchte nun von Ihnen bei umgehender Post erfahren,
ob dieses Kunstwerk rechtmäßig in die Hände dieser
Leute gekommen, oder wie es sich damit verhält.
Aus dem beigesandten Pamphlet können Sie sich
leicht verständigen, und so sollten Sie bestohlen
worden sein, so können Sie die Herren Reed & Gross, Cycloramists, 425 Sixty first Street, Chicago, um
10,000 verklagen und vielleicht die Hälfte
dieser Summe bekommen.
Mir persönlich ist nun daran gelegen, im
Sündenfalle, die Herren Amerikaner zu blamieren
und dem australischen Publicum den Künstler
zu nennen, der dieses Werk hervorgebracht.
Ihrer baldigsten Antwort harrend,
zeichnet hochachtungsvoll
(gez. Unterschrift) Oskar Ziegler
Praes. d. Ad. Deutschen Clubs
Wenn Sie mir einen Satz
der von Ihrem Bild genommenen
Photographien schicken könnten,
würde ich mir (natürlich nur
wenn Diebstahl vorliegt) zur Be-
weisführung höchst angenehm sein. (gez.) O.Z.

                                                   __________o_________


Distanzierung bzw. Richtigstellung der Einsiedler Panorama-website.


Von der dargestellten Veröffentlichung in der Einsiedler Panorama-website möchte ich mich distanzieren und wie folgt richtig stellen, bzw. ergänzen:

Bruno Piglhein’s Auftraggeber war der Münchener Kaufmann Halder. Das Honorar für Bruno Piglhein betrug damals 145'000 Mark, was heute (Mai 2002) einem Wert von ca. EURO 790'000.-- entspricht (LZB Düsseldorf, Herr Hagenbrock).
Anfang Dezember 1885 trat Bruno Piglhein in Begleitung seiner Gattin und 2 seiner Assistenten die Reise nach Jerusalem an. Die Hin- und Rückreise mit der Bahn, Schiff und Pferdekutsche dauerte 3 Monate. In Palästina hielten sich die vier während 6 Monaten auf, wo sich die 3 Künstler Skizzen, Fotografien und Farbproben herstellten.
Nach der Rückkehr in München engagierte Piglhein noch seinen Schüler Joseph Block und zur Unterstützung für Joseph Krieger den Landschaftsmaler Adalbert Heine.
An der Münchener Goethestr. 4, im eigens dafür errichteten Panoramagebäude begannen die 5 unter der künstlerischen Oberleitung von Bruno Piglhein mit dem eigentlichen Panoramagemälde. Nach 9-monatiger Arbeit an der Leinwand wurde am 1. Juni 1886 das Panorama feierlich eröffnet.
Bruno Piglhein hat sämtliche Mitarbeiter angemessen und ausreichend bezahlt, jedoch nicht soviel, um aus Krieger und Frosch Plagiatoren zu machen und dass es sie sich ein zweites Mal leisten konnten, eine 3-monatige Hin- und Rückreise nach Jerusalem anzutreten, um dort wieder einen mehrmonatigen Aufenthalt zu verbringen. An den Plagiaten von Frosch und Co wurden jeweils nur geringfügige Veränderungen vorgenommen und unter anderen Titeln verkauft, bereits die neunte Kopie(!) z.B. nach Einsiedeln (1893!). Des weiteren verweise ich auf die Veröffentlichungen „Berliner Panoramen der Kaiserzeit“ von A. Weidauer und „Das Panorama, Geschichte eines Massenmediums“ von S. Oettermann.
In dem Buch von Buschow und Oechslin „Das Panorama Kreuzigung Christi in Einsiedeln“ heißt es auf Seite 73 unter Punkt 22:
„Die gesamte Landschaft sowie das Firmament und insbesondere dessen effektvolle Stimmung und Beleuchtung sind von Herrn Josef Krieger gemalt worden, welchen Herr Adelbert Heine hierbei unterstützte. Die Stadt Jerusalem und sonstige Architektur entstammt dem Pinsel des Herrn Karl Frosch, welcher auch als Perspektiviker fungierte. Die Gesamt-Komposition sowie alle Figuren hat ausschliesslich und allein Herr Professor Bruno Piglhein hergestellt und gemalt, welcher auch behufs Vorstudien mit den Herren Frosch und Krieger mehrere Monate in Jerusalem und Umgegend zugebracht hatte.

Richtigstellung (original aus M.V. Sattler’s Panoramaführer):

..Herrn Bruno Piglhein entworfen und unter seiner Leitung hergestellt. Für die technische Ausführung bediente sich Herr Piglhein der Mitwirkung des Herrn Architekturmalers Karl Frosch, der Herren Landschaftsmaler Joseph Krieger und Adalbert Heine, sowie seines Schülers Herrn Joseph Block. Vor Beginn des Werks hat Herr Piglhein in Begleitung der Herren Frosch und Krieger behufs Vorstudien mehrere Monate in Jerusalem und Umgebung zugebracht.

Ratingen, 04.05.2002

Robert Wecker

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Webers Illustrierte Katechismen
K. Raupp – Malerei – 1891
Aus dem Vorwort:
Für die Mitteilungen über „Pastell“ fühlen wir uns Herrn Professor Piglhein sehr verpflichtet. An der Vollendung eines großen Bildes gerade eifrig beschäftigt, war es dem Künstler leider nicht möglich, der Arbeit schriftstellerischer Art sich zu unterziehen, welche, wie er fürchtete, ihn mehr als wünschenswert gerade in dieser Zeit in Anspruch genommen hätte. Um jedoch die wertvolle Mitarbeiterschaft eines so bekannten Meisters auf diesem Gebiete nicht zu entbehren, entschloss ich mich, die mündlichen Winke und praktischen Demonstrationen über Pastell, die Herr Bruno Piglhein zu geben die Güte hatte, zusammenzufassen, selbst niederzuschreiben und dessen Einverständnis in unserem Büchlein zu benutzen.
Pastell.
Nach Mitteilungen Professor B. Piglheins verfasst von dem Herausgeber.
    1. Allgemeines.
Die Malerei mit farbigen Kreidestiften, nach dem italienischen pastello, Farbenstift, Pastell genannt, hat sich in neuester Zeit, nach Jahrzehntelanger, fast vollständiger Vergessenheit, rasch und mit großem Erfolg erneut einen Platz unter den verschiedenen Arten malerischer Technik erobert.
Das Pastell besitzt vor allem den wertvollen Vorzug der lichtvollen Erscheinung und gerade sein trockenes Material verleiht der Pastelltechnik einen ungemeinen weichen, samtartigen Reiz. Deshalb eignet sich dieselbe auch vorzugsweise in ihrem schmeichelnden hellen Farbenreichtum zu dankbarer Wiedergabe weiblicher graziöser Jugend, wie der naiven Kinderwelt. Anmut und Frische, welche das Auge besticht, ist so recht das Charakteristikum dieser Technik des Rokoko.
Zwar leitet das Pastell seinen Ursprung bereits aus dem 16. Jahrhundert her, schon Leonardo da Vinci soll sich des Pastells zu den Vorstudien bei seinen Apostel- und Christusköpfen bedient haben. Dann wird der Franzose Joseph Vivien 1657-1735, ein Schüler von Charles Lebrun, als einer der ersten Maler in Pastell genannt. Rasch errang die neue Technik fast vollständig die Alleinherrschaft, sie ward so recht eigentlich zum künstlerisch typischen Ausdruck einer Zeit heiterer Frivolität und graziös sinnlichen Lebensgenusses. Als einen der späteren französischen Meister nennt man Latour, unter den Italienern Rosalba Carriera, dann Russell und Raphael Mengs unter den Engländern und Deutschen. Wer das Pastell des 18. Jahrhunderts kennen lernen will, findet in der Sammlung der Dresdner Gemäldegalerie eine Vereinigung vorzüglicher Leistungen auf diesem Gebiet. Dann verschwand die zu solch hoher technischer Vollendung gelangte Pastellmalerei mit dem Ende des 18. Jahrhunderts, um wie gesagt erst in unseren Tagen ihren farbigen Zauber im Reiche der Malerei wieder zur vollen Geltung zu bringen.
Heute sind es nun hauptsächlich zwei Arten der Pastelltechnik, welche zur Anwendung gelangen. Von Franz von Lenbach wohl zuerst wieder eingeführt, bediente sich derselbe dieses Material nur, um mit sparsamer Benützung des Pastellstiftes eine koloristische Erscheinung anzudeuten. Es ist diese Lenbach’sche Verwendung eigentlich nur eine farbige Zeichnung und diese naturgemäß eine derbere, männlichere Auffassung zu, indem eben durch die leise Andeutung der Farbe Zeichnung und Form umso entschiedener zur Geltung kommen. Die weiter ausgebildete Pastellmalerei dagegen ermöglicht eine vollständige Bilderscheinung von eingehendster Durchführung und gibt durch ihr Material unwillkürlich gleich sehr Veranlassung zum Exzellieren in hellen zarten Gegensätzen wie zu einer eleganten Vortragsweise. Am besten eignet sich diese Technik für das Porträt oder ein porträtartiges Bild. Die Leichtigkeit, mit der man die Arbeit nach Gefallen verlassen und unterbrechen, wieder aufnehmen, nachhelfen und verbessern kann, dann das Fehlerhafte leicht auszulöschen und das Geschaffene in beliebiger Zeit zu vollenden vermag, ist im Gegensatz zur Malerei in Öl ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Insbesondere gerade durch diese Eigenschaften empfiehlt sich der Pastellstift zur Verwendung in jenen Kreisen der ausübenden Freunde der Malerei, deren der eigentliche Beruf oder gesellschaftliche Verpflichtungen die hierauf verwendbare Zeit nur kurz bemessen.
2. Technik.
 Wer den Pastellstift zur Hand nimmt und mit einigem Erfolg in dieser Malweise sich versuchen will, muss gleichfalls die Form mit ziemlicher Sicherheit zeichnerisch beherrschen können. Nur dann wird es möglich sein, den eigenartigen malerischen Reiz dieses Materials zum bewussten Ausdruck zu bringen. Ohne diese Sicherheit aber führt gerade die Pastelltechnik mehr als jede andere auf resultatlose Abwege, indem die Weichheit und Modulationsfähigkeit des Farbenteigstiftes alsdann das mit demselben geschaffene Bild leicht durch flaue Süßlichkeit ungenießbar werden lässt.
Der Pastellmaler, vor dem auf einer Staffelei die speziell dafür gerichtete, auf einen Keilrahmen gespannte Leinwand steht, hat neben sich eine Art Maltisch, der in unzähligen Abstufungen von Farbtönen die runden kreideartigen Malstifte enthält; ein kleiner dafür passender Blasebalg, sowie ein oder mehrere Borstenpinsel von verschiedener Breite dienen zum Verarbeiten und Vermischen der Töne, wie auch zum Abreiben der zu stark aufgetragenen Farbe. Das letztere wird zur Notwendigkeit, sobald die Masse der aufgetragenen Farbe den darüber gezogenen oder gezeichneten Ton zu sehr beeinträchtigt, sich zu stark mit demselben vermischt, d. h. nicht mehr rein erhält.
Mit dem genannten ist eigentlich der ganze Apparat, dessen das Pastell zur Ausführung bedarf, bezeichnet¸ man müsste dennoch den Finger, speziell den Daumen anführen wollen, dessen feinfühlige Anwendung beim Verwischen und Vermischen der Farbtöne nicht leicht zu entbehren ist. Freilich die erste Bedingung ist eine trockene Hand. Feuchte Finger lassen auf dem Pastell störende Flecken entstehen.
Unter den namhaften Künstlern, welche dem Pastellbild in heutiger Zeit seine Bedeutung erobert haben, steht der Münchener Maler Professor Bruno Piglhein in erster Reihe. Piglhein versteht es meisterhaft die farbige Eleganz dieser Maltechnik aufs höchste zu steigern, bei einer flotten, breiten Behandlung dennoch zugleich der Durchbildung seines Vorwurfes in weitest gehender malerischer Hinsicht nachzukommen.
Seinen direkten Mitteilungen sind alle hier niedergelegten technischen Winke und Ratschläge entnommen, welche er in klarer Weise praktisch zu demonstrieren dabei die Güte hatte und denen folgend wir die technische Behandlung zu erläutern versuchen wollen.
Wir ein Pastellbild, nehmen wir ein Porträt an, begonnen, so empfiehlt sich, in das leicht angedeutete Kreuz der Gesichtslinien mit wenigen Strichen die charakteristischen Momente der Form, am besten vermittelst eines dunklen, bräunlichen Farbstiftes, zu zeichnen; alsdann, vor dem Weiterarbeiten, mit heller, grauweißlicher Farbe den stark vorherrschenden gelblichen Ton der Leinwand zu brechen.
Man überstreicht, lasiert gleichsam, die ganze Breite des Stiftes über die Fläche führend, die Leinwand. Der erwähnte warme gelbliche Ton derselben verführt häufig den Malenden, ohne diese Neutralisierung, zu gelbrötlichen Kolorit, zu dem unangenehmen Farbton, den man „branstig“ nennt. Ein Vorzeichen durch Reißkohle ist ebenfalls zulässig und die Schwärze der Kohle als Farbmittel gleichfalls zu verwerten. Doch haftet Kohle fester als der Pastellstift, so dass daraus resultierende Konsequenzen immerhin dem Malenden unbequemer sich erweisen dürften, als es bei einer Skizzierung vermittelst des weicheren Farbstiftes der Fall sein würde.
Es ist ratsam, von der höchsten Helligkeit bei der Weiterführung der Arbeit auszugehen und diese gleich in voller Stärke anzuwenden. Je nach dem Toncharakter, den ein Blick auf das Modell vorschreibt, folgt sodann die Anlage der Schattenpartien und Tiefen in den prägnantesten, hauptsächlichsten Massen; der Lokalton des Fleisches, in jedem speziellen Falle freilich verschieden, verbindet in der Vermischung mit der höchsten Helligkeit nach der eine Seite, wie mit den dunkleren Partien nach der anderen Seite, Licht und Schatten und gibt damit gleichsam die erste Unterlage zur weiteren Ausarbeitung des Pastellbildes. Das Anlegen eines solchen Bildes in Farbtönen ist durchaus nicht an eine gewisse Verhandlungsart, wie etwa durch Strichlagen, gebunden; die Natur (das Modell) muss auch hier wieder den Fingerzeig bieten. Es werden die verschiedenen Abstufungen der Farbe vom Licht bis zum Schatten in den charakteristischen Flächen, wie es das Vorbild bedingt, aufgetragen und durch leichtes Verwischen verbunden. Das letztere natürlich entweder durch den Finger oder, wenn auch weniger zu empfehlen, durch einen Wischer. Dieser grundlegenden Vorarbeit, welche das Bild nur in ganz allgemeiner Erscheinung gibt, folgt die Festigung der Zeichnung durch Striche, die weitere Ausbildung der Form durch Modellierung und durch feinere Abtönung der farbigen Anlage, welch letzteres das pastelltechnische Material ungemein erleichtert. Auch der Dilettant, wenn er mit einer gewissen künstlerischen Vorbildung den Pastellstift in die Hand nimmt, wird bald und ohne große Mühe nach einigen Versuchen sich die richtige Praxis in der Anlage erworben haben.
Der Erklärung durch eine überaus verständliche technische Demonstration, welche Herr Professor Piglhein an einem bereits begonnenen Pastellbild, einem jugendlich weiblichen Figürchen mit bloßem Hals, das dunkle Haar mit gelbem Strohhut bedeckt, gab, wollen wir, so gut es sich mit Worten tun lässt, nach Möglichkeit folgen. Der Blasebalg, wie der breite Borstenpinsel hatte bereits seine Dienste getan und die allzu volle Farbe entfernt. Den vielleicht zu dunkelgelben Ton des Strohhutes klärt schnell ein breites Übergehen mit einem helleren Stift auf, lasiert denselben, ohne Modellierung und Zeichnung des Hutes und die Details daran wesentlich zu schädigen.
Der letztere ist im Augenblick in ein hellglänzendem Blasebalg erscheint die Farbe dagegen wieder eine Nuance dunkler, ein Abstäuben mit dem Borstenpinsel holt zuletzt fast unversehrt die volle Stärke des früheren dunkelgelblichen Tons auf der Bildfläche nochmals hervor. Mit dem dunkeln Stift, mit welchem der Künstler die Tiefen des Haares verstärkte, übergeht er zugleich, leicht modellierend, die Schattenpartien des Hutes, korrigiert und in der Farbe gelockert von bräunlichen Reflextönen.
Eine nur spielende Anwendung von Rot auf Wange, Mund und Kinn gibt der vorher allzu blassen Dame Gesundheit und blühenden Teint. Ein gelblicher Stift bringt Wärme in das kühle, rosige Kolorit, im Verein mit einigen verwandten, kräftigeren Farbtönen wird die blasse Dame nach dem Willen des Malers brünett, dunkel, zuletzt eine wahre Zigeunerin. Solch willkürliche Verwandlung des Farbcharakters lässt das Pastell in reizvoller Geschwindigkeit und bei sicherem Wollen, ohne Gefahr für die bereits erreichte Vollendung des Bildes zu. Der vordem entblößte Hals bedeckt sich rasch unter dem Pastellstift mit der duftigen Schleife einer weißen Barbe. Mit Benutzung des schon vorhandenen Tones gebraucht der Maler hierzu fast nur eine einzige helle Farbe, die in wohl verstandener Führung durch stellenweisen Druck und Nachlassen, je nach Bedürfnis, Licht und Mittelton schafft. Dem Gefühl des Malenden folgt die leichte Hand in der Führung des Stiftes, welcher bald in der ganzen Breite bei festem Aufdrücken den Farbton in leuchtender Stärke zeigt, dann wieder durch Wenden und schmiegsames Nachlassen denselben auflöst oder auflockert, mit den entstehenden, scharfen Kanten der farbigen Kreide aber dann auch zugleich bestimmte Pointen und scharfe Konturen zeichnet. Man darf sich, wie gesagt, keineswegs fürchten, eine Farbe in ihrer ganzen Schärfe anzuwenden, denn gerade das Pastell lässt jede Ausbildung der feineren Tonabstufung in seiner eigenartigen Technik leicht zu und ist der Maler dabei an ein ängstliches Suchen nach dem absolut richtigen Ton in der Farbskala des Pastellkastens nicht gebunden. Mit Verständnis aufgetragen, entspricht jede demselben verwandte Abstufung der Absicht, welcher sie dienen soll. Daher ist jede Korrektur eines Farbtons ohne irgendwelche Schwierigkeit möglich. Durch all dieses kann man die Technik des Pastellmalers gewiss als eine nach jeder Richtung hin „ungenierte“ bezeichnen. Denn es lässt dieselbe, ohne das Material irgendwie zu schädigen, das angefangene Bild, wie schon angedeutet, nach Gefallen korrigieren, einzelne Stellen ganz auslöschen, weiß in schwarz und schwarz wieder in weiß verwandeln, ohne, wie beim Malen in Öl, schädliche Folgen solcher Operationen, durch Nachdunkeln, Springen oder Reißen der Farbe, befürchten zu müssen.
Einmal mit dem kräftigen Borstenpinsel teilweise herabgestäubt, beeinträchtigt der vorgängige Ton seinen Nachfolger nicht im geringsten; der Maler hat die Benutzung einer dunklen Farbe nicht zu scheuen, will er irgend eine Stelle seines Bildes tiefer stimmen. Ist durch dieselbe aber Unklarheit entstanden, so lichtet ein Überziehen mit dem braunrötlichen oder warm grauen Stift, je nach Bedarf, sofort auf. Es ist die Wirkung der einen Farbe auf die andere schnell erkennbar und unveränderlich, so lange es dem Künstler ansteht, in der Erscheinung. Um die Wirkung eines Bildes, wir verstehen bei dem Pastell vornehmlich das Porträt darunter, durch farbige Gegensätze zu erhöhen, ist diese Maltechnik entschieden bevorzugt und drängt die Benutzung des Materials förmlich darauf hin. Die helle Farberscheinung eines Pastellbildes hebt sich, nehmen wir an, aus dem duftigen lichtgrauen oder blauen Ton des Grundes lebendig heraus, der warme Ton des Fleisches, das leuchtende Rot einer Schleife vielleicht neben der glänzenden Tiefe schwarzen Samts, die vollen Töne mit der ganzen Breite des Stiftes hingestrichen, vereinigen sich zu einer pikanten farbig glänzenden Bilderscheinung, wie es zugleich harmonisch mit dieser Leichtigkeit nur dem Pastell möglich ist.
Freilich, der Ernst, die Kraft und die Tiefe des Ölbildes bleibt dem Pastell versagt, dessen Wirkung in farbiger Eleganz gipfelt.
Eine absolute Realistik, stoffliche Plastik durch den Vortrag wie bei dem Ölbild, ein Herausheben durch die technische Behandlung, durch den Auftrag der Farbe, lässt sich beim Pastell nur schwer und unvollkommen erreichen. Die flotte Ausführung, die prägnante Betonung der Hauptsache im Bild sowie alsdann ein leichtes elegantes Ausklingen der bildlichen Darstellung nach außen in mehr skizzenloser Technik ist eigentlich dem Pastellcharakter am meisten angemessen. Daher die peinlich ausgeführten Pastelle häufig unbefriedigend. Daher die peinlich ausgeführten Pastelle unbefriedigend, weil langweilig auf den Beschauer wirken, während der skizzierte malerische Reiz derselben schnell und sicher das Interesse fesselt.
Das Lenbachsche Pastellbild dagegen sieht von solch stark farbigem Toncharakter ab. Es bezweckt mehr Zeichnung als Malerei mit dem Pastellstift. Der graue Ton des Pappdeckels eignet sich dafür besser als die Pastellleinwand; bei geringer Andeutung der höchsten Helligkeit, diskreter Betonung der farbigen Pointen an Lippen, Wangen und annähernder Farbangabe der Schatten ist es dabei im wesentlichen der graue Lokalton der Pappe, welcher das Ganze verbindet.
Bezeichnend für die Grenzen, in denen das Pastell sich mit Erfolg verwenden lässt, bleibt die Beschränkung desselben fast nur auf das Porträt und das porträtartige Bild.
Dann ist außer der höchst dankbaren Darstellung des Fleisches vor allem die Wiedergabe von Atlas, Seide, Samt usw. in der schmiegsamen Farbenteigtechnik vom überraschendem Erfolg begleitet.
3. Material
 Die unter der Bezeichnung Pastellfarben im Handel vorkommende Farbenteigstifte sind meist 7 cm lange, runde kreideartige Stifte von allen Farbabstufungen.
Im allgemeinen weich und zart beim Auftrag werden dennoch drei verschiedene Härtegrade geboten. Die weicheren Stifte lassen sich am besten zur Anlage des Bildes, wie zur Ausbildung des farbigen Toneindrucks desselben verwenden. Die härtesten Nummern dagegen dienen zu zeichnerischer Präzisierung der Form, sowie für pikante bestimmte Linien und Striche. Doch ist bei Benutzung des härteren Materials mit Vorsicht zu verfahren. Die weiche Pastellleinwand gibt dem stärkeren Druck des härteren Stiftes empfindlich nach und zeigt in der Folge Furchen, welche nur schwer zu beseitigen sind. Daher beschränkt sich auch die Anwendung dieses Härtegrades am besten lediglich auf die Zeichnung, sobald dieselbe beim Vollenden des Bildes präzis und zur Geltung kommen soll.
Dabei ist jedoch gleichfalls mit Vorsicht zu verfahren, da härtere Farbstifte nicht leicht genug Farbe abgeben, also eines intensiveren Druckes bedürfen. Sobald ein solcher Stift auf dem Untergrund eines weicheren Farbstoffes aufgetragen werden soll, schiebt das sprödere Material alsdann häufig den lockeren Farbenstaub das Untergrundes zur Seite.
Leider sind fast alle jene verführerisch leuchtenden, ungemein brillanten Farbtöne unserer modernen Pastellfarbenkasten, sobald Anilin zu deren Herstellung verwendet wird, allzu trügerisch und ihre Haltbarkeit von sehr kurzer Dauer.
Die brillantesten Farben halten deshalb auch der Lichtprobe, einem längeren dem Tageslicht Aussetzen, meist nicht stand und sind nach kurzer Zeit gänzlich verblasst.
Die Verwendung des Anilin sollte aus der Farbenfabrikation für malerische Zwecke absolut verbannt sein!
Allerdings erleiden auch solid hergestellte Farben eine, wenn auch nur leichte, fast unmerkliche Veränderung durch die Einwirkung des Lichtes, jedoch immer erst in längeren Zeiträumen und in so geringem Grade, dass gerade dem Pastellbild, trotz seiner leichten sonstigen Zerstörbarkeit, in seiner Leuchtkraft die größere Dauerhaftigkeit und Unveränderlichkeit, besonders der Öl- und Aquarellmalerei gegenüber, nachgerühmt werden kann.
    4. Von der Leinwand.
 Die Pastellleinwand, speziell für diese Technik hergestellt, zeigt beim Befühlen mit dem Finger eine zarte, filzartig weiche Oberfläche und wird, vor dem Gebrauch, gleich der Leinwand für Ölmalerei, auf einen Keilrahmen gezogen und glatt gespannt. Je nach der Anwendung benutzt man verschiedene Arten derselben, so dass für lebensgroße Porträts z.B. die stärkere Leinwand, da solche eine größere Spannung auszuhalten vermag, sich besser eignet, dagegen die glatte, feinere Leinwand bei delikaten Arbeiten kleine Formen besser zum Ausdruck gelangen lässt und eine eingehendere Ausführung bedeutend erleichtert.
Bis jetzt darf man wohl das französische Fabrikat in erster Linie empfehlen, der seine Filz derselben hat sich durchweg bewährt. Dabei ist anzuraten, die leichtere Leinwand mit einem Leinen- oder Schirtingstoff zu unterspannen, um dieselbe vor störender Auswirkung infolge der Bearbeitung zu bewahren, indem von der Leinwand ein stärkerer Druck ungefährdet dadurch ausgehalten werden kann.
Die deutsche Leinwand ist spröde, nicht weich genug, reibt den Stift, ähnlich wie Sandpapier, viel zu sehr auf. Auch hält dieselbe den aufgetragenen Farbstoff zu fest und lässt deshalb Korrekturen und Änderungen weit weniger leicht als die französische Leinwand zu.
    5. Pappendeckel.
 Als ein beliebter Malgrund für Pastell wird der Pappendeckel häufig benutzt. Jeder gute, feste Pappendeckel ist hierzu zu gebrauchen und dem Ton ausgesucht, auch ohne jede weitere Präparation zu verwenden. Ist jedoch der Pappendeckel vielleicht zu glatt satiniert, so nimmt er den Pastellstift nur schwer an. In diesem Fall feuchtet man den ersteren vermittelst eines Schwamms durch sehr verdünntes Leimwasser leicht an und ist alsdann der Pappendeckel, wieder trocken geworden, für die Zwecke des Pastellstiftes ohne weitere Schwierigkeiten vollständig brauchbar.
Auch ein Überzug von grauer oder weißer Steinkreide mit Leim (so genannter Vergoldergrund) ist anwendbar. Dieser Grund muss, damit der Pappendeckel sich verziehen kann, auf beiden Seiten aufgetragen, und der letztere alsdann frei zum Trocknen aufgehängt werden. Für den Maler sind hierdurch verschiedene Behandlungsarten möglich. Durch Aquarell, durch Tempera vermag man das Bild zu grundieren, d.h. zu untermalen und dann durch Pastell zu vollenden, so dass zuletzt alle diese Techniken zu einer harmonisch einander ergänzenden Wirkung sich verbinden. Zu erwähnen ist, dass die härteren Pastellstifte am besten auf dem Pappdeckel in Verwendung treten.
    6. Fixieren.
 Eine wirklich brauchbare gute Fixage für Pastell zu finden und herzustellen, ist, so weit uns bekannt, bis jetzt nicht gelungen. Diese hat in erster Linie die Aufgabe, den Farbstoff zu binden. Leider kann dies aber nicht ohne Einbuße seines speziellen Charakters geschehen, der gerade in der samtartigen, losen und weichen Erscheinung besteht. Auch ist die Empfindlichkeit des Farbstoffes bei der Aufnahme der Fixage verschieden, manche Farben verändern ihren Ton und dadurch die Farberscheinung des Bildes. Zum Beispiel der Ocker, welcher nach dem Fixieren dunkler wird. Das Fixieren geschieht, wie bei Kohlenzeichnungen, vermittelst Anlasenes des Fixiermittels durch ein Glas- oder Metallröhrchen aus der richtigen Entfernung.
    7. Konservierung.
 Wie bei dem Flügel des Schmetterlings liegt der schimmernde, samtartige Farbreiz des Pastells als zarter Staub auf der Bildfläche. Jede raue Berührung bringt dem Kunstwerk Gefahr, es sind deshalb alle Schöpfungen dieser Gattung am vergänglichsten. Dieselben müssen ferner vor jeder Einwirkung der Luft- und Feuchtigkeit wie auch insbesondere durch Verkleben des Rahmens vor Staub geschützt werden, da die Reinigung eines solchen Bildes, ohne dasselbe zu ruinieren, nicht möglich ist. Die Versendung eines Pastells bleibt immer riskant, auch bei sorgfältigster Verpackung. Dass Pastellbilder nur unter Glas und Rahmen aufbewahrt und erhalten werden können, ist nach dem bereits Gesagten selbstverständlich. Dabei ist zu bemerken, dass bei dem Einrahmen darauf gesehen werden muss, dass zwischen Bild und Glas ein gewisser Abstand gewahrt wird, damit ersteres nicht Schaden leide. Richtige und sorgfältige Aufbewahrung lohnt das Pastellbild durch eine fast vollständige Unveränderlichkeit; die Dresdner Sammlung lässt die ältesten Werke dieser Art in ursprünglicher Frische heute noch bewundern. Von keiner anderen Technik der Malerei kann man ähnliches behaupten.
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A perfect reproduction of the famous Cyclorama of Munich
Note:
The Original Cyclorama of Munich painted by Bruno Piglhein in the years 1885 and 1886, published 1889 in the book "From Manger to Throne" contains 9 double pages in color. It starts with 0° and ends with 335°. The space between the mark of 335° to 360°/0° was completed as good as possible by Robert Wecker-Piglhein, a great grandson of Bruno Piglhein. He has documents from the Piglhein family, which show the complete 360° cyclorama. Mr. DeWitt Talmage had probably lost this last part, which was showing the complete rest of the fullsize 360° cyclorama. It could also be possible, that he got one of the first wood-engravings of the cyclorama, where this sector also was missing. R.W. 
 
A perfect reproduction of the famous Cyclorama of Munich




JERUSALEM ON THE DAY OF THE CRUCIFIXION.
Source: “From Manger to Throne” Publisher: Historical Pub. Co. PA 1889,
by REV. Dr. DeWITT Talmage. D. D.
A PANORAMIC VIEW OF THE WORLD’S GREATES TRAGEDY.
This is a subject of the greatest historic as well as religious and moral interest, an event which appeals more directly to the human heart than any which perhaps has taken place in the world’s history, and which evokes the fondest desire to have it drawn forth from the distant past and placed in the immediate and visible present.
A GENERAL DESCRIPTION OF THE PAINTING.
“Now from the sixth hour there was darkness over all the land.”
The spectator stands upon a rocky plateau surrounded by deep ravines. The time is the sixth hour on the day corresponding to the modern 7th day of April, in the year 29, A. D. We stand in the midst of the most sterile and uninviting portion of the country surrounding Jerusalem. At the time of Christ there were large tracts under a high state of cultivation, lying however, on the opposite side of the city from the point which our view is taken, on the slope of the Mount of Olives and the Valley of Jehosophat. At the present day even these evidences of fertility have disappeaerd and all is barrenness and desolation.
The whole landscape is bathed in a weird, unnatural light, giving the picture a mysterious solemnity and a grandeur impossible to describe. Taking the group of trees to the left of the city as a starting point, we will now proceed to describe the picture in detail. The half-naked tree to the right is the pistachia, a tree quite common in Syria, and which bears an almond-shaped fruit. In the background is a clump of olives bordering the lake of Gihon, called by Josephus “The Snake Pond”. The group of olive trees is still standing. Beyond the olive forest is a long extended hill, along the base of which winds the road to Joppa. On this road many merchant caravans, with heavily laden camels and donkeys, are hurrying forward, eagerly intent on reaching Jerusalem for the approaching feast of the Passover. The domes of numerous carvansaries are seen dotting the distant landscape. Further to the right is the road to Damascus, marked by numerous trees and also alive with pilgrims hastening to the common goal. To the right of the group of Jewish women is a characteristic house of the period. Upon its flattened roof is a shepherd and various packages of merchandise, jars, etc. The house represents one of the many sheltering houses or inns which existed outside of the walls for the accommodation of the numerous shepherds who tensed their flocks in the vicinity. Near by is a pool of water, a remnant of a vast number left by the rains-drouth having evaporated all but this one. Streching back from this pool one sees the rugged sides of a dry water-course, which marks the track of a winter torrent. Far away in the distance is seen the historic peak of Mizpah. Situated upon the very summit of this mountain is the ancient and beautiful city of Mizpah. A distant view of the Mediterranean can here be obtained. It was this historic spot that Samuel erected the monumental stone which he termed the “Eben-Ezer”, in commemoration of his victory over the Philistines, and on which he inscribed the words, “So far the Lord has helped us”. Here also Saul was chosen King of Israel, and here also the ark of the covenant was sent back to the Jews after having been taken by the Philistines. In the near past, the mosque, “Neby Samwil”, has been erected upon the spot supposed to mark the last resting place of Samuel. Still farther to the right, but directly in front of Mizpah, is a hill on which was situated the hamlet of Emmaus. It was on the way to this place that Jesus met two of his disciples after his resurrectuion. To the right of a cluster of houses, in the distance, is the cave of the prophet Jeremiah, a spacious hall hewn out of the solid rock. Here, secluded from the world, the prophet wrote the Lamentations. The Mohammedans of Jerusalem now use this as a burial place. It is near this place that the sepulchres of Nicodemus and Joseph of Arimathea are supposed to have been cut out of the solid rock. The tomb of the latter was the burial place of our Saviour.
At the base of the rocky slope of Golgotha we see an exited multitude, a wildly gesticulating and surging crowd, aroused to the highest pitch of frenzy. The cause of their anger is the inscription placed above the head of our dying Aviour, “Jesus of Nazareth, King of the Jews”. A member of the high council, from the rock above, seeks to pacify the ignorant and fanatical multitude below him, but his efforts are rewarded by curses and imprecations. Only a few days ago these very people strewed palm leaves in his way shouted, “Hosanna! Praised be He who cometh in the name of the Lord”. To-day they cried Pilate, “Crucify Him”. Their demand is that the inscription over the cross be changed, but the stolid and unpartisan Roman soldiers keep back the surging mob, that unless prevented would rush up the hill and tear down the offending tablet.
The eye turns from this frenzied crowd to the summit of Calvary. Surrounded by unpitying executioners, mocking unbelievers and a small but devout and fearless band of followers, Jesus is redeeming the world and suffering his last moment of earthly torture. A Roman soldier, with perhaps more pity than his fellows, has moistened his lips by means of a sponge saturated with posca (vinegar and water). The sponge, attached to a hyssop stalk, may be seen at the foot of the cross, jesus is now unmindful of bodily pain. He feels the end approaching and murmurs, “Father, into thy hands I commend my spirit”. To the right of the Saviour hangs Dismas, resigned and repentant. To him the Saviour has said, “This day shalt thou be with me in Paradise”. To his left is the cross of Gesmas, the murderer, doomed to a more lingering punishment, being tied to the cross. The faces of all the crucified are turned away from Jerusalem, to prevent them from cursing the city.
To the right are a number of Roman soldiers who, unmindful of the solemnity of their surroundings, are casting lots for the raiment of the Saviour. They have divided the garments of the thieves. Besides thoses who have performed the work of death, we see other Romans armed with sword and spear, whose duty it is to prevent possible disorder. One of these is “Longinus”, who pierced the side of Jesus with a spear. Standing with his face toward the cross of our Saviour and arm extended is “Ctesiphon”, the Roman centurion, who, accustomed to scenes of death and cruelty, shudders at the awe-inspiring scene before him, and startled by the darkness, exclaims: “Surely this is the Son of God!”
To the left of the cross stands a group of relatives and adherents of Christ, and who have therefore special permission from the officer of the Roman guard to come nearer the place of crucifixion.
To the extreme left of the plateau are seen two richly dressed Jews-Nicodemus, formerly a secret, but now an avowed disciple, and Joseph, of Aritmathea, who, after the death of the Saviour, presented before Pilate and begged the body of jesus for burial.
To the right, and in front of them, stands Simon, of Cyrene. ‘Tis he who bore our Saviours’s cross. Upon his arm leans Susanna. In front, and to his left, we see Veronica, a Jewess from Caesarea, whomvthe Saviour had healed of a severe illness. Near to, and to the right of Simon, with her arm upon the shoulder of Mary Salome, is Mary Magdalene.
Immediately in front of the cross of Jesus we find Mary, the mother of the crucified Saviour. With resignation she accepts the sacrifire of her Son, but her face cannot show the grief she feels, as a mother’s heart goes out in anguish for the suffering of her beloved one. Just behind her is Mary Cleophas, her sister, and Johanna, the wife of Chuza. Standing to the right of the main group is Lazarus, of Bethany, whom Jesus had raised from the dead, supporting the faltering form of his sister Martha. We see a group of Jews standing on a rock to the right of Golgatha, among them is the faithful disciple John.
Leaving Golgotha, we now approach the solid walls of the City of Jerusalem, at that time a city vying in magnificence with any other in the known world. Herod had rebuilt the temple and erected many splendid buildings, and had introduced the architecture of the Greeks and Romans, supplanting, to a great extent, the semi-barbarous, Assyrian and Egyptian styles of earlier times. The temple, as reconstructed by Herod, far exceeded in magnificence the temple of Solomon.
The city is situated near the sumnit of the broad mountain ridge which divides the Mediterranean Sea from the deep valley of the Jordan, at a distance of thirty-two miles from the former, and eighteen from the latter. The elevation of its highest part, Zion, is 2550 feet above the level of the sea.
Its position and configuration were determined chiefly by the valleys which surround it except on the north, and whose depth and precipitous sides constitute natural defences against assault. On the east is the valley of the Kidron, called also, in its southern part, the valley of Jehoshaphat. On the west and south is the valley of Hinnom, which unites with the former about half a mile below the city, and thence passes in a southeast direction to the Dead Sea. Between these two is a third valley, the Tyropoeon, or valley of the Cheesemakers, dividing the city into somewhat unequal portions, of which the western is the larger, and opening into the valley of Hinnom, just above its junction with Jehoshaphat. All these valleys commence in gentle depressions in the level land north of the city, but, descending rapidly, they soon become deep and narrow ravines until, at their confluence their bed is no less than 570 feet lower than Zion, while the Dead Sea is about 3270 feet below the waters of the Mediterranean, and the lowest point on the surface of the globe.
The site thus strongly defined consists mainley of two eminences, separated by the Tyropoeon, of which the eastern is Mount Moriah, and the western, which is about 125 feet higher than the other, is Mount Zion. North of these the ground is more nearly level, rising toward the north-west and north-east in gentle slopes, where are the quarters called respectively Akra and Bezetha.
On the east side of the city, separated from it by the Kidron and vale of Jehoshaphat, is the Mount of Olives, which rises in two or three rounded summits, about 220 feet higher than Zion, the southernmost of which is called the Mount of Offence, from the idolatries practised there by Solomon under the influence of his heathen wives. The northern extremity of the mountain bends around toward the west, constituting the eminence named Scopus, distant about a mile from the city. On the south is the Hill of Evil Counsel, so-called from the tradition that here was the country residence of the high-priest Caiaphas, where Judas made his vile bargain for the betrayal of his Master. On the west and north the surface is comparatively level, rising gently toward the hills which bound the horizon at a distance of from two to five miles.
From the view of the city as here given, Mount of Olives appears on the further side with the southernmost elevation or Scopus extending to the rear of Golgotha. On the further side of the city nearest to the Mount of olives are seen three large structures. The first one to the left is the Xystus or gymnasium erected by Jason, a dissolute high-priest of the time of Antiochus Epiphanes, for athletic exercises and sports after the manner of the Greeks. Next to the Xystus is the citadel of Antonia, built by Herod on a rock adjacent to the temple, and named after his patron, Mark Antony. At the time of Christ it was believed that Antonia was the residence of Pilate, the Roman Governor, the word “praetorium” translated “judgment hall”, originally designated the general’s tent in the field, and from this came be applied to his residence wherever it might be. Some suppose that his headquarters were in Herod’s palace on Zion, but the weight of opinions is in favor of Antonia. Here jesus was condemned to crucifixion by the Governor, and from thence led away to Calvary. It was on the stairs leading down from the castle that Paul addressed the people when recued by the chief captain. The building to the right is the temple of Herod-Solomon’s temple having been destroyed during the reign of the Jewish king Zedekiah, by the Chaldeans under Nebuchadnezzar. The temple was rebuilt on the site of the Jews from their Babylonian captivity, but only to one-half its former height-this was called Zerubbabel’s temple in honor of a Jewish prince of the name. King Herod the Great again rebuilt the temple in the year 23 B. C. The walls of this great structure were built of white marble with a roof of gold.

To the right of the temple is seen the Pastophoria, a lofty watch-tower from which a priest with a trumpet announced the exact moment when the Sabbath began and ended.
Dotted through other portions of the Akra, or lower city, may be seen many handsome marble structures, of varied styles of architecture. These indicate the residences of the Jewish princes, the priests, wealthy Roman residents and others.
In the walls of this portion of the city were two important gates, the one to the left the Fish Gate, so called from its being adjacent to the fish pool, “piscina”. From this gate as from the others the people are pouring forth intent on viewing the execution. The other is the Valley Gate, on the site of the present Joppa Gate, leading out to the Valley of Gihon on the west side of the city. Now we come to the upper part of the city of Mout Zion, covered by magnificent public and private buildings. Here most of the wealthy residents lived, as being near the magnificent palace of Herod. The word Zion signifies “a sunny place”, and was designated to discribe the elevated and open situation of the highest of the hills constituting the site of Jerusalem. The sides of this hill are more precipitous than that of any other portion, fitting it naturally for a fortress, which it has been from the earliest times. The most prominent structures on Zion are the palace of Herod and the towers of Hippicus, Phasaelus and Mariamne-erected by Herod to the memory of his friend Hippicus, his brother Phasaelus, and his wife Mariamne. Josephus gives a most interesting and detailed account of the palace, describing it as exceptionally magnificent in all its appointments, and surrounded by most luxurious gardens. Herod probably died in the year of Christ’s birth; it washis son Herod Antipas, tetrarch of galilee, to whom our Saviour was sent by Pilate just before the Crucifixion; by him Jesus was mocked and set at naught, and afterwards sent back to Pilate. The tower at the extreme right of the city is Phasaelus. Hippicus is square and is visible over the other buildings on the further side of the city. Mariamne, the most beautiful of the three, adjoins the palace. The garden gate also connected with the palace and tower of Mariamne, which is described minutely by Josephus as being of exceeding beauty.
Adjoining the garden gate and immediately without the city walls is the pool of Hezekiah; it was supplied water from the upper pool of Gihon.
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Prof. M. V. Sattler’s Panoramaführer
Das Panorama wurde von Herrn Prof. Bruno Piglhein entworfen und unter seiner Leitung hergestellt. Für die technische Ausführung bediente sich Prof. Piglhein der Mitwirkung des Herrn Architekturmalers Karl Frosch, der Herren Landschaftsmaler Joseph Krieger und Adalbert Heine, sowie seines Schülers Herrn Joseph Block. Vor Beginn des Werks hat Prof. Piglhein in Begleitung der Herren Frosch und Krieger behufs Vorstudien mehrere Monate in Jerusalem und Umgebung zugebracht.
Aufschluss über den Standpunkt des Beschauers.
Panoramaführer nach Maximilian Vinzenz Sattler,
kgl. Professor und Vorstand der Dreifaltigkeitskirche in München
(Vollständige und ungekürzte Wiedergabe des Verfassers Prof. M.V. Sattler, (1886))
Die Plattform, auf welcher der Beschauer des Panoramas steht, ist der höchste Punkt eines Hügels, der von der gegenüberliegenden Anhöhe, auf welcher drei Kreuze aufgerichtet sind, durch einen Taleinschnitt geschieden ist und auf der den drei Kreuzen und der Stadt Jerusalem zugekehrten Seite mehrere Felsengräber in sich schließt, darunter das des Joseph von Arimathia und das des Nikodemius.
Die Anhöhe, welche dem Beschauer gegenüber liegt, ist der Richtplatz Golgotha oder Golgatha, lateinisch mons calvariae, deutsch Kalvarienberg, so genannt, weil diese Anhöhe gegen Westen, auf der dem Beschauer zugekehrten Seite so abfiel, dass sie von Süden aus gesehen einem menschlichen Schädel annähernd gleichsah.
Es empfiehlt sich, dass die Besucher, nachdem sie die Plattform betreten, zunächst die vor ihren Füßen ausgebreitete Landschaft besichtigen und dann den Rundgang nach rechts antreten.
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Über die Stiege auf der Plattform des Panoramas angelangt, sieht der Beschauer sich gegenüber die von Jerusalem nach Joppe (Jaffa) führende Straße, auf welcher viele Handelskarawanen mit ihren Kamelen verladenen Schätzen zu dem in den nächsten Tagen zu feiernden Osterfeste nach Jerusalem ziehen und gegen den Schluss ihrer Reise durch eine ganz unerwartet eingetretene totale Sonnenfinsternis in Bestürzung versetzt ihren Marsch beschleunigen, um in oder um Jerusalem Schutz gegen drohendes Ungemach zu finden.
Zur linken Hand der nach Joppe führenden Straße steht im Vordergrund eines Olivenwaldes eine uralte Terebinthe (1) , die von einem großen Steinblock aufrecht erhalten wird und mit verjüngter Kraft eine neue Krone getrieben hat.
  Der Olivenwald verdeckt eine hart hinter ihm liegende Bodenvertiefung und einen in derselben liegenden Teich, den oberen Gihonteich (2. Kön. 18, 17), der auch Walker- oder Schlangenteich genannt wurde (Flavius Josephus, Jüd. Krieg 5, 12). In der Periode der Kreuzzüge hieß man ihn den äußeren Patriarchenteich, die Araber nennen ihn Birket Mamilla. In diesen Teich wurde, als unter dem jüdischen König Achaz (742 - 727 v. Chr.) der König Phake von Israel im Bunde mit dem König Rasin von Syrien die Stadt Jerusalem bedrohte, der Prophet Ifaias beschieden und ihm vor dem König Achaz die Verheißung ausgesprochen: „Siehe die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, und sein Name wird Emanuel genannt werden“ (Ifaias 7, 3 - 15.).
Ursprünglich hatte der obere Eihonteich seinen Ablauf, später wurde er durch einen Kanal in den Hiskiateich - der Beschauer sieht diesen zu seiner linken Seite in der Nähe des aus der Stadt führenden Weg - nach der Stadt hingeleitet, wie dies im Buch Sirach (48, 19) angedeutet ist mit den Worten: „Ezechias (Hiskia) befestigte seine Stadt (Jerusalem) und leitete Wasser in dieselbe; er durchbrach mit dem Eisen den Felsen und erbaute Brunnen für das Wasser“.
In einiger Entfernung von der Terebinthe nach rechts stehen vier jüdische Mädchen und ein Kind (2). Das Mädchen, welches das Kind an der Hand führt, sieht höchst erregt nach der Richtstätte Golgatha. Das zweite der Mädchen senkt sein Haupt; es ist überwältigt von dem Eindruck, welchen es von Golgatha her durch die Hoheit dessen empfangen hat, der zwischen zwei Missetätern mit übermenschlicher Geduld und Würde seiner Auflösung entgegenharrt. Das dritte Mädchen, ein sprechendes Bild kindlicher Unschuld und Einfalt, sendet einen fragenden Blick nach der Richtstätte, denn noch hat es keine Ahnung, dass es wirkliche oder vermeintliche Verbrechen gibt, die eine solche Sühne als notwendig erscheinen lassen. Das vierte Mädchen weiß sich der Furcht nicht zu erwehren, welche die unheimliche Finsternis in ihm hervorruft. Die jüdische Frau, welche im Hintergrund der vier Mädchen auf dem Boden sitzt, lässt vermuten, dass sie über das Zusammentreffen der Finsternis mit der auf Golgatha vollbrachten Kreuzigung in tiefes Nachdenken versunken ist.
Wendet sich der Beschauer von dieser Gruppe dieser Strasse nach Joppe zu, so sieht er auf der linken Seite dieser Strasse auf der Höhe - etwa 4 Km von Jerusalem entfernt - ein geräumiges Gebäude, eine Karawanserei (3), dergleichen man im Orient als Herberge für Karawanen sehr oft antrifft.
Vier Seiten, je 40 - 50 Schritte lang, umschließen einen durch 2 Tore zugänglichen mit Hallen ringsum besetzten Hof, in welchem die nach Jerusalem ziehenden Karawanen gewöhnlich die letzte Rast halten. Die müden Reisenden und ihre Lasttiere finden hier zwar Obdach, aber keine Bewirtung. Diesem Mangel hilft an solchen Orten, so gut es geht, der Handel ab; die benachbarten Einwohner bringen Lebensmittel und verkaufen sie um bares Geld oder sie tauschen Waren hierfür ein.
Streift der Blick des Beschauers von der Karawanserei die Joppestrasse entlang bis zum Horizont, so entdeckt er daselbst eine hoch emporragende Warte (4), welche nach allen Seiten einen freien Ausblick gestattet und so die Möglichkeit bietet, ringsum Spähe zu halten, ob nicht Land und Leute und die auf offenem Feld weidenden Herden von einem feindlichem Überfall bedroht werden.
Rechts - in ziemlicher Entfernung von dieser Warte - erhebt sich eine das Plateau um ca. 162 m überragende, im ganzen 914 m hohe Bergkuppe, Mizpa (5) genannt, wird von der Stadt gleichen Namens gekrönt.
Hier war es, wo Samuel opferte und richtete, wo er nach einem glänzenden Sieg über die Philister den Denkstein Eben-Ezer setzen (1. Sam. 7, 5 - 15) und Saul zum König wählen ließ. Gegenwärtig steht auf dieser Bergkuppe eine Moschee, Reby Samwil genannt, das angebliche Grab Samuels.
Unmittelbar vor der Bergkuppe Mizpa erhebt sich ein anderer Berg, welcher ebenfalls mit Gebäuden gekrönt ist. Diese Gebäude sind ein Teil des ungefähr 11 km von Jerusalem entfernten Fleckens Emmaus (6), nach welchem am Ostersonntag zwei Jünger des Herrn wanderten und auf dem Weg dahin mit dem auferstandenen Heiland zusammentrafen.
Nach Lukas 24, 18 hieß einer von den Jüngern Kleophas, wahrscheinlich in Emmaus beheimatet, in dem anderen ungenannten Jünger wird Rathanael oder der Evangelist Lukas vermutet.
In dem großen Talkessel, welcher sich von der nach Joppe führende
Straße rechts bis zum Fuß des Beschauers ausdehnt, befindet sich eine Hirtenansiedlung (7) und ein ziemlich großer Teich (8), der sich in der von Oktober bis April dauernden Regenzeit regelmäßig bildet und den Herdenbesitzern dieser wasserarmen Gegend die Möglichkeit bietet, ihre zahlreichen Tiere viele Monate hindurch mit Wasser zu versorgen.
Weiter nach rechts wird des Beschauers Auge eine aus dem Norden Jerusalems kommende Strasse bemerken, die sich unweit der Stadt vor einem Komplex von Landhäusern (9) in zwei Wege spaltet. Der eine Weg zieht unterhalb dieser Landhäuser nach Emmaus, der andere dagegen oberhalb derselben nach der berühmten Handelsstadt Damaskus, der alten Hauptstadt von Syrien.
Rechts von der nach Damaskus führenden Strasse ist die Jeremiasgrotte (10), die aus einer geräumigen in den steil abfallenden Felsen gearbeiteten Halle besteht.
Die Grotte und ihre Umgebung lassen nicht verkennen, dass hier einst ein Steinbruch gewesen. - Die Legende behauptet, der Prophet Jeremias habe hier bei der im Jahr 588 v. Chr. erfolgten Zerstörung von Jerusalem seine Klagelieder aufgezeichnet, jene Klagelieder, welche noch heutzutage in den katholischen Gotteshäusern während der 3 letzten Tage der Karwoche in tief ergreifender Weise gesungen werden. Gegenwärtig befindet sich bei dieser Grotte des Jeremias ein Hauptbegräbnisplatz der Muhamedaner.
Zieht der Beschauer des Panoramas von der Jeremiasgrotte eine gerade Linie an den Fußpunkt seines Standplatzes, so entdeckt er in seiner unmittelbaren Nähe eine an den Hügel Golgatha sich anschließende Bodensenkung, welche dicht mit Menschen angefüllt ist und binnen kurzer Zeit noch mehr angefüllt sein wird, da fortwährend eine große Menge der Bewohner Jerusalems diesem Ort zuströmt, um dort einen freien Blick auf den nahen Hügel Golgatha zu gewinnen.
In eben dieser Bodensenkung ist das Felsengrab des Nikdemus (11) und in einiger Entfernung von diesem das dem Joseph von Arimathia gehörige
Felsengrab (12), welche letzteres die Leiche des am Kreuze sterbenden Heiland später in sich aufgenommen hat.
Die Menschenmasse, welche sich da eingefunden, besteht vorherrschend aus Gegnern Christi, aus Menschen, die des Mitleids bar und ledig, sich spottend und höhnend gegen den am Kreuz verschmachtenden Erlöser der Welt wenden in der Erwartung, dass die unter ihnen weilenden Häupter des jüdischen Gemeinwesens, der hochbetagte Oberrichter Annas und sein Schwiegersohn, der Hohepriester Kaiphas, sowie die anwesenden ältesten und Schriftgelehrten an ihrem wüsten Treiben einen Gefallen finden.
Annas (13) und Kaiphas (14), hart neben einander stehend und durch ihre prunkvolle Kleidung unter der Menge des Volkes leicht erkennbar, sind durch die schon mehrere Stunden andauernde, unheimliche Sonnenfinsternis in hohem Grad bestürzt und harren mit Ungeduld dem Augenblicke entgegen, in welchem der ihnen verhasste Nazarener sein Leben am Kreuz enden wird.
Von denen, welche hinter ihnen stehen, richtet ein Teil seine Aufmerksamkeit auf das, was hinter dem Hügel Golgatha vollzieht, der andere Teil blickt ängstlich nach jener Himmelsgegend, in welcher die Finsternis am dichtesten ist und scharf absticht von der in der entgegengesetzten Richtung herrschenden Tageshelle, in welcher die glänzend beleuchtete Wüste von Juda uns die im Hintergrund dieser Wüste sich hinziehenden Gebirge von Eilead und Moab noch auf wenige Augenblicke erscheinen.
Einen auffallenden Kontrast bilden an dem Brunnen (15), in dessen Nähe Annas und Kaiphas stehen, die Mädchen und Frauen, welche Wasser geschöpft, mit den an der östlichen Mauer dieses Brunnens anwesenden gefunden und kranken Bettlern, an welchen das gelobte Land, besonders die Stadt Jerusalem, zu allen Zeiten Überfluss gehabt hat. Während jene sich anschicken, das mühsam geschöpfte Wasser an den Ort seiner Bestimmung zu tragen, und beim Weggehen gerührten Herzens noch einen Blick auf den schuldlosen Dulder auf dem Hügel werfen, lungern diese ohne jegliche Erregung umher, einzig darauf bedacht, wie sie die in der Nähe angehäufte Volksmenge ergiebig ausbeuten können.
Unter den Haufen, die sich in der Bodensenkung eingefunden haben, und ebenso unter der Menge, welche von Jerusalem her diesem Ort zuströmt, findet der Beschauer römische Soldaten zu Fuß und zu Pferd, denen die Aufgabe gestellt ist, das vordringen auf den Hügel Golgatha zu verhüten und jeden Aufruhr, von welcher Seite er auch kommen möge, im Keim zu ersticken.
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Von der in der Bodensenkung angehäuften Menschengruppe mag der Beschauer des Panoramas jetzt den Blick auf den Hügel Golgatha richten und die

Kreuzigungsgruppe
einer eingehenden Betrachtung unterziehen. Nach althergebrachter Annahme wurde Christus in der Osterwoche des Jahres 34 der christlichen Zeitrechnung gekreuzigt. Da aber, wie eine jüngst entdeckte Münze von Herodes Antipas lehrt, die christliche Zeitrechnung um sechs Jahre zu spät beginnt, so ist der 7. April des Jahres 29 der christlichen Zeitrechnung, ein Freitag, als der wahre Zeitpunkt der an Christus vollzogenen Kreuzigung anzunehmen.

*) Die hochwichtige Frage, in welchem Jahre der Heiland geboren und in welchem Jahre er gestorben, ist mit dem 6. Februar des Jahres 1886 in ein neues Stadium eingetreten. An diesem Tage ist nämlich von Professor Sattler in München eine bis jetzt völlig unbekannte Münze von dem Tetrarchen Herodes Antipas aufgefunden worden, welche den überraschenden Aufschluss erteilt, dass Herodes Antipas nach dem Tode seines Vaters, des Kindermörders Herodes des Großen, unter welchem Christus geboren wurde, als Tetrarch von Galiläa und Peräa nicht 43 oder 44 Jahre, wie bisher irrtümlich angenommen wurde, sondern 45 Jahre regiert hat. Diese Münze, von welcher unten eine Abbildung gegeben ist, trägt auf dem Averse ganz deutlich und leserlich L ME = Jahr 45, verbürgt also, dass Herodes Antipas 45 Jahre geherrscht hat.
Nach dem Zeugnis der Geschichte ist Herodes Antipas im vierten Jahre der Regierung Agrippas I über die Tetrarchie von Trachonitis, im April des Jahres 41 der christlichen Zeitrechnung, durch Kaiser Caligula (37 - 41) seiner Würde als Tetrarch von Galiläa und Peräa entsetzt und nach Lugdunum Convenarum (jetzt St. Bertrand de Cominges) verbannt worden. Hat nun Herodes Antipas dem Datum der neu entdeckten Münze gemäß im Jahr 41 der christlichen Zeitrechnung 45 Jahre regiert, so muss er 5 Jahre vor Beginn der christlichen Zeitrechnung seinem Vater Herodes dem Großen gefolgt, dieser also im Jahr 5 vor Beginn der christlichen Zeitrechnung, also im Jahr 749 nach Erbauung der Stadt Rom, gestorben sein. Da nun aber Herodes der Große, wie die Geschichte bezeugt, nicht etwa zwei Jahre nach der Geburt Christi, sondern im zweiten Jahr der Geburt Christi, kurz vor Ostern, gestorben ist, also in dem Jahr, welches auf das Geburtsjahr Jesu unmittelbar gefolgt ist, so muss Jesus, wenn Herodes der Große kurz vor Ostern des Jahres 749 nach der Erbauung Roms gestorben ist, im Jahre 748 nach der Erbauung Roms, also sechs Jahre vor Beginn der christlichen Zeitrechnung geboren sein.
Hiermit sind alle Hypothesen, welche bis zum Jahre 1886 über das Geburtsjahr Jesu aufgestellt worden sind, hinfällig geworden, da sie insgesamt auf Voraussetzungen beruhen, welche durch die neu aufgefundene Münze von Herodes Antipas als irrig erwiesen sind.


Christus und die beiden Missetäter nicht der Stadt Jerusalem zugekehrt, sondern nach Westen schauend am Kreuz hängen, gründet sich auf uralte Zeugnisse und erklärt sich aus der Tatsache, dass in der alten Zeit die Bewohner einer Stadt, in welcher ein
Todesurteil gesprochen wurde, dem Verurteilten die Möglichkeit entzogen wissen wollten, seine von Ingrimm eingegebenen Verwünschungen geraden Weges gegen sie und ihre Stadt auszugießen.
An dem Kreuz, das in der Mitte steht, hängt Jesus von Nazareth (16) mit 4 Nägeln an den Händen und Füßen durchbohrt, dargestellt in dem Augenblick, in welchem er ruft: „Vater! In Deine Hände empfehle ich meinen Geist!“ Über seinem Haupt ist eine aus Zedernholz gefertigte und mit Gips überzogene Tafel angebracht, in welcher dem Befehl des Landpflegers Pilatus gemäß die Worte:
„Jesus aus Nazareth, König der Juden“ in drei Sprachen, oben hebräisch, in der Mitte griechisch und unten lateinisch eingegraben sind.
Es war römische Sitte, das Verbrechen des Verurteilten, wenn dieses nicht gemeiner, sondern politischer Natur war, gewöhnlich mit Nennung seines Namens und Vaterlandes auf eine mit Gips überzogene Tafel zu schreiben, diese durch einen hinter dem Führer der Eskorte reitenden Soldaten zur Richtstätte bringen und die Inschrift von Zeit zu Zeit laut ausrufen zu lassen; schließlich wurde die Tafel am Kreuz über dem Haupt des Verurteilten befestigt. Gemeine Verbrecher trugen die Schuldtafel am Halse; an der Richtstätte wurde sie ihnen abgenommen und entweder weggeworfen oder am Fuße des Kreuzes niedergelegt, an welchem sie den Tod zu erleiden hatten.
Pilatus wollte mit der Inschrift, die er für Jesus angeordnet, die Führer der Juden dafür strafen, dass sie ihm die Verurteilung Jesu abgetrotzt hatten, und deshalb wies er auch deren dringliches Verlangen, dass die Inschrift geändert werde, entrüstet mit den Worten zurück: „Quod scripsi, scripsi!“ d.h. „Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben!“
Zu Rom in der Kirche des hl. Kreuzes von Jerusalem befindet sich das hier abgebildete Stück einer Tafel,
welche das Wort „Nazarenus“ und den Anfang des folgenden Wortes, welches „König“ bedeutet, mit griechischen und lateinischen Buchstaben, von der Rechten zur Linken geschrieben, trägt, während von der hebräischen Schrift, die darüber stand, nur noch ganz geringe Spuren, nur einige Enden alt-hebräischer Buchstaben, sichtbar sind. Man hat angenommen, dass die Juden den auch ihnen heiligen Namen „Jesus“ und den Titel „König der Juden“, an welchem sie sich so sehr stießen, abgeschnitten und den Rest der Tafel mit dem Schimpfnamen „Nazarener“ samt dem Kreuz in die Grube geworfen haben, in welcher die hl. Helena, die Mutter des Kaisers Konstantin des Großen, beides nebst den Kreuzen der zwei Schächer fast 300 Jahre später aufgefunden hat. Gründliche Kenner des jüdischen und christlichen Altertums haben sich mit aller Entschiedenheit dafür ausgesprochen, dass das Bruchstück dieser Tafel unecht sei und fälschlich als ein Bestandteil der seiner Zeit am Kreuz Christi befestigten Tafel angesehen werde. Aller Wahrscheinlichkeit nach war diese Tafel in folgender Weise beschrieben:
Das oben stehende Hebräische ist folgendermaßen von rechts nach links zu lesen: iesch ha-ozzi mélekh hai hudim.
 Zur Rechten des Heiland hängt ein Missetäter, Dismas (17) mit Namen, dessen Hände und Füße in einfacher Weise am Kreuz mit Stricken festgebunden sind; zu seiner Linken hängt ebenfalls ein Verbrecher, Gesmas (18), der einer verschärften Todesstrafe dadurch unterworfen ist, dass seine beiden Arme mit Stricken vollständig an den Querbalken des Kreuzes festgebunden sind, eine Kreuzigungsart, durch welche zwar eine Verzerrung und Verrenkung der äußeren und inneren Organe des Oberleibs verhindert, dagegen aber eine entsetzliche Qual in den beiden Armen und in den beiden Schulterblättern herbeigeführt ist.
Beide Missetäter waren, wie man aus ihren Reden entnehmen muss, Juden und hatten - der Eine bekennt es laut - den Tod verdient. Vermutlich waren sie Reste einer versprengten, aufrührerischen Bande, die sich dem Räuberhandwerk ergeben
hatten und darum bei ihrer Ergreifung der ganzen Strenge des Gesetzes verfielen. Der Evangelist Markus nennt sie ausdrücklich: „Räuber“. Der Eine von ihnen, Dismas, tat Buße und fand Gnade; der Andere, Gesmas, verharrte in der Sünde und lästerte. Grimm oder Zerknirschung aus Reue sind die zwei einzigen Empfindungen, welche dem Verurteilten im Augenblick der Hinrichtung übrig bleiben, Grimm gegen die menschliche Gesellschaft oder Reue über seine Sünden!
Der Grimm des unbußfertigen Sünders wendete sich gegen Jesus, zu dem er höhnisch sprach: „Bist du denn nicht der Messias? Zögere also nicht, hilf dir und damit auch uns!“ Der Andere aber wies ihn zurecht, indem er sprach: „Nicht einmal du fürchtest Gott, da du in gleicher Strafe bist, und wir zwar mit Recht, denn was unsere Taten verdienen, empfangen wir, dieser aber hat nichts Unrechtes getan!“
Eine alte Legende lässt den guten Schächer schon mit dem Kinde Jesus zusammenkommen. Es braucht aber bei Würdigung der Tatsache, mit welcher Bestimmtheit Dismas die Unschuld Jesu behauptete, weder auf dieses noch darauf, dass er später etwa von Jesus gehört habe, ein Gewicht gelegt zu werden, da alles, was er am Kreuz in diesem Augenblick sah und hörte, die Unschuld Jesu verkündete.
Die Kreuzesüberschrift enthielt keine Schuld, und die Lästerungen, welche man gegen Jesus ausstieß, waren vielmehr Zeugnisse für ihn; die Art wie er litt, schwieg, sprach, betete und danach starb, erfüllte selbst die heidnischen Soldaten mit einem heiligen Schauer. So leidet und stirbt ein Schuldiger nicht!
In der Bitte des reuigen Schächers: „wenn du kommst einst in deine Königsherrschaft, gedenke meiner!“ - lag ein feierliches Glaubensbekenntnis. Der Bitte entsprach die Gewährung, die Jesus in eine populäre, allgemein verständliche Formel kleidete: „Wahrlich ich sage dir, heute wirst du mit mir sein im Paradies!“
Der Trost und die Zuversicht, welche diese Verheißung in ihm begründete, spricht sich darin aus, dass er ungeteilten Blickes zu Jesus emporschaut, durch welchen ihm diese tröstliche Versicherung geworden ist.
Dem Kreuz des Heilandes zugewendet steht der römische Hauptmann Ktesiphon (19), auf welchen alles, was er an dieser Stelle gesehen und gehört, einen solchen Eindruck gemacht hat, dass er bei dem Ruf des verscheidenden Heilands „Es ist vollbracht! Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist!“ in die Worte ausbricht: „Wahrhaftig, Sohn Gottes war dieser!“
Der Hauptmann erkannte in Jesus etwas Übernatürliches, wofür er keinen anderen Namen hatte als „Sohn Gottes“. Ein furchtbares Verbrechen, so denkt Ktesiphon, ist hier begangen worden. Kein Schuldiger hing am Kreuz, sondern ein Heiliger, ein Weiser, ein blutiges Opfer entfesselter Volkswut, dergleichen die Geschichte nur zu viele aufzuweisen hat. Einer der Edelsten hauchte am Kreuz, am Holz der Schmach, den Geist aus!“
Zur Rechten des Hauptmanns ist die ihm unterstellte Mannschaft (20), soweit sie die Wache Jesu bildete. Sie teilt sich, nachdem sie das blutige Werk der Kreuzigung vollbracht und über dem Haupt Jesu die Tafel mit der Inschrift befestigt hat, in die Kleider Jesu, die ihr von Rechtswegen gehörten, und hält Wache, damit keiner der Verurteilten etwa durch seine Freunde herabgenommen oder irgend ein Unfug getrieben werde.
Die Kleidungsstücke Jesu bestanden aus dem Hüftkleid, dem Hemd oder Unterkleid mit langen anliegenden Ärmeln, aus dem ungenähten Rock oder Oberkleid mit kurzen, weiten Ärmeln, griechisch chiton, lateinisch tunica genannt, aus dem Mantel, dem Gürtel und den Sandalen.
Das Hüftkleid und das Unterkleid waren von Leinen, Oberkleid und Mantel von gefärbter Wolle, der breite Gürtel bunt gewebt oder gleich dem Unterkleid weiß. Jesua hatte sich, wie dies vorgeschrieben war, selbst entkleidet bis auf das Hüftkleid, das er gleich den Priestern immer trug. Der Hauptmann gestattete dies Verhüllung, da auch der Römer ganz nackte Schaustellungen mied. Da die Kleider als Beute betrachtet wurden, so geschah ihre Austeilung wie die einer Kriegsbeute durch das Los. Sie machten, so sagt der Evangelist Johannes, vier Teile: einem jedem Soldaten einen Teil und dem Rock. Die vier Stücke: Mantel, Hemd, Gürtel und Sandalen würfelten sie unter sich aus, über den Rock aber, weil er ungenäht war, warfen sie noch besonders das Los, damit - so fügt derselbe Evangelist bei - die Schrift erfüllt wurde, welche sagt. „Sie teilen meine Kleidung unter sich und um mein Gewand werfen sie das Los!“ (Psalm 21, 19.)
Nach der Überlieferung war dieser Rock von der Jungfrau Maria gewoben und kam durch die hl. Kaiserin Helena in den Besitz der Domkirche ihrer Residenzstadt Trier, wo er nachweisbar seit 1196 von Zeit zu Zeit feierlich zur Verehrung ausgestellt wird. Die letzte Ausstellung war im Jahr 1844 vom 18. August bis 6. Oktober.
Außer den vier Soldaten, welche die Kreuzigung vollzogen haben, sieht der Beschauer noch andere Legionssoldaten auf dem Hügel Golgatha, welche das Erscheinen Unberufener in der Nähe der Kreuze zu verhüten haben, darunter einen, der mit der Lanze in der Hand dasteht, um auf den Wink des Hauptmanns heranzueilen und die Seite Jesu zu öffnen. Die Legende nennt ihn Longinus (21) und lässt ihn gleich dem Hauptmann Ktesiphon, unter dessen Befehl er steht, gläubig werden.
Links vom Hauptmann stehen zwei Mitglieder des Hohen Rates (22 und 23), welche über dem Kreuze Christi angebrachte Inschrift genau besichtigen und den ihnen anstößigen Inhalt einigen ihrer Gesinnungsgenossen, die am Fuß des Golgatha stehen, mitteilen, damit sie denselben dem Annas und Kaiphas hinterbringen.
In der nächsten Umgebung dieser Ratsherren sieht der Beschauer vier Gruppen von Personen, die teils Verwandte, teils Anhänger und Verehrer Jesu sind und bei dem nahenden Tod Jesu vom Hauptmann die Erlaubnis erwirkt haben, näher an das Kreuz heranzutreten.
Die erste Gruppe bilden Maria (24), die von Schmerz durchbohrte Mutter des gekreuzigten Heilands, Maria Klopä (25), die Schwester der Gottesmutter Maria, und Johannes (26), der Sohn des Zebedäus und der Maria Salome, des Heilands Lieblingsjünger.
Die zweite Gruppe bilden Maria Magdalene (27), die seit ihrer Bekehrung von der innigsten Liebe zu Jesu erfüllt ist, Maria Salome (28), die Mutter des Johannes.
Die dritte Gruppe bilden Simon von Eyrene (29), der aus Afrika zum Osterfest nach Jerusalem gekommen und von den römischen Soldaten angehalten worden war, Jesu das schwere Kreuz abzunehmen und dasselbe eine Strecke des Wegs zu tragen, Susanna (30), des Synagogenvorstehers Jairus Frau oder Witwe, deren 12 jähriges Töchterchen der Heiland vom Tod erweckt hatte, und Johanna (31), des Herodianischen Königsbeamten Chuza Gemahlin, welche Jesus die wunderbare Heilung ihres todkrank darnieder liegenden Sohnes zu verdanken hatte.
Die vierte Gruppe bilden Nikodemus (32), ehedem ein heimlicher, jetzt ein offener Anhänger Jesu, und ein Mitglied des hohen Rates, der reich begüterte Joseph von Aritmathia (33), der mit der Verurteilung Jesu nicht einverstanden war und jetzt den Tod Jesu abwartet, um sich sofort von dem Landpfleger Pilatus die Erlaubnis zu erwirken, in seinem dem Hügel Golgatha gegenüberliegenden Felsengrab die Leiche Jesu beizusetzen.
Im Hintergrund dieser vier Gruppen stehen Männer und Frauen, die aus Mitleid dem Heiland auf die Richtstätte gefolgt sind, darunter Veronika (34), eine Jüdin aus Paneas (Caesarea Philippi), welche vom Heiland wundervoll von einer Krankheit geheilt worden war.
Die Überlieferung bezeichnet diese Veronika als dieselbe Person, welche sich in Jerusalem, als Jesus mit dem schweren Kreuz an ihrer Wohnung vorüberging, mitten durch die Menge des Volkes und die Soldaten drängte und, zu Jesu Füßen niederfallend, ihm zum Abtrocknen seines blutigen Angesichts ein Schweißtuch reichte, in welches dann der Heiland sein Angesicht abdrückte.
Dieses Leintuch der hl. Veronika mit dem Abdruck des schmerzvollen Antlitz Jesu wird unter dem Namen Volto Santo „Heiliges Angesicht“ zu Rom in der St. Peterskirche aufbewahrt.
Der aus Bethanien herbeigeeilte Lazarus (35), den Jesus kurze Zeit vor dem Tod erweckt hatte, und seine Schwester Martha (36), treten in die unmittelbare Nähe des Kreuzes, auf jedes Wort Jesu lauschend und sehnsüchtig harrend, ob sie dem Verscheidenden nicht irgend einen Liebesdienst erweisen können.
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Hat der Beschauer des Panoramas die ganze Kreuzigungsgruppe noch einmal überschaut, so mag er seinen Blick über die drei Kreuze hinweg auf jenen Berg senden, der sich an der Nordseite der Stadt Jerusalem erhebt.
Es ist der Berg Skopus, der in der vorchristlichen Zeit durch Alexander den Großen, und in der Zeit nach Christus durch Titus, der im Jahre 70 n. Chr. Jerusalem belagerte, eroberte und zerstörte, eine besondere geschichtliche Bedeutung erlangt hat.
Über diesen Berg Skopus nahm, wie der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus (Altert. IX) berichtet, Alexander der Große seinen Weg, nachdem er Gaza eingenommen hatte, um die Bewohner Jerusalems zu züchtigen. Bei dieser drohenden Gefahr nahm der Hohepriester Jaddus, Sohn und Nachfolger Jochanans, seine Zuflucht zu einer Überraschung: Er ging in vollem Ornate, begleitet von den Priestern und Leviten und einem großen Teil des Volks dem mächtigen Alexander, dem über dem Skopus herabsteigenden Eroberer, entgegen, geleitete ihn in das mit Kränzen reich geschmückte Jerusalem und zeigte ihm die Weissagung Daniels, wonach er das persische Reich stürzen werde. Alexander, betroffen durch das, was er sah und hörte, und an ein früheres Traumgesicht erinnernd, bei welchem eben dieser Hohepriester ihm erschienen war und geraten hatte, getrost gegen Persien zu ziehen, da er siegen und dieses Reich beherrschen werde, bezeigte sich wohlwollend gegen die Juden, machte dem Tempel große Geschenke und gewährte dem Volk unter mazedonischen Befehlshabern große Freiheiten. -
Über den Berg Skopus rückte der römische Befehlshaber Titus im Jahr 70 n. Chr. Von Gophna her gegen die Stadt Jerusalem und ließ dort für zwei Legionen
Lager aufschlagen (Flavius Josephus Jüd. Krieg V. 2, 3.). Von da ging gegen die Stadt selbst vor, eroberte sie und machte sie dem Erdboden gleich, als Heide die Weissagung Christi erfüllend: „dass von dieser Stadt kein Stein auf dem andern bleiben werde zur Strafe dafür, dass ihre Bewohner verstockt blieben“.
An den Skopus schließt sich in südlicher Richtung der Ölberg an, welcher von den westwärts gelegenen Stadt Jerusalem durch das dem Beschauer nicht sichtbare Tal Josaphat geschieden ist. Der nördliche Teil des Ölbergs, gewöhnlich „Berg der Galiläer“ oder kurz „Viri Galilaei“ genannt, ist mit einer Anzahl von Zelten (37) bedeckt, die zur Zeit des Osterfestes regelmäßig von den aus Galiläa kommenden armen Festpilgern aufgeschlagen werden, weil diese bei ihrer Armut in der Stadt Jerusalem selbst kein Obdach finden.
Den südlichen Teil des Ölbergs durchschneidet ein Pass, durch welchen eine Straße zunächst nach dem Weiler Betphage (38) führt, wo Heiland zum Zweck seines feierlichen Einzugs in Jerusalem ein Eselsfüllen bestiegen hatte, uns von da nach dem hinter dem Ölberg gelegenen Bethania, woselbst die Erweckung des Lazarus vom Tode statt hatte.
Der südwestlich von diesem Pass gelegene teil des Ölbergs ist der Berg des Ärgernisses, so genannt, weil das jüdische Volk daran Anstoß nahm, dass ihr König Salomo auf diesem Berg seinen heidnischen Frauen zuliebe einen Götzentempel hatte erbauen lassen. Die Ruinen auf der Höhe (39) bezeichnen die Stätte, an welcher dieser Tempel einst gestanden hatte.
Durch die breite und tiefe Schlucht, welche den Ölberg im Süden teilt, gewinnt der Beschauer des Panoramas eine freie Aussicht auf die Wüste Juda, die in diesem Moment, wo die Sonnenfinsternis auch diesen Teil der Umgebung Jerusalems zu verdunkeln beginnt, durch den über sie ausgegossenen Lichtglanz erkennbar ist.
Hinter dieser Wüste liegt das tote Meer, und hinter diesem sieht der Beschauer die Gebirge von Eilead und Moab, die schon im nächsten Moment durch die Sonnenfinsternis unsichtbar sein werden.
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Kehrt jetzt der Blick des Beschauers von dieser Straße auf den Ort zurück, der unmittelbar zu seinen Füßen liegt, so tritt ihm außerhalb der Mauern der Stadt ein buntes Treiben von den Käufern und Verkäufern entgegen, welche zur Feier des Osterfestes nach Jerusalem gekommen sind und an diesem Platz die richtige Stelle gefunden zu haben glauben, ihre wechselseitigen Wünsche zu befriedigen.
Der Verkehr zwischen diesem Markt und der Stadt vermitteln 3 auf dieser Stadtseite vorhandenen Tore: das Fischtor (seit den Kreuzzügen Richttor genannt) im Norden (40), dem Beschauer des Panoramas in seinem Unterbau nicht ganz sichtbar, weil es durch den vor ihm aufsteigenden Hügel Golgatha teilweise gedeckt ist, das Ecktor (41), auch altes Tor genannt, dem Beschauer gerade gegenüber, und das Gennattor (42) oder Gartentor, rechts vom Standplatz des Beschauers, südwestlich vom Ecktor gelegen und mit diesem durch eine Straße verbunden, die stark von Fremden und Einheimischen begangen und an manchen Stellen von Aussätzigen, die sich ihren Lebensunterhalt durch Betteln verschaffen müssen, förmlich belagert ist.
Zur rechten Seite der vom Generaltor zum Ecktor führenden Straße ist der Hiskia- oder Patriarchenteich sichtbar, der jetzt Amygdalon oder Mandelteich genannt wird. Neuere Forscher sind der Ansicht, dass dieser Teich nicht
„Amygdalon“, sondern „Amygdalim“ (=Turmteich) zu nennen sei von den Türmen Hippikus, Phasel und Mariamne, welche in seiner Nähe standen.
Seine Entstehung verdankt dieser Teich dem König Hiskia von Juda (727 - 698 v.Chr.), von den Juden gewöhnlich „Ezechias“ genannt, der nach dem Bericht nach der hl. Schrift (Sirach 48, 49; 4 Kön. 20, 20 und 2, paral. 32, 30) den Abfluss des oberen Eihonteichs durch einen unterirdischen Kanal nach der Stadt hingeleitet hat.
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Im Hintergrund dieses großen zum Handel benützten Platz steht
die Stadt Jerusalem,
rings von hohen Mauern umgeben, die nicht verkennen lassen, dass diese Stadt im Laufe der Zeiten gewaltige Angriffe erlitten habe.
In jenem Teile der Stadt, welcher zwischen dem Standpunkt des Beschauers und dem Ölberg liegt, fesseln 4 großartige Bauwerke unwillkürlich den über die Häusermenge schweifenden Blick - es sind dies in der Nordwestecke die Antonia, südöstlich von dieser der Tempel und in unmittelbarer Nähe von diesem der Xystus und der Palast der Hasmonäer.
Die Burg Antonia (43).
In der Gegend, in welcher die Burg Antonia sich erhebt, stand ursprünglich ein von Salomo oder einem der ihm zunächst folgenden Könige aufgeführtes Gebäude, welches bei Rehemias (2, 8) „Bira beim Hause des Herrn“, d.h. eine in der Nähe des Tempels gelegene Burg genannt wird. Dieses Gebäude, in der griechisch-syrischen Zeit „Baris“ genannt und später von Johannes Hyrkanus I durch einen starken Turm namhaft verstärkt, wurde von Herodes dem Großen umgebaut und seinem Gönner und Freund Antonius zu Ehren „Antonia“ genannt.
Das Innere der Antonia hatte die Einrichtung und die Räumlichkeiten eines Palastes und war in Gemächer jeder Art eingeteilt, in Hallen, Bäder und geräumige Kasernhöfe, so dass die Ausstattung ihr das Ansehen einer Stadt für sich, die Pracht ihr das Ansehen eines Königspalastes verlieh.
Das Ganze sah von Außen wie ein riesiges Festungswerk aus und war auf den Ecken mit 4 Türmen versehen, von welchen drei ungefähr 28 m, der vierte dagegen an der Südostecke, also dem Tempel zugewendet, ungefähr 39 m Höhe hatte, so dass man von ihm aus den ganzen Tempelplatz überschauen konnte.
Zur Zeit der Belagerung der Stadt durch Titus bildete diese Burg einen der festesten Stützpunkte für die aufständischen Juden gegenüber den Angriffen der römischen Legionen, wurde aber schließlich von letzteren überrumpelt und in der Folge dem Erdboden gleichgemacht.
Lange Zeit ist diese Burg Antonia irrtümlicherweise als jener Ort betrachtet worden, an welchem der Heiland von dem Landpfleger Pontius Pilatus zum Tode verurteilt wurde. Den neuesten Forschungen zufolge diente aber die Burg Antonia unter dem Landpfleger Pontius Pilatus der römischen Besatzung als Kaserne, Pontius Pilatus dagegen residierte in dem von Herodes dem Großen erbauten Palast, in der Herodianischen Königsburg, welche der Beschauer später in Nähe des Hiskiateiches erblicken wird.
Der Tempel (44).
Der Tempel, welchen König Salomo auf dem Berge Moriah von 1012 bis 1005 v.Chr. erbaut hatte, wurde im Jahr 588 v.Chr. unter der Regierung des jüdischen
Königs Zedekia von dem chaldäischen König Nebukadnezar (Nabuchodonosor) zerstört. Nach der Rückkehr der Juden aus der babylonischen Gefangenschaft im Jahr 536 v.Chr. wurde der Tempel auf der Grundlage des zerstörten wieder aufgebaut, aber nur bis zur halben Höhe, und im März 515 v.Chr. eingeweiht. Man nannte diesen Tempel, zu dessen Aufbau der jüdische Fürst Serubabel sehr viel beigetragen hatte, den „Serubabelischen Tempel“.
Im Jahr 23 v.Chr. schritt König Herodes der Große zum Umbau des Serubabelischen Tempels und stellte ihn in der Weise her, wie ihn das Panorama der Beschauung bietet.
Das Tempelgebäude, in welches nur der Hohepriester und die Priester Zutritt hatten, war aus weißem Marmor aufgeführt und hatte eine dem Ölberg zugewandte Halle von nahezu 67 m Höhe, durch welche man in das Heiligtum und in das Allerheiligste gelangte. Das an die Vorhalle sich rückwärts anschließende Gebäude, in welchem das Heiligtum und das Allerheiligste sich befand, hatte eine Höhe von ungefähr 56 m. Nach seinen 4 Seiten war das Tempelgebäude von dem Priestervorhof umschlossen, und außer diesem waren noch 4 andere Vorhöfe vorhanden, nämlich: der Levitenvorhof, der Stationsvorhof (welcher den Vertretern der ganzen jüdischen Nation reserviert war), der Judenvorhof, auch Frauenvorhof genannt, und der alle diese Vorhöfe und das Tempelgebäude nach 4 Seiten hin umschließende Tempelvorhof. Dieser letztere war ein mit Mauern und Säulengängen umschlossenes unregelmäßiges Viereck, welches innerhalb der Mauern nahezu 1533 m an Umfang hatte. Bei der Eroberung Jerusalems durch Titus im Jahr 70 n.Chr. wurde der Herodianische Tempel gänzlich vernichtet.
Einen genauen Einblick in dieses großartige Bauwerk vermittelt der beigefügte Grundriss des Herodianischen Tempels samt der Erklärung.
Der Xystus (45).
Dieser war ein mit einer gedeckten Säulenhalle umgebener freier Platz, welcher als Rennbahn und zur Abhaltung von Kampfspielen eingerichtet war, manchmal auch zu Volksversammlungen diente. Der griechisch gesinnte Hohepriester Jason, welcher dem jüdischen Volk von dem König Antiochus IV von Syrien (175 - 164 v.Chr.) aufgedrungen worden war, erbaute den Xystus, der auch „Gymnasium“ genannt wurde, zum großen Ärger der orthodox und national gesinnten Juden unter der Akropolis d.h. unter dem Tempel, und bot alles auf, das Volk dem Mosaischen Gesetz zu entfremden. An diesem Xystus stellte sich später Titus auf, nachdem er den Tempel erobert hatte, um die besiegten zur Unterwerfung aufzufordern.
Der Palast der Hasmonäer (46).
Wie schon die Bezeichnung sagt, wird die Erbauung dieses Palastes den Hasmonäern zugeschrieben, aber es ist keine Nachricht auf uns gekommen, welcher von den hasmonäischen Fürsten der eigentliche Erbauer gewesen ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach fällt der bau in das Ende des 2. Jahrhunderts v.Chr., in das Jahr 105 v.Chr., denn es ist glaubwürdig überliefert, dass dieses Gebäude seit der Regierung des hasmonäischen Fürsten Alexander Jannäus (105 - 79 v.Chr.) die gewöhnliche Residenz der Hasmonäer gewesen ist.
Der Idumäer Herodes, im Jahr 40 v.Chr. vom römischen Senat zum König von Judäa ernannt, setzte sich im Jahr 37 v.Chr. mit Hilfe römischer Truppen in den besitz der Stadt Jerusalem und bezog im Jahr 30 v.Chr., von Oktavius in seiner Würde bestätigt, den Palast der Hasmonäer, den er erst verließ, als er sich an der nordwestlichen Seite der Oberstadt einen neuen Palast erbaut hatte, die herodianische Königsburg, welche zum Unterschied von dem etwas niedriger gelegenen Palast der Hasmonäer gewöhnlich „der obere Königspalast“ genannt wurde.
Als nach dem Tod Herodes des Großen die herodianische Königsburg zunächst den römischen Befehlshabern als Aufenthaltsort und Standquartier, und seit der im Jahr 6 n.Chr. erfolgten Verbannung des Archelaus von den römischen Landpflegern als Residenz während ihrer Anwesenheit in Jerusalem benützt wurde, mussten sich die Mitglieder der Herodianischen Königsfamilie wieder mit dem Besitz des Palastes der Hasmonäer begnügen.
In diesem Palast residierte in der Zeit, zu welcher Christus vor den Richterstuhl des Pontius Pilatus gestellt wurde, der Vierfürst Herodes Antipas von Galiläa, der zum Osterfest nach Jerusalem gekommen war. Hier wurde Jesus, den Pilatus dem Herodes vorführen ließ, zum Spott mit einem weißem Gewand bekleidet und dann zu Pilatus zurückgeschickt.
Wendet sich der Beschauer vom Palast der Hasmonäer nach rechts, so hat er den südlichen Teil Jerusalems und im Hintergrund einen durch das Hinnomtal von der
Stadt geschiedenen Höhenzug vor sich, welcher ursprünglich har hakk-brim, d.h. Berg der Gräber, später Berg des Hakeldama (=Blutacker) genannt wurde. Von den Franken wurde er „Berg des bösen Rates“, von den Arabern wird er Djebel Abu Tr genannt.
Berg des bösen Rates heißt die Anhöhe, weil auf ihr das Landhaus des Hohenpriesters Kaiphas (47) stand, in welchem die Oberpriester und Schriftgelehrten mit Judas Ischkarioth über die Auslieferung Jesu unterhandelten.
Die Bezeichnung „Berg Hakeldama“ (=Berg des Blutackers) kommt daher, dass ein zu ihm gehöriges Gebiet, welches ursprünglich Eigentum eines Töpfers war, nach einem Beschluss der Oberpriester um die von Judas in den Tempel geworfene dreißig Silberlinge, also um Blutgeld, als Begräbnisplatz für Fremde erkauft wurde. Bis zum 18. Jahrhundert waren die Gräber daselbst sehr gesucht und wurden oft teuer bezahlt, weil man den Wahn hegte, was dort begraben werde, sei frei von aller Rechenschaft für seine Sünden. Von der Meinung beherrscht, der Thon von Hakeldama besitze die Kraft, Leichname in weniger als 24 Stunden zu verzehren, ließen im Jahre 1208 die Pisaner ganze Schiffsladungen von dieser Erde holen und füllten damit die Höfe ihres prächtigen Campo Santo aus.
Das von den Gebäuden Jerusalems überschnittene Tal Hinnom, von Westen kommend, legt sich um die Südwest- und Südseite der Stadt herum. In der alten Zeit hieß dieses Tal, insoweit es die Südwestseite Jerusalems umgab, das Hinnomtal oder genauer ge bene hinnom, d.h. Tal der Kinder des Gestöhns.
Vorzugsweise haftete dieser Name an der unteren Hälfte dieses Tals (heute Wdi er - Rebbi). In dieser Gegend wurden im Altertum dem Götzen Moloch Kinder als Opfer gebracht, wobei die Könige Achatz (742 - 727 v.Chr.) und Manasse (698 - 643 v.Chr.) selbst ihre eigenen Söhne nicht schonten (4 Kön. 16, 3; 21, 6 und 23, 10). Der Prophet Jeremias bekämpfte diese Verirrungen, und der König Josias (641 - 610 v.Chr.) machte die durch den Molochdienst verunreinigte Stelle zum Gegenstand des Fluchs. Man nannte sie Tophet (= Brandstätte), weil dort ständig ein Feuer unterhalten wurde, um den aus der Stadt dahin verbrachten Unrat zu verbrennen und dadurch die Entstehung pestartiger Krankheiten zu verhüten. Noch in späterer Zeit war diese Stelle der jüdischen Bevölkerung ein Gegenstand der Abscheu, daher das Wort „Ehenna“, aus g ben hinnm abgekürzt, soviel als „Hölle“ bedeutet mit Beziehung darauf, dass der an diesem Ort abgelagerte Unrat als Sinnbild des Sündenschmutzes, das Feuer aber, welches dort ständig unterhalten wurde, als Sinnbild der die Gottlosen im jenseits erwartenden Qual genommen wurde. -
Kehrt der Beschauer vom Hinnomtal in den südlichen Teil der Stadt Jerusalem zurück, so sieht er an der Nordwestseite dieses Stadtteils ein die ganze Umgebung beherrschendes Bauwerk:
Die Herodianische Königsburg (48a und b).
An dieser sind 2 Teile zu unterscheiden, die befestigte Burg und der südlich davon stehende Palast, beides von Herodes dem Großen erbaut.
Die Burg oder Feste (48a) schließt 3 Türme in sich: den Hippikus, den Phasael und die Mariamne. Der Hippikus, welcher an der Nordwetecke steht und von dem Phasael, der von ihm östlich steht, mehr als zur Hälfte verdeckt wird, war von Herodes nach seinem Freund, der Phasael nach seinem Bruder, und der Turm Mariamne nach seiner Gemahlin, des Hohenpriesters Hyrkan II Enkelin, benannt worden. Die Höhe des Hippikus beträgt 45 m, die des Phasael 50 m, und jene der Mariamne 36 m.
 Als Titus die Stadt Jerusalem eroberte, erließ er den Befehl, diese 3 Türme, welche von den Verteidigern zum Teil abgetragen waren, unberührt zu lassen als Denkmäler des Bollwerks, das er bei Eroberung dieser Stadt zu bezwingen hatte. Einer dieser Türme, der Phasael, wird von Vielen als der in der hl. Schrift vielgenannte „Turm Davids“ angesehen, aber mit Unrecht, denn letzterer stand gar nicht in dieser Gegend, sondern südlich vom Tempel in der Unterstadt bei der Akra und war samt dieser im Jahre 142 v.Chr. von dem Makkabäerfürsten Simon vollständig geschleift worden, damit er nicht wieder, wie das lange Zeit geschehen war, von den Siegern als Zwingburg gegen die Bewohner Jerusalems gebraucht werden könne.
Der von Herodes erbaute Palast (48b) steht südlich von der befestigten Burg. Die zwei Flügel dieses Baues hat Herodes nach seinen zwei Gönnern und Freunden, nach Cäsar Oktavanius und Agrippa, Kaisaraion und Agrippeion benannt.
Hinter dem Palast liegt ein Park, mit allem ausgestattet, was durch Geld und Kunst hergestellt werden konnte. Nach dem Tod Herodes des Großen wurde dieser Palast von dem römischen Quästor Sabinus besetzt, musste aber von denselben an Archelaus, einen der Söhne Herodes des Großen, hinausgegeben werden. Als dieser im Jahr 6 n.Chr. als Ethnarch von Judäa. Jdumäa und Samaria entsetzt und nach Bienne in Gallien verbannt wurde, kam die Herodianische Königsburg in die Hand des römischen Landpflegers Koponius und seiner Amtsnachfolger. Da Pontius Pilatus, der vierte Nachfolger des Koponius, in diesem Palast residierte, so sind alle Orte, welche mit der unter Pilatus stattgefundenen Verurteilung des Erlösers verknüpft sind, wie z.B. das Prätorium, das Lithostroton oder Gabbatha in diesem Palast zu suchen.
Der Berg, welchen der Erlöser zur Stätte des Todes ging, der wahre Kreuzweg, führte somit vom vormaligen Palast des Herodes aus der Oberstadt durch das Gennattor zum naheliegenden Golgatha.
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Wendet sich der Beschauer vom Turm Phasael aus nach rechts, so findet er die Reste einer orientalischen Mühle (49) und hinter diesen einen riesigen Pinienbaum (50), dergleichen das gelobte Land zur Zeit des Erdenwandels Christi sehr viele aufzuweisen hatte, während heutzutage im ganzen Land nur mehr an einem Ort, im Kloster der Armenier zu Jerusalem, ein Exemplar von solchem Umfang zu finden ist.
Hiermit ist der Beschauer des Panoramas an den Punkt zurückgekehrt, an welchem er seinen Rundgang begonnen hat. Der Panoramaführer scheidet unter dem herzlichen Gruß:
Gott befohlen!

Moritur in Deo
Ölgemälde von Bruno Piglhein.
Illustrierte Zeitung“, No. 1972 vom 16.April 1881
Es liegt eine wunderbar tiefe Symbolik in den Ostern der nördlich gelegenen Länder:
Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick;
Im Tale grünet Hoffnungsglück:
Der alte Winter in seiner Schwäche
Zog sich in raue Berge zurück.“
In den Tagen, in welchen die Natur, aus den Banden des Winters erlöst, zu neuem Leben erwacht, feiert die christliche Kirche das Gedächtnis? An die sittliche Befreiung des Menschen von der Sünde über den Willen durch den freiwilligen Kreuzestod des Gottessohnes.
Es schien nichts näher gelegen, als dass die christliche Kunst sich zunächst eines Stoffs bemächtigen würde, der ihr gestattete, das große Geheimnis der Erlösung mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln zum Ausdruck zu bringen. Wenn das gleichwohl drei Jahrhunderte hindurch nicht geschah, so hatte es seinen Grund zunächst darin, dass die Kirche der ältesten Zeit jeder Verbildlichung der Gottheit abgeneigt war, und dass sie den Künstlern die bildliche Darstellung Christi gleich von vornherein verleidete, indem sich, auf einige Stellen des Alten Testaments gestützt, bemühte, selben nur in Knechtsgestalt und hässlich aufzufassen. Die Folge davon war, dass man sich begnügen musste, gewisse Figuren als Sinnbild des Gottmenschen gelten zu lassen. Aber bald genügten diese dem Bedürfnis nach sichtbarer Darstellung nicht mehr, und es erscheint Christus in der Gestalt des guten Hirten abgebildet, und zwar in ganz antiker Auffassung, welcher das Hässliche widerstrebte.
Um diese Zeit, insbesondere nach der Konstantin gewordenen Kreuzerscheinung, begann man dem Symbol des Kreuzes überhaupt eine größere Bedeutung beizulegen und dasselbe, bald ohne, bald mit dem Bildnis des Gekreuzigten zu malen oder plastisch darzustellen, wie denn schon Konstantin Kreuze öffentlich aufstellen ließ und ein solches in seine Kriegsfahne aufnahm. Große Schwierigkeiten erwuchsen der Kunst bezüglich der Darstellung Christi überhaupt und des gekreuzigten insbesondere, als man begann, in ihm den Gottmenschen zu sehen; denn war sie auch im Stande, die menschliche Seite darzustellen, so schien doch die göttliche undarstellbar. Vielfache Störungen brachte die Zeit der Bilderstürme des 8. und 9. und der Reformation des 16. Jahrhunderts.
Zu allen Zeiten und bei allen Völkern suchte die bildende Kunst der großen Aufgabe gerecht zu werden, die in der Darstellung desjenigen Moments liegt, welche das Erlösungswerk abschließt, und es gibt kaum einen großen Meister, der sich darin nicht versuchte.
Und das tat, trotz des starken realistischen Zugs, der die heutige Kunst beherrscht, auch unser Künstler, und zwar in einer Weise, der zum mindesten Mangel an Neuheit der Auffassung nicht vorgeworfen werden kann. Er zeigt uns Christus an dem Kreuz erhöht, von Licht umwoben, das von oben aus dunkeln Gewölk bricht und den für seine große Idee sich Opfernden geheimnisvoll umflutet. In dem Augenblick, da Leib und Seele sich scheiden, ist ein Engel vom Himmel herabgeschwebt und drückt, vornübergebeugt, einen letzten Kuss auf die Stirn des Sterbenden, der nun sein großes Erlösungswerk vollendet hat. Idealisten und Realisten haben in dem Bilde mit den lebensgroßen Figuren Anlass zu Bedenken gefunden. Jenen erschien die Behandlung zu realistisch; diese konnten sich wiederum mit der idealen Erscheinung eines Engels nicht befreunden. Gleichwohl scheinen jene übersehen zu haben, dass, was einmal realiter in das Gebiet des Sichtbaren tritt, auch realiter dargestellt werden darf; diese, dass der ideale Gegenstand auch eine ideale Auffassung forderte.
Bruno Piglhein ist 1848 in Hamburg geboren, protestantischer Konfession (nicht Israelit, wie gesagt wurde), widmete sich in Dresden unter Schilling der plastischen Kunst, ging dann in Weimar zur Malerei und bildete sich hierauf in München ohne Lehrer weiter darin aus. Größere Arbeiten von ihm besitzen unter anderen Baron Heinrich von Ohlendorff in Hamburg, Bankier W. Behrens ebendort. – Unserm Holzschnitt ist die Aumüller erschienene Radierung Wilhelm Hecht’s, des geachteten Münchener Xylographen, der in der letzten Zeit zur Nadel griff, zu Grunde gelegt.
Karl Albert Regnet.
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Illustrierte Zeitung. Nr. 2665. Vom 28. Juli 1894.
Bruno Piglhein
Durch einen Tod, der nicht mehr unerwartet kam, ist am 15. Juli Elimar Ulrich Bruno Piglhein nach längerer Krankheit im Alter von 46 Jahren aus dem Leben geschieden. Er selber hat damit Erlösung von schwerem Leiden gefunden, das seit Jahr und Tag schon seine einstige Frische untergraben hatte; die deutsche Malerei unserer Zeit aber trauert um einen ihrer kraftvollsten und selbständigsten Meister, und wehmütig blickt man auf ein Künstlerdasein zurück, das an Verheißungen reich war, und dem es doch versagt blieb, sich ganz zu erfüllen.
Am 19. Februar 1848 in Hamburg als Sohn eines Dekorateurs geboren, war Piglhein unter künstlerisch anregenden Eindrücken aufgewachsen und in der Meinung, zum Bildhauer berufen zu sein, nach Abschluss der Schuljahre in die Hamburger Werkstatt von Lippelt eingetreten. Nach dessen Tod ging er 1867 nach Dresden, wo er zwei Jahre lang die Akademie besuchte und dann in Schilling’s Atelier arbeitete. Hier entstanden eine Brunnenfigur und die Gruppe einer Märchen erzählenden Großmutter, die jedoch mehr malerische als plastische Begabung verrieten. Auf einer italienischen Reise kam dem jungen Künstler, der sich als Maler zuerst in einem Porträt seiner Schwester versuchte, die gleiche Erkenntnis. In Weimar bei Pauwels und dann 1870 in München bei Dietz suchte er nun fernere Ausbildung, ohne indes hier oder dort sich länger gefesselt zu fühlen. Von zwei Seiten her wirkten stärkere Einflüsse auf ihn ein, von Makart, dem damals gefeierten Koloristen, und von dem phantasiegewaltigen Böcklin, den einstweilen noch wenige Auserwählte zu würdigen wussten. Auf jenen weist eine Reihe glänzender dekorativer Arbeiten zurück; an Böcklin’sche Stimmungen aber erinnert eine Anzahl idealer Kompositionen, in denen wir die Phantastik der Zentaurenwelt, die Sinneslust des Bacchanals, die Freude am Gewoge des Meeres ihren malerischen Ausdruck finden.
Nur einzelne dieser Schöpfungen sind wenigstens späterhin in die größere Öffentlichkeit herausgetreten. Von den meisten ist in weitere Kreise nur ebenso flüchtige Kunde gelangt wie von den verschiedenartigen sonstigen Arbeiten der Werdezeit des Künstlers. Erst 1879, als man im engeren Kreise ihn längst als hochbegabten Maler schätzte, machte sein „Moritur in Deo“ seinen Namen mit einem Schlage bekannt. Dann gaben allerdings bald wieder seine pikanten Pastelle, die 1882 ihren siegreichen Zug durch die Ausstellungen antraten, und wenige Jahre später das Panorama der Kreuzigung, das 1886 Bewunderung erweckte, erneuten Anlass, sich über sein Schaffen lebhaft zu erregen.
Nicht das religiöse Motiv war es, das den Künstler zu dem „Moritur in Deo“ betitelten Kreuzigungsbilde begeisterte, sondern ein wesentlich malerischer Gedanke von ausgesprochen moderner Färbung. Aus zerrissenem Gewölk taucht das Kreuz mit der nackten Gestalt des Erlösers hervor, emporgehoben über die gemeine Wirklichkeit in eine ideale Welt dichtender Phantasie, in der sich die große Vorstellung der Überwindung alles Irdischen zu einer Vision von packender poetischer Gewalt verkörpert. Ein letztes Ausklingen wilden Schmerzes durchzuckt die Glieder des
Sterbenden; das aufwärts gewandte Auge aber verklärt sich zu seligem Schauen, und wie der mild versöhnende Friede der Nacht, die ihre Schatten tröstend über Leid und Not ausbreitet, neigt sich, von dunkeln Schleiergewändern umflossen, über dem Verendenden ein breitbeschwingter Engel herab, um ihm den Erlösungskuss auf die erkaltete Stirn zu drücken. Eine Schilderung des Sterbens in großer Auffassung, ebenso ideal gedacht wie mit strengem Studium der Natur durchgeführt, ist das Bild eine von allem Zwang der Überlieferung völlig freie, neue und eigenartige, von versöhnlichstem Empfinden durchtränkte, aus echt malerischer Anschauung geborene Schöpfung von stark modernem Gepräge.
Im Grunde war Piglhein in diesem Werke derselbe Meister, als der er nach wenigen Jahren in seinen geistreichen Pastellen sich zeigte. So sehr das veränderte äußere Gesicht überraschen mochte, so wenig konnte ein tiefer dringender Blick das gleiche nervöse Empfindungsleben des zwischen dem flüchtigen Genießen der schimmernden Oberfläche der Dinge und dem Entfliehen in erträumte Reiche tieferer Schönheit hin und hergetriebenen Menschen unserer aufgeregten, hastenden, unbefriedigten Zeit verkennen. Das Urteil aber blieb zumeist an der Außenseite hängen. Während der von lustig zerfließendem Schleier umrahmte, streng und schön geformte Kopf der „Béatrice“ mit seinem sehnsuchtsvollen Blick bewundert wurde und die anmutigen, ihr Hündchen oder ihre Katze, das Spielzeug oder die goldige Orange liebend an sich pressenden nackten Buben und Dirnen, die mit weitgeöffneten, ahnungsvoll verlangenden Augen wie Murillo’sche Engel in die Welt hinausschauten, vor jedermann Gnade fanden, riefen die graziösen Vertreterinnen des modernen Chic, die der Künstler mit ihren schlanken Taillen, mit dem kokett getragenen Fächer, mit den geschminkten Lippen und ihrem verführerischen Lächeln bald in elegantester Modetracht, bald in knapper Jockeyjacke oder keck herausforderndem Maskenkostüm als ein Stück echtesten Lebens unserer Tage mit demselben sprühendem Reiz und mit der gleichen leichten und sichern Meisterschaft zu schildern sich gefiel, ein kritisches Entsetzen ob solchen schnöden Abfalls von aller wahren Kunst hervor. Nur das Gegenständliche sah diese Kritik, nicht die Feinheit der künstlerischen Auffassung, den Geist und die Anmut der Darstellung; den seltenen Erfolg konnte sie weder leugnen noch verringern.
Hatte Piglhein durch sein erstes großes Werk Bewunderung erregt, so war er jetzt ein gesuchter Meister geworden. Die schon früher entstandene „Idylle“, jenes hübsche, vom Rücken gesehene nackte Kind, das, an den großen Hund geschmiegt, auf einem Steg über dem Wasser sitzt, ward ein Lieblingskind des Publikums, dem der Künstler nun auch das von vorn geschaute Gegenstück malte; gleich ihm fanden die übrigen Pastelle in Nachbildungen die denkbar weiteste Verbreitung, und reizvoll duftige, vornehm bewegte Pastellporträts von Frauen und Kindern wurden in hohen und höchsten Kreisen begehrt. Eine wahrhaft große, ihn innerlich packende Aufgabe aber trat an Piglhein 1885 mit dem Auftrag heran, für München die Kreuzigung Christi in einem mächtigen Panorama darzustellen, für das er sofort die Studien in Palästina begann, um mit Beihilfe der Maler Frosch, Krieger, A. Heine und J. Block die Riesenarbeit bereits im Mai 1886 zu vollenden. Was er gab war eine Schöpfung von völlig einzig dastehender Art, ein Bild von ebenso reicher Fülle des Lebens wie einheitlich geschlossener, gewaltiger malerischer Haltung. Mit ihren Hügeln und Olivenwäldern, mit den Landstraßen, auf denen die Karawanen zum Osterfest der Stadt zuzogen, lag die Landschaft weit und groß vor dem Beschauer da, im Zuge ihrer Linien die Blicke auf das stolze Jerusalem hinlenkend und auf die von dem zugeströmten Volk umlagerte Höhe von Golgatha mit dem hochragenden Kreuz, an dem der Erlöser inmitten der Schächer seine Seele aushauchte. Meisterhaft fügten sich in die großartige Szenerie die mannigfachsten Episoden von glücklichster Durchbildung ein, ohne doch die Ruhe und Einheit des Ganzen zu stören, und von ergreifendem Eindruck war die fest zusammengehaltene, der geschilderten Tragödie entsprechende gewitterfahle Stimmung von Licht und Luft.
Ein tragisches Geschick hat es gewollt, dass dieses Hauptwerk Piglhein’s im Frühjahr 1892 in Wien ein Raub der Flammen wurde. Was er vor und nach seiner Vollendung neben den schon genannten Arbeiten schuf, sind ausnahmslos Zeugnisse ungewöhnlicher Begabung, doch kaum künstlerische Taten, wie sie von ihm zu erwarten gewesen wären, wenn der rechte Auftrag seine ganze Kraft gefordert hätte. Einigen früheren Madonnenbildern und einem im Augenblick des Sterbens aufgefassten Christus ließ er 1888 eine großgedachte „Grablegung“ folgen, die indes nicht die unmittelbare Wirkung des „Moritur in Deo“ erzielte. In Wiesbaden schmückte er dann ein Privathaus mit einem Plafond, der den „Einzug des Frühlings“ in einem anmutigen Kinderreigen schilderte. Noch einmal brauchte er ferner 1890 eine wolkenumgebende Madonna mit dem Kinde, dem lichtstrahlenden, von Engelskindern angestaunten „Stern von Bethlehem“. An seine orientalischen Studien erinnerten weiterhin die vielbewunderte, obschon vielleicht etwas gesuchte „Blinde mit dem Wasserkrug“, die sich mit dem Stab über ein rotes Mohnfeld hintastet, und eine in leuchtendem Fleischton gemalte halbnackte „Schwerttänzerin“.
Ein flüchtiges Überblicken seines Schaffens genügt, um zu erkennen, wie Piglhein schon darin ein moderner Meister war, dass er sein Talent nicht etwa an ein besonderes Fach und Stoffgebiet band. Maler im weitesten Sinne des Wortes, kannte er nur das eine Ziel, in seiner Kunst nach jeder Richtung hin sich auszuleben. Ein ganzer Mensch, mit Kraft und Bildung gleichmäßig ausgerüstet und von frischer Sinnlichkeit erfüllt, umfasste er dabei die wirkliche Welt und das lustige Reich der Phantasie mit gleicher Inbrunst. Was Sinn und Auge fesselte, setzte sich ihm in malerische Anschauung um, fand in Ton und Farbe den sprechenden Ausdruck des Empfindens, das hier durch den äußeren Reiz der Erscheinung, dort durch die dichterisch gestaltende Phantasie ihm erregt wurde. Angeborener Geschmack und sichere Klarheit des Urteils machten ihn früh schon reif und selbständig, und diese Selbständigkeit im Verein mit der Liebenswürdigkeit seines Wesen ließen ihn, ohne dass er selber danach geizte, die allgemeine Achtung und die leitende Stellung im Kreise der vorwärts strebenden Künstlerschaft gewinnen, die äußerlich darin sich aussprach, dass er, ohne selber als stürmender Neuerer aufzutreten, doch der anerkannte Führer der Sezession wurde. Fendler.
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Ausstellung in der königl. National-Galerie zu Berlin, 1895


LITERATUR

BRUNO PIGLHEIN. Von RICHARD MUTHER. Zeitschrift für bildende Kunst.
Herausgegeben von C. v. LÜTZOW. 1887. S. 165 - I72.
GESCHICHTE DER MODERNEN KUNST. Von ADOLF ROSENBERG. 3. Band.
S. 118 - 120. Leipzig 1889.
BRUNO PIGLHEIN. Von GOTTFRIED BÖHM. Die Kunst unserer Zeit. 5. Jahrg.
1894. S. 81-90.
PHOTOGRAPHIEN NACH BRUNO PIGLHEIN’S GEMÄLDEN in FRANZ HANFSTÄNGL’S Kunstverlag, München.

BEMERKUNG:
Diejenigen Nummern des Katalogs, welche keine Eigentumsbezeichnung tragen, gehören zum Nachlass des Künstlers.
Die verkäuflichen Nummern find durch * kenntlich gemacht.
In der modernen deutschen Malerwelt ist BRUNO PIGLHEIN eine der erfreulichen Erscheinungen. Als echter genialer Künstler schuf er, frei von akademischer Nüchtern­heit, aus sich heraus und lebte in warmer Fühlung mit den künstlerischen Interessen seiner Zeit. Er gab seinen Werken das Gepräge persönlicher Empfindung, besaß in hohem Grade Tempe­rament und beherrschte vermöge seiner energischen Gestaltungs­kraft weite Gebiete des künstlerischen Schaffens. Freude am Leben und an der Farbe, genussfrohe Regsamkeit der Phantasie ist die Signatur vieler seiner Werke, in anderen spiegelt ein tiefes und ernstes Sinnen sich wieder, wie es der Seele des Künstlers eigen war. Im Besitz eines sicheren Formgefühls und Form­gedächtnisses hat er sein bewegliches Talent, seine malerische und koloristische Begabung an möglichst verschiedenartigen Aufgaben erprobt und als Meister von zielbewusster Eigenart sich bewährt. Seine dekorativen Arbeiten zeigen persönlichen, geläuterten Ge­schmack und erfreuen durch sprudelnd malerisches Leben, in welchem die Phantasie froher Laune die Zügel schießen lässt, Es scheint, als ob unsere Zeit in der Verwertung dieser glänzenden Begabung PIGLHEINS allzu sehr gekargt hätte. Der häufige Mangel des äußeren, wohlverdienten Erfolges lag wie ein Schatten auf seinem Leben und auf seiner Schaffensluft. Manche Pläne und Lieblingsideen zu verwirklichen, wie die Reform des Theater­dekorationswesens, musste er sich versagen. Dennoch war sein kurzes Leben, das mit einer unruhigen Studienzeit begann, reich an köstlichen Früchten, wie aus der Schilderung seiner künst­lerischen Entwickelung und seiner Tätigkeit erhellen mag.

ELIMAR ULRICH BRUNO PIGLHEIN wurde am 19. Februar 1848 zu Hamburg geboren. Im Hause des Vaters, eines beliebten Dekorateurs, erwarb er sich frühzeitig Fertigkeit im kunst­gewerblichen Zeichnen und Verständnis für dekorative Aufgaben. Auf weitem Umweg gelangte er zur Erkenntnis seiner besonderen künstlerischen Veranlagung. Zunächst entschied er sich für die Bildhauerkunst und trat im Jahre 1863 in die Hamburger Werk­statt von LIPPELT ein. Nach dem Tode feines Lehrers besuchte er längere Zeit die Kunstakademie zu Dresden, doch dem ursprünglichen, früh nach Unabhängigkeit verlangenden lebhaften Naturell des
Schülers widerstrebte der akademische Lehrzwang. Zur weiteren Ausbildung trat er in SCHILLINGS Atelier ein. Die strenge antikisierende Richtung des Meisters vermochte aber nicht, ihn auf die Dauer zu fesseln. Die eigenen plastischen Ver­suche und Entwürfe, ein Fackelträger, eine Brunnenfigur und die Gruppe einer ihren Enkeln Märchen erzählenden Großmutter waren für seine künstlerische Entwicklung von Bedeutung und Nutzen, schienen ihn aber selbst nicht zu befriedigen und eher auf ein malerisches als rein plastisches Talent zu deuten. Auf einer in Begleitung des Vaters ausgeführten Reise nach Italien erwachte der Eifer und das Interesse des Malers in ihm. Ein wohlgelungenes Porträt seiner Schwester bestärkte ihn in dem Entschluss, die Bildhauerei aufzugeben. Auf der Kunstschule in Weimar übte er sich unter PAUWELS Leitung im Handwerk der Malerei und siedelte im Jahr 1870 nach München über, wo er sich kurze Zeit an W. DIEZ anschloss und seine zweite Heimat fand.
In seinen künstlerischen Bestrebungen ging er, wenn auch zunächst noch beeinflusst, bald seine eigenen Wege. Er trat in dieser frohen Werdezeit als freier Künstler auf und gewann durch die Vorzüge seiner persönlichen, von edel männlicher Schönheit begünstigten Erscheinung*) alle Herzen seiner Umgebung. Damals hat die farbenfreudige, auf glänzend dekorative Wirkung abzielende Kunst MAKARTS, des gefeierten Koloristen, PIGLHEIN zu geistes­verwandten, doch den Anforderungen formeller Durchbildung gerechteren, weil auf eingehenderem Studium der Natur be­ruhenden Arbeiten angeregt, von welchen im Jahre 1873 im Hamburger Kunstverein die „von Genien bekränzte Herme“ aus­gestellt war. Für die Villa seines Bruders in Hamburg entwarf er das Plafondgemälde „Tag und Nacht“ und im Auftrage des Herrn H. von OHLENDORFF daselbst: im Jahre 1875 eine Verherr­lichung des Familienglücks. Dieses stattliche Repräsentationsbild, wie auch der schöne Kinderfries, den Piglhein für seinen Freund, den Maler L. LESKER in München, malte, sowie die lebhaft bewegte, geistreiche Schilderung eines Bacchanals ist mit jener koloristisch feurigen Kraft ausgeführt, die er an MAKARTS phänomenaler, auf Reichtum und sinnliche Glut der Färbung gerichteten Vortrags­weise bewunderte. Eine andere Gruppe von Bildern aus den Jahren 1875 bis 1879 erinnert durch die Wahl der Motive und durch den Ausdruck phantastisch-poetischer Stimmung an BÖCKLINS Natursymbolik. Während das für seine Schwester gemalte Bild »Am Strande« an ähnliche Kompositionen FEUERBACHS denken lässt, weisen mehrere Darstellungen von Centauren wiederum auf BÖCKLINS Phantasiewelt hin, namentlich die „Centauren im Meer“ und das mehrfach variierte Paar, das bei glimmendem Abendrot in traulicher Umarmung den Meereswogen entgegensprengt, ein Bild von elementarer Wucht, fesselnd durch die prägnante Schil­derung einer großen einsamen Natur und des leidenschaftlich erregten Lebens. Zu dieser Richtung gehören auch die flotten Federzeichnungen »Centaurenkampf« und »Gute Beute« in dem Werke »Künsterlaunen«.**)













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*) Vgl. Das Se1bllbildnifs des Künstlers v. J. 1874,
**) Vgl. Künstlerlaunen. 33 Zeichnungen von H. BATSCH, W. DlEZ, F. A. KAULBACH, HUGO KAUFFMANN. BR. PIGLHEiN, RUD. SEITZ, ERNST ZIMMERMANN, H. ZÜGEL u. A. Mit alten und neunen Gedichten. München. Ver­lag von FR. BASSERMANN, 1879.
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Zur größeren Reife und Selbständigkeit gelangte Piglhein nach einem Aufenthalt in Paris, der ihm zu einer intimeren Kenntnis der französischen Malerei verhalf und seiner eigenen Kunst neue Impulse gab. Zurückgekehrt malte er im 31. Lebensjahr sein großes Kreuzigungsbild „Moritur in Deo“*) das seinen Namen in weitere Kreise hinaustrug. Kurz vor dem Hinscheiden des Künstlers ist dieses Hauptwerk von dessen Gönner und Freunde, dem Geh. Kommerzienrat Friedrich Alfried KRUPP, erworben und als Geschenk an Se. Majestät den Kaiser und König nach Allerhöchster Bestimmung der National-Galerie überwiesen worden. Das Bild ist in rein malerischem Sinne ebenso schätzenswert wie als Ausdruck seiner tiefen Empfindung und selbständigen Auffassung. Wie eine Vision ragt das Kreuz mit dem sterbenden Erlöser in das Gewölk, das vom Himmelstrahl durchbrochen ist. In dem Augenblick, wo das Auge des Heilandes sich verklärt, breitet der Todesengel seine Schwingen über ihn aus und küsst ihm gleichsam die Seele von der Stirn. Mit einer durch plastische Vorstudien gereiften Meisterschaft, mit kraftvoller Realistik ist der schmerzdurchdrungene Körper und der in Verkürzung hinter dem Kreuz schwebende Engel dargestellt. Seine volle jugendliche Kraft und Begeisterung hatte Piglhein in diesem an TINTORETTOS Art erinnernden Gemälde ein­gesetzt. Mit leicht beweglichem Sinn entsagte Piglhein eine Zeit lang der religiösen Malerei und wandte sich, zum Teil wohl Pariser Eindrücken nachgebend, einem anderen Kunstzweig zu.
Statt Pinsel und Palette nahm er den Pastellstift zur Hand, das charakteristische Darstellungsmittel im Zeitalter des Rokoko, das auf die stoffliche Wahl nicht ohne Einfluss blieb. Die von LENBACH und Fr. A. KAULBACH mit glänzender Meisterschaft neu belebte Art der farbigen Zeichnung hat Piglhein als hervorragender Spezialist auf diesem Gebiet zur ausgebildeten Pastellmalerei weiter entwickelt. Den scheinbar flüchtigen, improvisierenden und kapriziösen Reiz dieser lichtvollen Pastellbilder, die ihre besondere Berechtigung erst in der virtuosen Behandlung zur Geltung bringen, hat Piglhein mit unvergleichlicher Lebendigkeit hervor­zuzaubern verstanden.
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") Radiert von W. HECHT. München. Jos. AUERMÜLLER Heliogravur in der Zeitschrift für bildende Kunst. 1887.
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Für die Schilderung der weiblichen graziösen Jugend in ihrem pikanten Kostüm und der naiven Kinderwelt ist die geistreich skizzenhafte Behandlung des Pastells geeigneter als die mühsame, den Schein voller Naturwahrheit anstrebende Öltechnik. Den feinen dekorativen Ton hat Piglhein namentlich in der leichtgeschürzten Eleganz und Grazie getroffen, die als »Diva auf dem Sofa« oder als »Atelier-Visite« und in ähnlichen Situationen erschien. Seine Winke und praktischen Demonstrationen über Pastell sind in dem lehrreichen Büchlein von K. RAUPP*) verwertet. Die bunten, teils mit sicheren, rapiden Strichen keck hingeworfenen, teils in zarten, duftigen Tönen hingehauchten Momentbilder erwecken den Eindruck eines mühelos leichten Schaffens und reden in ihrer brillanten, einschmeichelnden Technik die Sprache des französischen Kunstesprits. Aus den zu einem stattlichen Album**) gesammelten Nachbildungen von 20 Pastellen ist die scharfe Beobachtung und sichere Charakteristik der einzelnen Typen gut ersichtlich. Es find meist Töchter des Augenblicks, des Übermuts und der frohen Laune, auf lichtfarbenem Grund lebendig und wahr geschildert. Schmetterling und Maske dienen dem Werk als charakteristisches Motto. Als solche den anlockenden Reiz des modernen Chic und im Lüstre der Pastellfarben sprühenden leichtlebigen Wesen sind Piglhein’s Pierretten, andalusische Tänze­rinnen, Balldamen mit riesigem Fächer, Masken, weibliche Jockeys, Pschüts u. a. bald überall in Schaufenstern, auf Ausstellungen und in Salons bekannt geworden und haben zu zahlreicher Nachfolge angeregt. Auch der Humor fand seine Vertreter in dem luftigen, rauchenden Nigger und in jungen Modenarren. Wie ein ernster Ton im Capriccio dieser Lebewelt spricht der von weißem Schleier umrahmte Idealkopf einer „Beatrice“ an.
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*) Vgl. Katechismus der Malerei von K. RAUPP. Leipzig. T. T. WEBER.
1891. S. 75-86.
**) Vgl. BRDNO PIGLHEIN. Pastells. München, 1884. F. A. ACKERMANN’s Kunstverlag. (20 Lichtdrucke in mehreren Ausgaben.)
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Der vornehmen Gesellschaft galt Piglhein fortan als der berufenste Interpret anmutiger Frauen- und Kinderköpfe. Zweimal hat er das Bildnis der Prinzessin Elvira von Bayern in glanzvollem Zauber ihrer Jugend geschaffen. Feinfühlig belauschte Piglhein vor Allem den Liebreiz krausköpfiger Kinder*) mit ihren großen Murillo’schen Augen. Sein nacktes
Herzblättchen, des Löwen Erwachen, Kinder mit Möpschen oder Kätzchen, die Köpfe von Baptiste und Petit Blondin, der kleine Johannes der Täufer, Polichinel, Modellpause, Baby und Bob, all die lachenden und weinenden kleinen Schelme, dazu das Münchener Kindl und die Kinderporträts befreundeter und vornehmer Familien in Pastell oder in Öl ausgeführt, sie beweisen insgesamt, mit welcher Liebe und Herzlichkeit Piglhein in die selige Wunderwelt der Kleinen sich eingelebt hat. Wo die Negerin als Wärterin oder der große Hund als Spielgefährte sich dem Kinde gesellt, ist mit feinem Akzent die Komik des Gegensatzes betont. Populären Erfolg hatte die drollige „reizende Idylle“**), das kleine nackte Kind mit dem großen Jagdhund in Rückenansicht, die friedlich an­einander geschmiegt auf dem Ufersteg sitzen, wie ein paar genügsame Philosophen, die die Welt erobert haben. Zuerst als kleines Ölbild für Herrn SCHÖN in Worms gemalt, wiederholte Piglhein die kleine Idylle in Pastell für die Königin von Württemberg und entwarf als Gegenstück die nicht minder gelungene Vorderansicht beider Gesellen. Ähnliche DarsteIlungen aus dem Leben der Kinder und Haustiere, wie der »Weihnachtsmorgen« und »das unter Jagdhunden eingeschlafene Kind« u. a., illustrieren des Weiteren ihr Freundschaftsverhältnis.
Während eines längeren Aufenthaltes in seiner Vaterstadt malte Piglhein die Raubtiere einer Menagerie, besonders Löwen und Tiger.
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*) Vgl. die Lichtdrucke in BR. PIGLHEINS Pastells, München 1884. F. A. ACKERMANN’ s Kunstverlag.
**) Vgl. die Federzeichnung in den >Künstlerlaunen« mit dem Gedicht „Treue Freundschaft“ von M. v. OLFERS.
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Diesen ausgezeichneten Proben seines eindringenden Naturstudiums und Charakteristik steht eine Reihe interessanter Volkstypen zur Seite, die er bei Anwesenheit einer Nubiertruppe in München malte.
Eine umfassende, seiner vielseitigen und schöpferischen Kraft würdige Aufgabe übernahm Piglhein im Jahre 1885 mit dem Auftrag, die Kreuzigung Christi und Jerusalem zum Thema eines großen Panorama-Gemäldes zu machen. Das Schmerzenskind des Künstlers, sein "Moritur in Deo“, hatte dem Leiter des Unternehmens, Jos. HALDER, die Idee dazu eingegeben. Es galt, die erhabene Tragödie als einen geschichtlichen Vorgang im Rahmen des alten Jerusalem und seiner Umgebung anschaulich zu machen. Piglhein ließ sich durch die großen Schwierigkeiten des Auftrages nicht abschrecken und ging, wiewohl ein ähnlicher Versuch des belgischen Malers DEVRIENDT gescheitert war, mit einigen Hilfskräften mutig ans Werk. In Begleitung des Landschaftsmalers Jos. KRIEGER, des Architekturmalers K. FROSCH und seiner eigenen Gattin unternahm er auf mehrere Monate eine Reise nach Palästina, um durch gründ­liche Vorstudien den Schauplatz des Dramas, die Natur und Boden­gliederung, den Charakter von Land und Leuten kennen zu lernen. Geschichtlich archäologische Forschungen und Architekturstudien behufs Rekonstruktion des alten Jerusalem gingen unter Beistand berufener Gelehrten und Architekten voraus. Photographische Aufnahmen an Ort und Stelle gewährten für die Aus­führung eine ergiebige Hilfsquelle. Unterstützt von den genannten Künstlern, von dem Landschaftsmaler A. HEINE und von seinem Schüler Jos. BLOCK, hat Piglhein die Riesenarbeit auf einer Leinwand von 14 m Höhe und 120 m in der Runde (= 1700 qm) innerhalb eines Zeitraums von neun Monaten bewältigt. Am 30. Mai 1886 wurde das Panorama*) feierlich eröffnet. Man stand einem einheitlichen Meisterwerke von künstlerischer Originalität und gran­dioser Wirkung gegenüber.
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*) Vgl. BRUNO PlGLHEIN’S Panorama: Jerusalem und die Kreuzigung Christi in zehn direkt nach dem Rundgemälde aufgenommenen Photographien (Kab.-Format). Erläutert von Dr. LUDWIG TROST. Stuttgart und Leipzig, Deutsche Verlagsanstalt. - Autorisierte (größere) Holzschnittausgabe von Dr. LUDWIG TROST. Ebenda. Der Verfasser der Erläuterungen schildert auch die Eindrücke und Erlebnisse der Reisegefährten. - Führer durch das Panorama der Kreuzigung Christi von MAXIMIUAN VINCENZ SATTLER, München 1886. Universitätsbuchdruckerei von Dr. C. WOLF & SOHN, München.
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Die ethnographische und landschaftliche Schilderung Jerusalems, deren geistiger
Mittelpunkt die ergreifende Kreuzigungsszene auf dem Golgathahügel bildet, umfasste auch das lebendige Treiben der Bevölkerung am Vorabende des jüdischen Osterfestes. Dem tragischen Grundmotiv entsprach die durch die eingetretene Sonnenfinsternis gedämpfte Stimmung von Licht und Luft. Mit allen Mitteln der sinnlich täuschenden Wirkung wurde dem Beschauer von der Szenerie des welterschütternden Ereignisses ein überzeugendes und ergreifendes Gesamtbild vor Augen geführt. Der Entwurf des Panoramas in seiner vollständigen Komposition war PIGLHEINS eigenste Erfindung, auch die meister­hafte Ausführung des ganzen figürlichen Teils seine Leistung. JOS. KRIEGER, A. HEINE und JOS. BLOCK malten nach Anweisung des Erfinders die Landschaft, das Firmament und die Beleuchtung. Die Aufgabe der perspektivischen Konstruktion und die Dar­stellung der von Piglhein’s rekonstruierten Stadt Jerusalem übernahm der Maler K. FROSCH. Trotz der Verschiedenheit im Zusammenwirken der Hilfskräfte und ungeachtet der zahlreichen, auf die Haupt­handlung bezüglichen und von ihr unabhängigen Episoden war doch in der Beherrschung der Massen und der Details ein durch­aus einheitlicher Zug und im Reichtum der stimmungsvollen und belebten, durch Olivenhaine und Berge begrenzten Landschaft eine geschlosse malerische Haltung wahrzunehmen. Piglhein bewies in der selbständigen Lösung seiner Aufgabe ein ganz hervorragendes Wissen und Können, das im Dienste seiner reichbegabten Phantasie eine ernste und weihevolle Wirkung erzielte. In München, Berlin und Wien haben Tausende an Piglhein’s unvergesslichem Meisterwerke sich erbaut. Im April 1892 wurde das kostbare Rundgemälde, dessen Entwurf nur noch erhalten ist, in Wien durch Brand zer­stört. Dieses tragische Geschick und die unbefugte Wiederholung und Verwertung seiner Erfindung durch K. FROSCH haben Piglhein schweres Leid verursacht.
Im Anschluss an sein »Moritur in Deo« und an das große Panorama malte Piglhein noch einen sterbenden „Christus“, eine Maria unter dem Kreuze, ( 1887) und „Die Grablegung Christi“ in einsamer Felsenschlucht« (1888). Eigentum der Königlichen Neuen Pinakothek in München. - Von Piglheins Madonnen ist das im Jahre 1884 entstandene Bild und die auf Wolken thronende Maria mit dem von Engeln als leuchtender »Stern von Bethlehem« umschwebten Kinde als reinste Schöpfung hervorzuheben. - Eines der eindrucksvollsten Bilder war ferner »Die Blinde mit dem Wasserkrug« (1890),*) die bei Sonnenuntergang haltend mit dem Stabe über ein blühendes Mohnfeld schreitet. Dieses namentlich im Kolorit meisterliche, dichterisch empfundene Gemälde trug seinem Schöpfer die große goldene Medaille in Berlin ein. Eine Amerikanerin wurde Eigentümerin des Bildes. Den schönen farbigen Entwurf erwarb die Königliche Neue Pinakothek in München.
Die letzten Jahre seiner künstlerischen Wirksamkeit haben noch eine reiche Ernte gezeitigt. Die »Nymphe im Grünen nach einem Schmetterling haschend« entzückte durch außer­ordentliche Feinheit in der Ausführung. - In Wiesbaden malte er für den Plafond eines Privathauses den »Einzug des Frühlings mit jubelnder Kinderschar«. »Ein kosendes Liebespaar an der Quelle« und die »Frühlingsidylle«, (1891) atmen die ganze Wonne und Poesie glückseliger Stunden. - Die in leuchtendem Fleischton gemalte »Ägyptische Schwerttänzerin« (1891) und die weibliche Rückenfigur »Im Atelier« (1890) sind Meisterwerke zarter Modellierung und lichter Färbung. - Im Hause seines Gönners, des Geh. Kommerzienrates Fiedrich Alfried KRUPP in Essen, malte Piglhein die Gemahlin des Herrn und deren Kinder. Zur Huldigungsfeier am 70. Geburtstag des PRINZREGENTEN VON BAYERN spendete Piglhein eine dekorativ gehaltene »Bavaria« in Begleitung des Bayerischen Löwen und des Münchener Kindl. - Von Skizzen und Entwürfen aus der letzten Zeit sind zu erwähnen: »Die Flucht nach Ägypten«, »Die Versuchung des heiligen Antonius« und die melancholische Skizze des erdolchten Pierrot im Schneegestöber. Als letzte Arbeit des Künstlers gilt der „Spaziergang zweier Damen am Bergeshang“.
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*) Aquarell-Gravüre, FRANZ HANFSTÄNGL’s Kunstver1ag, München.
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Als produktiver Künstler von ungewöhnlicher Bildung und klarem Urteil nahm PIGLHEIN in den Münchener Künstlerkreisen eine namhafte Stellung ein. Sein Lehrtalent in technischen Dingen hat begabten Schülern zum größten Segen gereicht. Ohne selbst den launenhaften Wandlungen in der Tagesströmung der Kunst zu folgen, trat er doch im Prinzip energisch und fest für die fortschreitende Bewegung der Kunst ein. Als die Spaltung in der Münchener Künstlerschaft sich vollzog, schloss Piglhein sich der Sezession an und vertrat als Führer ihre Interessen, solange ein schweres Herzleiden ihm noch die Kraft dazu ließ. Zu Anfang des Jahres 1894 hielt sich Piglhein zum Gebrauch einer Kur in Berlin auf, sah noch einmal seine Vaterstadt und Ver­wandten und kehrte krank nach München zurück, wo er nach langen, schmerzlichen Leiden am Sonntag den 15. Juli im Alter von 46 Jahren entschlafen ist. Der Heimgang des warmfühlenden Menschen, des hochbegabten und echten Künstlers ist allgemein und tief betrauert. Ehre seinem Gedächtnis!

Bildnis des Künstlers. Photographie von Jos. BLOCK

Der Künstler auf dem Totenbett. Zeichnung von H. BUSCHBECK. 15. Juli 1894
1. Selbstbildnis des Künstlers. Öl. 1874. - Eigentum des Herrn Pastor prim. Gramberg, Jever.
2. Die Mutter des Künstlers. Brustbildnis. Kohle weiß gehöht. - Eigentum des Herrn Hugo Nowock, Hamburg.
3. Männliches Bildnis. Kniestück. Öl.
4. Bacchanal. Öl. Entwurf.
5. Holländerin. Kniestück. Öl. - Eigentum der Ständigen Ausstellung für Kunst und Kunstgewerbe in Weimar.
6. Familienglück. Öl. Entwurf. - Eigentum des Herrn Loudovicus Piglhein, Hamburg.
7. Familienglück Öl. - 1875. - Eigentum des Herrn H. Freiherrn von Ohlendorff, Hamburg.
8. Centauren im Meer. Öl. - Eigentum des Herrn Professor G. Papperitz, München.
9. Centaurenpaar am Meeresstrand. Öl.
10. Löwenstudie. Öl.
11. Löwenkopf. Ölstudie.
12. Tigerstudie. Öl.
13. Tigerkopf. Ölstudie.
13a. Gute Beute. Federzeichnung. - Eigentum des Herrn B. Burchardt, Berlin.
14. Nubier mit Schild und Lanze. Öl.
15. Nubier "Abdallah" mit Schild und Speer. Öl.
16. Nubier mit Orang-Utang. Öl.
17. Nubierin. Öl. Unvollendet.
18. Nubier am Meer mit Harfe. Öl.
19 Neger mit Kakadu. Pastell. ­Eigentum des Herrn Loudovicus Piglhein, Hamburg.
20. Orientalin mit Wasserkrug'. Pastell.
21. Rauchender Neger. Bruftbild. Paftell.
22. Abessinier mit Schimpanse. Pastell. - Eigentum des Herrn Hugo Nowock, Hamburg.
23. Moritur in Deo. Öl. 1879. - KgL National-Galerie.
24. Christus am Kreuz. Studie zum Bilde "Moritur in Deo". Kreide. Weiß gehöht.
25. Christus am Kreuz. Brustbild. Pastell.
26. Am Strand. Öl. 1880. -- Eigentum des Herrn Loudovicus Piglhein, Hamburg.
27. Stillleben. Öl, - Eigentum des Herrn Hugo Nowock, Hamburg.
28. Dame mit Rose Öl. - Privateigentum.
29. Junges Mädchen im Atelier. Öl. .
30. Dame mit gelbem Hut. Brustbildnis. Pastell.
31. Porträt einer Dame mit Überwurf. Kniestück nach rechts. Pastell. - Privateigentum.
32. Weiblicher Kopf nach rechts. Kreide.
33. Weibliches Porträt. Brustbild mit Goldreif im Haar. Pastell.
34. Weibliches Porträt. Brustbild mit Kragen. Pastell.
35. Dame mit Hut. Brustbild nach rechts. Pastell.
36. Weibliche Phantasiefigur, Blätter aus einer Mappe schleu­dernd. Pastell. - Eigentum der Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft, Fr. Bruckmann, München.
36a. Pschüt. Pastell. - Eigentum des Herrn Rechtsanwalt Paul Michaelis, Berlin.
36b. Sport. Pastell. -- Eigentum des Herrn Rechtsanwalt Paul Michaelis, Berlin.
37. Pierrette mit gelbem Hut. Pastellskizze.
37a. Männliches Bildnis. Pastell. - Eigentum der Kunsthandlung von L. Bock u. Sohn, Hamburg.
38. Knabe mit Hunden. Öl. - Eigentum des Herrn Loudovicus Piglhein, Hamburg.
39. Kind und Mohrenbaby. Öl. - Eigentum des Herrn Banquier Wilhelm Kopetzky, Berlin.
40. Weinendes Kind mit Löffel. Öl auf Holz. – Eigentum des Herrn Hugo Nowock. Hamburg.
41. Mein Kätzchen. Pastell. - Eigentum des Herrn Banquier Wilhelm Kopetzky, Berlin.
42. Schlafendes Kind mit Hund. Öl. Entwurf. – Eigentum des Herrn Hugo Nowock, Hamburg.
43. Weihnachtsmorgen. Knabe mit Hund und Spielsachen im Bett. Öl. - Eigentum des Herrn Hermann Seiffert, Hamburg.
44. Junge mit roter Mütze. Pastell.
45. Kind im roten Mantel. Pastell.
46. Kinderporträt. Brustbild. Pastell.
47. Junge mit Wasserkrug. Pastell.
48. Kinderkopf vorgebeugt. Kreide weiß gehöht.
49. Liegender weiblicher Akt im Grünen. Pastell.
50. Echo. Pastell.
51. Angler. Öl.
52. Jerusalem und die Kreuzigung Christi. Skizze zum Panorama­ Gemälde. Öl. 1885.
53. Kreuzabnahme. Öl. Entwurf. 1886.
54. Die Blinde. Öl. Entwurf. 1889. - Eigentum der Kgl. Neuen Pinakothek, München.
55. Stern von Bethlehem. Pastell. 1889.
56. Stern von Bethlehem. Öl. 1889. - Eigentum der Kunsthandlung des Herrn Eduard Schulte, Rerlin.
57. Glaube. Öl. 1890. - Eigentum des Herrn Pastor prim. Gramberg, Jever.
58. Im Atelier. Weiblicher Akt. Rückenansicht. Pastell. 1890
59. Liebespaar. Öl. Entwurf. 1890.
60. Ägyptische Schwerttänzerin. Öl. 1891.
61. Münchener Kindl. Öl. - Eigentum des Herrn Geh. Kommerzienrats F. A. Krupp, Essen.
62. Kinder-Porträts. Öl. 1891. - Eigentum des Herrn Geh. Kommerzienrats F. A. Krupp, Essen.
63. Englische Dogge. Öl. 1891. - Eigentum des Herrn Geh. Kommerzienrats F. A. Krupp, Essen.
64. Damenbildnis. Kniestück. Pastell. - Eigentum des Herrn Bank-Direktors Gustav Hartmann, Berlin.
65. Damenbildnis. Pastell. - Eigentum des Herrn Dr. Julius Elias, Berlin­
66. Knabe mit Fischen. Pastell. - Eigentum des Herrn Dr. Julius Elias, Berlin.
67. Flucht nach Ägypten. Öl-Entwurf.
68. Auf der Flucht. Ölskizze.
60. Madonna Bavaria. Öl. Entwurf. 1891.
70. Der heilige Antonius. Öl. Entwurf. 1891.
71. Toter Pierrot. Öl. Entwurf.
72. Gruß aus München. Münchener Kindl. Öl. 1893. ­Eigentum des Herrn Hugo Nowock, Hamburg.
73. Mädchen mit Laterne. Öl. -- Eigentum des Herrn Loudovicus Piglhein, Hamburg.
74. Singende Mädchen am Abhang. Öl. Entwurf. 1893.
75. Männliches Bildnis. Kniestück. Öl. Unvollendet. 1893.­ Eigentum des Herrn Piglhein, Hamburg.
76. Jerusalem und die Kreuzigung Christi. Holzschnitt. Aus­gabe nach BRUNO PIGLHEINS Panorama. Stuttgart und Leipzig. Deutsche Verlags-Anstalt. (1879.)
77-79. Treue Freundschaft. - Gute Beute. - Centauren­kampf. Aus dem Werk "Künstlerlaunen". München. Fr. Bassermanns Verlag.
80-94. Lichtdrucke nach BRUNO PIGLHEINS Pastells. München. F. A. Ackermann (1883-1884): Petit Blondin. EventaiL Profil. Beatrice. Gazette. Sport. Entr’act. Baptifte. Petit Chien. Pfchut. Danseuse Espagnole. Pierrette.­Idyll. Eine Frage. Der kl. Johannes d. T.
95. Die Blinde. Aquarell-Gravüre. München. Franz Hanf­stängl's Kunstverlag. (1890.)
96-105. Photographien nach Pastells und Gemälden von BRUNO PIGLHEIN
96. Racenhafs. 1883.
97. Diva. 1884.
98. Baby und Bob. 1884.
99. Madonna. 1884.
100. Grablegung Christi. 1889.
101. Der Einzug des Frühlings. Nach einem Plafondgemälde. 1889.
102. Nymphe. 1889,
103. Stern von Bethlehem. 1889.
104. Ägyptische Schwerttänzerin. 1891.
105. Frühlingsidylle. 1892.


Die gefällige Darleihung der Teppiche und Vorhänge ist der
Firma HERRMANN GERSON
hier zu verdanken.

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Die Münchener Malerschule
seit dem Jahre 1874
von
Dr. Adolf Rosenberg
Der Kunstverein für Hannover
seinen Mitgliedern
1886/87
Auch für Bruno Piglhein (geb. 1848 in Hamburg) ist die religiöse Malerei nicht das charakteristische Merkmal seiner Kunst, obwohl er der ergreifenden Komposition des von einem Engel getrösteten sterbenden Christus zuerst seinen Namen in weiteren Kreisen bekannt gemacht und in jüngster Zeit vor allem durch sein Panorama der „Kreuzigung Christi“. Piglhein ist ein sehr bewegliches Talent, welches nicht am Stoffe haftet, sondern seine koloristische Ausdrucksweise an möglichst verschiedenartigen Gegenständen zu erproben sucht. Sein ganzer Bildungs- und Entwicklungsgang hat etwas Sprunghaftes und Ruheloses, und eine Klärung seiner Bestrebungen ist noch nicht abzusehen. Nachdem er in Hamburg die Schule absolviert, trat er in das Atelier des dortigen Bildhauers Lippelt ein und 1864 begab er sich zum Besuch der Kunstakademie nach Dresden, wo ihn schließlich Professor Schilling in sein Atelier aufnahm, in welchem er an dessen Gruppen für die Brühlsche Terrasse mitarbeitete. Was er jedoch an eigenen Kompositionen ausführte, geriet so ins Malerische, dass sich Piglhein entschloss, die Plastik aufzugeben und sich der Malerei zu widmen. Sein nächstes Ziel war die Kunstschule zu Weimar, wo er sich unter dem vortrefflichen Pauwels in der Maltechnik ausbilden wollte; aber wie vielen anderen behagten ihm die engen Verhältnisse der thüringischen Residenz nicht lange, und er ging noch im Jahre 1860 nach München, wo er sich an Wilhelm Diez anschloss. Wenn er auch nur kurze Zeit dessen Schüler gewesen ist, so sind doch die malerischen Tendenzen des Meisters in Piglheins Arbeiten, namentlich in dem letzten schon genannten Hauptwerke, unverkennbar. Daneben machten sich aber zuvor noch andere Einflüsse geltend, vornehmlich diejenigen von Makart und Böcklin. In immer engerem Anschluss an ersteren führte Piglhein in der ersten Hälfte der siebziger Jahre eine Reihe dekorativer Arbeiten für Hamburger und Müchner Privathäuser aus, wie die „Von Genien bekränzten Hermen“, „Tag und Nacht“ und „Das häusliche Glück“, ein vornehmes Ehepaar im Kreise seiner Kinder und Hausgenossen mit der koloristischen Energie eines Frans Hals geschildert. Zu gleicher Zeit und in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre beschäftigte ihn eine Reihe von lebhaft bewegten Kompositionen aus dem Kreise der Bacchanten und Centauren, von denen eine unter dem Titel „Einsam“, ein Centaurenpaar am Strande, in der phantastischen Grundstimmung ganz an Böcklin erinnernd, freilich mit stärkerer, gerade nicht angenehm berührender Betonung des sinnlichen Elements, auf der Münchener internationalen Ausstellung von 1883 zu sehen war. Dieser Gruppe gehören auch die gleichfalls an Böcklin und besonders an ähnliche Kompositionen Feuerbachs gemahnende Badeszene „Am Strande“ und die „Idylle“ (ein Kind, Rücken an Rücken neben einem Hunde auf dem Badestege sitzend, an, welche nachmals durch die Photographie und andere Nachbildungen so beliebt
geworden ist, dass sich Piglhein dadurch ermutigt fühlte, eine Reihe ähnlicher Darstellungen aus dem Leben der Kinder und Haustiere zu malen.
Zu vollem Ausdruck seiner Kraft erhob sich Piglheins Talent aber erst in dem 1879 ausgestellten Heiland am Kreuze („Moritur in Deo“), in welchem auch seine plastischen Studien bei der Darstellung des mit größter Sorgfalt und naturalistischer Strenge durchgeführten, in allen Muskeln straff angespannten, von dem höchsten Maße des Leidens erschütterten Körpers und des in schwieriger Verkürzung erscheinenden Engels trefflich zur Geltung kamen. Doch geben sich trotz allem Naturalismus in der Detailbehandlung die Tiefe, Fülle und Wahrheit der Empfindung in den Köpfen der beiden Figuren, des mit wandellosem Vertrauen zu Gott emporblickenden, opfermutig sterbenden Erlösers und des den Todesschweiß von seiner Stirne küssenden Engels, die stimmungsvolle, auf die nahe Himmelsglorie hindeutende Beleuchtung und dass tief ergreifende, von ähnlichen Bildern van Dycks so vollkommen idealistisch, dass das Gemälde die erhebende und tröstende Wirkung eines Andachtsbildes erreicht. – Nach diesem glänzenden Erfolge war es für die Freunde, welche sich Piglhein mit seinem „Moritur in Deo“ erworben hatte, eine um so schmerzlichere Überraschung, als der Künstler plötzlich mit Pastellzeichnungen auftrat, deren Inhalt nicht nur in schroffen Widerspruch zu jenem ernsten, religiösen Stimmungsbilde trat, sondern die auch an und für sich auf jeden Anhänger einer gesunden Kunstanschauung verletzend und verstimmend wirkten. Das Verdammungsurteil, welches Piglheins Darstellungen aus zweifelhaften Gesellschaftskreisen erfuhren, wird durch die Thatsache nicht gemildert, dass Piglhein für seine Kompositionen in großem Stil keine Käufer fand und dass er sich deshalb auf den Antrag eines Kunsthändlers in einem Genre versuchte, das durch „lose, fassliche Geberden“ das große Publikum mehr anlockte. Man sieht es seinen Pastellbildern von modernen Phrynen, französischen Kokotten und ihrem männlichen Anhang nicht an, dass sie mit Unlust – invita Minerva – oder nur der Übung halber entstanden sind. Diese bunten, keck hingeworfenen Darstellungen von blasierten Dirnen, welche sich auf schwellenden Divans umherwälzen oder im extravagantesten Modekostüm mit lüsternen Blicken promenieren oder durch herausfordernde Tracht die Sinne reizen, diese Gecken, Roués und halb blödsinnigen Modenarren sind so lebendig wahr und mit so geistreicher Frivolität durchgeführt, dass ihr Urheber hier ebenso gut mit seinem ganzen künstlerischen Eifer und mit der seinem Schaffen eigenen Aufrichtigkeit bei der Sache gewesen ist, wie bei seinen Bildern ernsteren Inhalts. Es muss anerkannt werden, dass die Technik der Pastellmalerei, welche im Anschluss an Pariser Muster in München vornehmlich durch Lenbach und Piglhein in Ausnahme gekommen ist, sich zur Darstellung solcher Scheinexistenzen, die kein charakteristisches Wesen und keinen sittlichen Kern besitzen, sondern bereits den Stempel der Fäulnis mit koketter Anmaßung zur Schau tragen, vortrefflich geeignet ist. Neben diesen Improvisationen zweideutigen Inhalts entstanden glücklicherweise auch gesunde Schöpfungen, Portraits, humoristische Kinderszenen und selbst tiefangelegte Werke, welche an den alten Piglhein erinnerten, ein sterbender Christus, der kopf einer Béatrice und eine Maria unter dem Kreuze, so dass man der Zukunft des Künstlers noch nicht zu verzweifeln brauchte. In der That hat er auch wieder einen Aufschwung zu Zielen genommen, indem er nach seiner voraufgegangenen Studienreise nach Palästina, wo er im Verein mit dem Architekturmaler Karl Frosch und dem Landschaftsmaler Joseph Krieger photographische Aufnahmen von Land und Leuten machte, in der Zeit vom September 1885 bis zum Mai 1886 im Auftrage eines Unternehmers für München ein großes Panorama der Kreuzigung Christi ausführte. Um die Szene zu einem umfangreichen Schaubilde zu machen, erweiterte er das biblische Motiv zu einer ethnologischen und landschaftlichen Schilderung des damaligen Jerusalems, deren geistigen Mittelpunkt zwar der Golgathaberg mit den drei Kreuzen bildet, welche jedoch auch das lebhafte Treiben der Händler und Käufer am Vorabend des jüdischen Osterfestes umspannt. Karawanen ziehen durch die felsige Einöde auf die Thore von Jerusalem zu, aus welchen das neugierige Volk bis zum Fuße des Kreuzeshügels herbeigeeilt ist, um sich an dem Schauspiel zu weiden. In der Beherrschung der Massen wie in der Betonung und liebevollen Durchführung einzelner Gruppen und Figuren hat Piglhein seine reiche Begabung von der besten Seite gezeigt und diesen Zweig der dekorativen Malerei durch vornehme, geistvolle Auffassung veredelt.
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Die Wahrheit über das Panorama „Die Kreuzigung Christi“ in Einsiedeln.
Dieser Tage wurde das bekannte Panorama in Einsiedeln, als Kopie des im Jahre 1960 durch Brand zerstörten, neu eröffnet. Bei diesem Anlass mag eine Reminiszens über die Entstehung dieser ursprünglich einmaligen Schöpfung des Kunstmalers Professor Bruno Piglhein von Interesse sein.
Die nachfolgende Übersetzung aus einer australischen Tageszeitung um die Jahrhundertwende, sagt vielleicht am treffendsten, um was es damals ging und zeigt gleichzeitig, wie weit in aller Welt das von Bruno Piglhein geschaffene Panorama zu seiner Zeit schon war:
Am 1. Februar 1885 schloss der Kunstverlag Halder & Co. (München) einen Vertrag mit Professor Piglhein aus München über die Herstellung eines Panoramas „Die Kreuzigung Christi“ um den Betrag von 145'000.—Mark unter der Bedingung, nach Jerusalem zu reisen und dort die Örtlichkeit, die orientalischen Gebräuche etc. Zu studieren, sowie die Verpflichtung einzugehen, innerhalb der nächsten 10 Jahre für einen anderen Vertragspartner kein ähnliches Werk zu schaffen und der Firma Halder & Co. Alle Druckplatten und Auszüge auszuhändigen.
Prof. Piglhein verpflichtete die Maler Karl Frosch und Joseph Krieger als Assistenten, in deren Begleitung er Palästina besuchte. Das Resultat war das wunderbare Kunstwerk, das Südaustralier so sehr bewundern, wenn sie in der Hindley-Strasse sind.
Am 1. Juni 1886 wurde das Panorama dem Münchner Publikum erstmals öffentlich gezeigt und es erregte eine grosse Sensation. Im September des gleichen Jahres ging Karl Frosch nach Milwaukee (USA) und in Verbindung mit einigen amerikanischen Malern stellte er 6 oder 7 Kopien von diesem berühmten neuen Kunstwerk her.“
Wie es in der Zeitungsnotiz dann noch weiter heisst, wurde eine solche Copie auch in London von einer „Buffalo Cyclorama Company“ in der Niagara Halle gezeigt. Viele Jahre später stellten dann Nachkommen und Namensträger von Bruno Piglhein fest, die Maler Frosch und Krieger, zusammen mit dem Amerikaner Leigh auch in Einsiedeln, im Jahre 1893, eine dieser Kopien angefertigt hatten.
Das von Bruno Piglhein geschaffene Original-Panorama fiel im Jahre 1892 in Wien, wo es gleichfalls die Menschen mächtig ergriffen hatte, einem Brande zum Opfer. Als Piglhein dies vernahm, hatte er wie ein Kind geweint, er, der damals schon leidend war und ahnen mochte, dass er kein so bedeutungsvolles Werk mehr schaffen werde. Zu dem Leid um die Zerstörung seiner grössten und liebsten Schöpfung, kam für den Künstler der Verdruss, dass seine Gehilfen Frosch und Krieger ihn durch die unbefugten Wiederholungen des Rundbildes kränkten und schädigten. Im Jahre 1894 starb Bruno Piglhein in München.
Der Verlust des Original-Panoramas in Wien wurde damals von den massgebenden Kunstzeitschriften (Velhagen & Klasings Monatshefte, „Über Land und Meer“) u.a. zutiefst bedauert und das unfaire Verhalten der beiden Assistenten Frosch und Krieger schärfstens verurteilt. Diesen in den damaligen Kunstkreisen wohlbekannten Tatsachen wurde von der Panoramagesellschaft in Einsiedeln jahrzehntelang keine Beachtung geschenkt und auch neuerdings wird von ihr der wahre Schöpfer dieses Panoramas verheimlicht (*). 1958 schlug in Einsiedeln der Blitz ins Dachkreuz des Panoramagebäudes, 1960 brannte es vollständig aus!
Dank der heute zur Verfügung stehenden technischen Hilfsmittel konnte das neue Panorama massstabsgetreu wieder hergestellt werden. Möge es auf dem Fundament der Wahrheit stehen und gleich, wie das Original, viele Besucher zu andächtigen Betrachten bewegen.
Frau Renate Wecker-Piglhein,
Zürich, 15. 4. 62.


(*) Anmerkung von Sohn Robert Wecker: Am 30.11.2000 bat ich per Post Herrn Fuchs in Einsiedeln darum, seine im Internet befindliche website zu ändern. Es handelte sich um die Namensänderung Pilgheimer in Piglhein. Dies ist im Februar 2001 korrigiert worden. Ich habe Herrn Fuchs noch gebeten, folgende Korrektur vorzunehmen: „Das Panorama wurde 1885/86 im eigens dafür errichteten Panoramagebäude an der Goethe-Str. 45 in München gemalt und dort auch feierlich eröffnet am 01.06.1886. Es wurde einige Jahre später in Berlin und Wien ausgestellt, wo es im Jahr 1892 einem Brand zum Opfer fiel.“ – Diese 2. Korrektur ist im Dezember 2001 erfolgt. – RW.
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Berliner Panoramen der Kaiserzeit
Astrid Weidauer / Gebr. Mann Verlag Berlin
Die Kreuzigung Christi
Durch den Ausbau der Stadtbahn hatte das ehemalige Panorama-Atelier in der Bachstraße an Attraktivität gewonnen, da es sich nur wenige Schritte von der S-Bahn-Station Tiergarten befand. Das „Thiergarten-Panorama“ wurde im April 1889 mit einem Rundgemälde eröffnet, das zuvor bereits in München zu einem wahren Kassenschlager avanciert war. Es stammte von dem Münchener Künstler Bruno Piglhein, der es gemeinsam mit seinen Kollegen Joseph Krieger, Adalbert Heine und Karl Frosch für die Panoramagesellschaft Halder & Co. gemalt hatte. Mit der „Kreuzigung Christi“ entstand 1886 eines der wenigen Panoramen mit religiöser Thematik, was zu seinem außerordentlichen Erfolg beigetragen haben mag. Nachdem sich Piglhein mit Krieger und Frosch im Winter 1885 nach Jerusalem aufgemacht hatte, wo Studien und Photographien entstanden, wurde das Panoramabild im Schwabinger Panorama-Atelier ausgeführt und am 1. Juni 1886 eröffnet. Auch bei diesem Bild wurde streng arbeitsteilig vorgegangen: Krieger, unterstützt durch Heine, malte Landschaft und Horizont. Karl Frosch übernahm die architektonischen Passagen des Bildes, während Piglhein, der auch für den Gesamtentwurf verantwortlich war, den figürlichen Teil zu bewältigen hatte.
Zu einem Bruch zwischen Piglhein und seinen Mitarbeitern kam es, nachdem das Panoramabild fertiggestellt worden war. Piglhein hatte sich gegenüber Halder & Co. vertraglich verpflichten müssen, von diesem Rundgemälde keine weiteren Fassungen anzufertigen. Sein Gehilfe Karl Frosch sorgte jedoch dafür, dass in Europa und Amerika über ein Dutzend Plagiate auftauchten, jeweils mit geringfügigen Veränderungen und unter anderen Titeln, die ihm und seinen Komplizen beträchtliche Gewinne eintrugen. Die neunte Kopie des Teams Frosch, Krieger und W.R. Leigh wurde 1893 in der hölzernen Rotunde von Einsiedeln aufgehängt. Nach dem Brand von 1960 entstand eine Neufassung des Gemäldes, die noch heute dort zu besichtigen ist.
Im Panoramaführer heißt es:
„Die Plattform, auf welcher der Beschauer des Panoramas steht, ist der höchste Punkt eines Hügels, der von der gegenüberliegenden Anhöhe, auf welcher drei Kreuze aufgerichtet sind, durch einen Thaleinschnitt geschieden ist und auf der den drei Kreuzen und der Stadt Jerusalem zugekehrten Seite mehrere Felsengräber in sich schließt, darunter das des Joseph von Arimathia und das des Nikodemus.“
Die Kunstform des Rundbildes ermöglichte es Piglhein, eine in der Tafelmalerei häufig dargestellte Szene einer völlig veränderten Perspektive wiederzugeben. Der Betrachter ist dem dramatischen Geschehen auf Golgatha, das im Mittelgrund des Bildes angesiedelt ist, weit entrückt. Nicht das und Sterben Christi stehen im Zentrum des Bildes. Das Panorama taugt nicht zum Erbauungs- oder Andachtsbild. Es fehlt die ausschnitthafte Begrenzung auf das eigentliche Geschehen. Eine solchermaßen geweitete Optik versetzt den Betrachter in einen Zustand der unterhaltsamen Zerstreuung, außerhalb des Sich-Ereignenden, und wird so zum beredten Symbol seiner Gott-Ferne. Ein rein historisch-aufklärerisches Interesse an der fremden
Landschaft und den beteiligten Akteuren dominiert gegenüber der frommen Absicht des religiösen Historienbildes. Begeistert davon zeigte sich etwa Richard Muther:
„Man sieht, das Bild bezeichnet einen Triumph der modernen realistischen Kunst. Erst das Jahrhundert der exakten Wissenschaft, der Photographie und der Eisenbahnen ermöglichte die umfassenden Studien, welche die wissenschaftliche Grundlage des großen Werkes bilden“.
Über die Farbgebung des Gemäldes lassen sich, wie bei allen bisher besprochenen Rundbildern, keine Angaben machen. Ludwig Trost, der dem Panorama 1887 einen Artikel widmete, spricht von den brillanten Farben des Bildes, wobei Gelb- und Rot-Töne überwiegen würden.
Nachdem es zum Ende des Jahres 1891 im Berliner „Thiergarten-Panorama“ abgehängt worden war, ging das Bild in die Ausstellungsrotunde im Wiener Prater, wo es in der Nacht des 26. April 1892 verbrannte.


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The Panorama, History of a Mass Medium

By Stephan Oettermann,
translated by Deborah Lucas Schneider
The Panorama of Jerusalem and the Crucifixion of Christ
Piglhein’s Panorama
In the mid-1880s a form of rebellion broke out in Munich against one of the major Belgian panorama companies. The parent company had exhibited Louis Braun’s Battle of Weissenburg in their Munich rotunda, but after that they wanted to exhibit only paintings by Belgian artists. Out of patriotic resentment a group of Germans led by Josef Halder (Munich) and Franz Josef Hotop (Dresden) founded a new company on February 1, 1885. In their search for a promising subject for the first picture, they hit upon the idea of a scene of the Crucifixion surrounded by an artist’s reconstruction of Jerusalem as it must have looked at the time. The artist Karl Hubert Frosch, whom they consulted about an appropriate person to paint it, immediately suggested Bruno Piglhein. Piglhein (1848-94) had begun his career as a sculptor but moved on to decorations in the style of Hans Makart and then oil paintings in the manner of Arnold Böcklin. Still later he created something of a sensation in the art world with two interestingly disparate specialities: titillating pastels of female figures – ladies “whose many admirable qualities did not include the appearance of virtue,” as one critic put it – on the one hand, and monumental religious pictures with titles such as The Dying Christ, Madonna, and Moritur in Deo on the other. With the latter he may have been trying to rival Mihaly Munkácsy.
Piglhein accepted the company’s offer to paint the picture they had in mind for a flat fee of 145,000 marks (out of which he had to pay all his associates and assistants). While the company began building a new rotunda in the Goethestrasse in Munich, Piglhein and his collaborators departed in the spring of 1895 on a field trip to Palestine. In addition to Karl Frosch, who would be responsible for painting the architectural elements, and Josef Krieger, a landscape painter, there was a fouth, unnamed associate, who was soon dismissed for “incompetence”, however. In addition to letters of recommendation from the papal nuncio and the archbishop of Munich, they took along an “indispensable companion who could be counted on to record everything,” namely a camera. Thanks to the pfotographs they had taken, the artists were able to produce a master sketch for the panorama within a very short time. Work on the cavas itself, a single piece of Belgian fabric almost 50 feet high and 390 feet long, began on August 1885. Two further painters, Adalbert Heine and Josef Block, the latter a student of Piglhein’s, were engaged to help out. After the master sketch had been transferred to the canvas with the aid of a projector, the main areas of a color were covered with a thin layer of paint. For the cloudless blue sky, 1,000 pounds of Krem’s white were mixed with 150 pounds of ultramarine in varying amounts to create ninety different shades.

Then it was time to fill in the details. After nine months’ labor the exhibit was formally opened on May 30, 1886: ThePanorama of Jerusalem with the Crucifixion of Christ, painted by Prof. Bruno Piglhein.” It had been a daring venture from the outset; only a few years earlier a Belgian named Juliaan de Vriendt had gone bankrupt with a panorama of the Crucifixion, and nothing but battle scenes had been shown in German panoramas up to that time. Received opinion held that battles were the only suitable subject for panoramas. When news of Piglhein’s subject leaked out, the project met with criticism in advance. Once the picture went on view, however, the general reception was enthusiastically positive. The reviewer for the Kunstchronik wrote: “An artistic achievement of the first order…. One can say without hesitation: ‘hats off!’ … The effect of the unrolled painting is immense, shattering, and the whole is such a mature work that one can joyfully conclude: Dry-as-dust impressionism has not yet carried the day completely; not all artists have become reduced to mere copyists of nature, whereby one must say that the copy is often a damned sight inferior to the original handwriting.” Ludwig Trost wrote a detailed description of the painting for the popular magazine Über Land und Meer:
When we first mounted the platform, which should be imagined as a price of high ground adjacent to the hill of Calvary, we were somewhat taken aback by the dimness in which we found ourselves. Our eyes, accustomed to bright daylight, needed a monument or two to adjust to the dimness – which corresponds to the solar eclipse that occurred during Christ’s crucifixion – before the painting emerged, as if out of a fog. Slowly we began to take in the peculiar atmosphere created by the lighting, which is dominated by peculiarly cold tones such as the eye perceives when the sun goes behind a cloud on a summer day, for instance. After a short while one grasps the intended mood and realizes that it is exactly right.
If we dissect Piglhein’s work of art – for such it is, in the noblest sense of the world – into its various components, landscape, architecture, figures, and perspective, we find our expectations have not only been met, but actually exceeded. Piglhein’s panorama of the Crucifixion of Christ is a fully realized masterpiece, satisfying to the eye of connoisseur and layman alike. All facile praise is silenced in the solemn atmosphere of Good Friday surrounding us, and our hearts are deeply moved by the sacred scene. I must repeat here that the finished work is the result of a painstaking search for truth; every detail corresponds to the latest biblical research as communicated to the artists by Professor Sattler in Munich. It reproduces for our eyes that 7th of April of the year 29 with overwhelming authenticity and monumental calm, that Friday on which the population of Jerusalem streamed out of the city to see the historic event depicted.
A reflection of this truth hovers about the picture. There is no tree, no road, no hill, no wall or battlement that is superfluous or out of the place; all is exactly as it should be. Those who come expecting a lush green landscape or the splendors of King Solomon will perhaps be disappointed, for what we see is a sterile region of parched vegetation and bare rock, with a city that seems extraordinary eye to see the artistic appeal of this landscape; the overall effect, achieved through the simplest of means, beggars description, and while the pen may prepare the spectator for what he will encounter, it can never convey the impression that is created by the landscape, coloring, mood, and distant vistas of olive groves and sunny hills and vales as yet untouched by the eclipse of the sun. The impression of reality is increased, as in most panoramas, by the three-dimensional foreground, which bridges the transition to the painted canvas with virtually perfect verisimilitude. As soon as we stepped out on the platform we were taken in by an optical illusion so perfect that it had to be called to our attention: the painted ruins of an oriental mill are completed by actual blocks of stone that extend up to the platform in such a manner that the eye absolutely cannot distinguish the real pyramids of stone from the painted parts. There is no way to make out the borderline, and one feels immediately transported into the landscape….
Even Richard Muther, one of the leading lights of German art criticism at that time, had to admit that “Piglhein… has opened up new paths for panorama painting with his Crucifixion of Christ,” although Muther was otherwise convinced that “panoramas in general are not a field of particular interest.” In the Zeitschrift für bildende Kunst he devoted a long article to Piglhein, in which he concluded that the artist’s panorama
represents a triumph of modern realistic art. Only in the century of exact science, photography, and railroads did it become possible to make the comprehensive studies providing the scientific foundation of this great work. Only an artist who had pursued the most painstaking botanical, and archaeological research at the site could have treated this subject – depicted countless times in the history of Western art – in such a thoroughly new way. But his profound knowledge is everywhere paired with outstanding skill, great imagination, and the finest artistic sensibility…. One cannot help but feel that here one is truly in the presence of an artist by the grace of God.
Given such reactions by leading authorities, the public did not disappoint the hopes of Halder and Co. The company’s investment proved to be one of the most lucrative in the last quarter of the century.
At the exhibit, visitors could buy a guidebook, liberally sprinkled with biblical quotations, by Professor Maximilian Sattler, in which it was suggested that the use of opera glasses (available for a rental fee of twenty pfennigs) would greatly increase patrons’ appreciation of the artists’ skill. Various reproductions were also on sale, suitable for every pocketbook, ranging from inexpensive postcards to a luxurious set of twelve folio leaves in collotype.
The panorama remained on display in Munich from May 1886 to the beginning of 1889; from there the exhibit moved to Berlin, where it remained from April 1889 to the end of 1891. The next stop planned on its tour was London, but this exhibit never took place, for reasons that will be explained below. Instead the picture went to Vienna, where it was destroyed by fire shortly after the opening.
A Copy of Piglhein’s Panorama in America and a Battle in the Courts
Following the enormous success of Piglhein’s panorama of jerusalem in Germany, several companies sent requests to the artists to paint the picture a second time for rotundas in the United States. In his contract with the firm of Halder and Hotop, however, Piglhein had agreed not to produce a panorama on the same subject for ten years “neither acting for himself nor on behalf of another person.” To ensure his compliance, Halder and Hotop had also demanded that he hand over to them the india ink drawings and glass plates that had been used to transfer the master sketch to the large canvas. Piglhein was therefore obliged to decline such commissions. Instead Karl Frosch went to America and painted a total of three panoramas of the Crucifixion, one of which had been commissioned by the Buffalo Cyclorama Company. Frosch himself repeated the architectural parts of the picture, while two other German painters who had emigrated to the United States, Wilhelm Heine and August Lohr, took over figures and
the landscape. They later claimed that this occurred with the full knowledge of the company must have got wind of the project rather quickly, but they took no steps to try to stop it. Perhaps the great distance made them confident that they would incur no financial loss themselves. On the other hand a lawsuit might have had poor chances for success, since Frosch had been engaged by Piglhein and had no contract with Halder and Co. Furthermore no bilateral agreement existed between Germany and the United States with regard to the Berne Convention of 1886 for the protection of literary and artistic works.
As long as visitors continued streaming in to see Piglhein’s original panorama, everyone was content. Trouble ensued only when there was no longer any profit to be made the picture in Germany, and Halder and Co. signed a contract with the British firm of Fishburn Brothers in 1890. With it Fishburn Brothers acquired the exclusive right to show the Jerusalem panorama in Great Britain for several years beginning on January 1, 1892 – for a hefty fee, of course. The British company paid a further large sum to lease a piece of land in London and began building a rotunda with all speed. Their dismay can be imagined when December 1890, a panorama of the Crucifixion opened in the Niagara Hall, very near their construction site, “painted by the celebrated Munich painter Charles [sic] Frosch.” Following an intensive advertising campaign it became an unprecedented succes, and soon between fifteen hundred and two thousand people a day were paying a shilling each to see the Buffalo Cyclorama Company’s version of Jerusalem.
Naturally Fishburn Brothers objected strenuously and at once sued the Buffalo Cyclorama Company and its general directior, John Hollingshead, demanding the immediate closing of their exhibition. The American company responded by producing depositions from Karl Frosch, who was in Holland at the time – another country that had not signed the Berne Convention – working on still another copy of his Crucifixion for exhibit in Amsterdam. Frosch stated that the original panorama had been painted in equal parts by himself, Joseph Krieger, and “one Bruno Piglhein,” and that he had entered into no contractural obligations. Furthermore he regarded himself as solely responsible for the archaeological reconstruction of ancient Jerusalem and the architectural elements of the painting, and he had reproduced this and only this for the Buffalo company. Mr. Hollingshead went so far as to claim that the two panoramas had nothing in common, a statement that was quickly disproved by comparing photographs of the painting in the Niagara Hall with drawings Piglhein sent from Munich. Apart from a few changes in the human figures, the two pictures were virtually identical. Of course the Americans had merely been playing for time, hoping to make as much money as possible before the expected verdict against them. This tactic proved quite successful; by the time the decision in favor of the Munich panorama company was handed down on February 4, 1891, the Niagara Hall exhibit had made profit of almost five thousand pounds.
In Germany, and especially in Munich, the trial aroused great interest, and the newspapers covered it extensively. Naturally the Buffalo company appealed the decision against them immediately, but it was not possible to determine how the case was decided on appeal. In any case if Bruno Piglhein’s panorama of Jerusalem ever came to London, it was only for a very short time.
Further Versions of Piglhein’s Panorama
When the ornate rotunda in the Prater Park in Vienna burned down, the panrama of Jerusalem was destroyed, and one might assume that this was the end of the story. In fact, however, it was only the beginning. Between 1884 and 1903, a total of at least thirteen or fourteen panoramas of the Crucifixion were painted. The first, made sometime before 1886 by the Belgian Juliaan de Vriendt, was described above, It proved a financial fiasco and soon disappeared from view. Number two was Piglhein’s panorama in Munich; numbers three to five were produced in America by the team of Frosch, Heine, and Lohr. (It was number three, painted for the Buffalo Cyclorama Company, that led to the lawsuit in London. The Jerusalem Panorama Company in New York City commissioned number four; number five went on exhibit in Philadelphia in 1890.) When Frosch went to Holland to work on number six for Amsterdam, Heine and Lohr accepted a commission to paint number seven for Milwaukee. Number eight would be Paul Philippotaux’s surviving panorama in St. Anne de Beaupré, Québec. After the fire in Vienna, Crucifixion panoramas were painted for the shrine of Einsiedeln in Switzerland in 1893 (number nine) and for a rotunda in Stuttgart in 1894 (number ten). These last two were the work of the experienced team of Frosch and Krieger, with the aid of a third artist, the American William Robinson Leigh (1866-1955). This group also collaborated once more, almost ten years later, on number eleven, a 1903 panorama for Aachen.
Friedrich von Bötticher had scathing words for these activities: “Through the disloyalty of Piglhein’s assistant, the painter Karl Frosch, the panorama was reproduced nine times and exhibited in several American cities, London, and Antwerp.” If Bötticher’s assertion is correct, then more panoramas should be added to our list (number twelve to fifteen). No further information could be obtained on them, however. The last known Crucifixion panorama was painted for the Bavarian shrine of Altötting. Here the painter in charge was gebhard Fugel, but Josef Krieger, another of Piglhein’s original collaborators, was part of the team.
Ever since the accusations of plagiarism had been raised in the London trial, the painters assiduously varied their depictions – as far as the subject matter and the topography of Jerusalem allowed. Of all versions dating from this period, only the two painted for shrines have survived to the present day.
The Panorama in Altötting
The panorama painted in 1903 for the shrine of Altötting in eastern Bavaria is almost certainly the last variant of Piglhein’s panorama of the Crucifixion. The idea for the picture came from Gebhard Fugel (1863-1939), who also supervised its execution. Fugel opposed the overly sweet and sentimental style of the religious art of his day with a “vigorous realism” that led to his being called the “renewer of Christian art” in Germany. He was not only the driving force behind the painting of the Altötting panorama, but also assumed all the production costs; an unspecified group of “friends” financed construction of the rotunda. The painting itself, which is still in place, is 39 feet high and almost 309 feet in circumference; the rotunda has a diameter of 97 feet.
Fugel himself painted the human figures; as collaborators he engaged two Munich artists, Karl Nadler and Josef Krieger. The latter was already a veteran of several Crucifixion panoramas. Yet another archaeological reconstruction of ancient Jerusalem was provided by H. Ellenberger, an art teacher from Würzburg. Nadler and Krieger, who were responsible for the architectural elements and landscape, respectively, first undertook a short study trip to the Holy Land; on their return the group set to work on the actual painting, which must have been done in one of the still existing Munich panorama workshops. Their insistence on exact realism made progress slow and must occasionally have led to slightly macabre scenes; according to one account, the artists set up real wooden crosses in their studio and “fastened” models to them, in order to be able to paint from life. When the panorama opened to the public in 1903, the reaction was mixed. Some found that “it encourages pilgrims in their devotions, as well as providing a high level of artistic enjoyment”; others found it an offense against both art and religion when the guide stops at a certain point in the tour and points out “a stone staircase that demonstrates with what marvelous skill the artists have been able to blur the line between painting and reality.” The Bavarian government has declared the panorama in Altötting a historic monument, and today the guide has been replaced by a crackling loudspeaker. The taped explanation still includes a reference to the staircase, and a mute old woman keeps watch to see that it is not damaged by the curious.
Of all the subjects treated in panoramas, the Crucifixion was no doubt the most sensitive and the most questionable. The Crucifixion itself was always depicted in the traditional manner familiar from thousands of easel paintings, creating an awkward contrast to the rest of the panorama surrounding it. It is difficult not to feel that the striking realism of the depiction and the alleged historical accuracy were meant to present an article of religious belief to visitors as realty. There is a false note in the whole that cannot be ignored. This is particularly true of the Altötting picture; perhaps it is caused by the general tenor of the shrine itself. Certainly of all surviving panoramas this is the stalest and most dated. The printed brochure available at the ticket office proclaims that the darkened corridor leading to the observation platform represents “the way to ‘another world’.”
Panoramas in Vienna: The Second Phase
The last painting exhibited at the New Panorama was Piglhein’s Jerusalem with the Crucifixion of Christ. Piglhein’s panorama arrived in Vienna from London and had been on display barely two months when fire broke out in the rotunda in the night of April 26-27, 1892. The fire department arrived and pumped enough water into the building to bring the fire under control, and the cast-iron frame sustained little damage, but between the fire and the water the painting was a total loss. Various hypotheses were advanced about what caused the fire – a careless cigarette smoker, spontaneous combustion in a storeroom, the gas lights, arson – and finally officials decided defective electrical wiring had been at fault. Both Piglhein, the artist, and Ignaz Fleischer, the owner of the New Panorama, turned out to be well insured. 
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Das Panorama, Geschichte eines Massenmediums
Von Stephan Oettermann
Das Panorama von Jerusalem und die Kreuzigung Christi
Das von Piglhein gemalte Rundgemälde
Als Reaktion auf die Geschäftspraktiken der Belgischen Panoramagesellschaft, aus einer gewissen patriotischen Verstimmung heraus, weil diese in ihrer Münchner Filiale nach dem von L. Braun gemalten Panorama der Schlacht bei Weissenburg nur mehr belgische Bilder zur Ausstellung bringen wollte, kam es am 1.Februar 1885 zur Gründung einer neuen Panoramagesellschaft durch Josef Halder (München) und Franz Josef Hotop (Dresden). Bei der Suche nach einem geeigneten Motiv verfiel man auf die Kreuzigung Christi, zu deren panoramatischer Ausführung der zu Rate gezogene Maler K.H. Frosch spontan Bruno Piglhein vorschlug. Piglhein (1848-1894), ursprünglich Plastiker, hatte sich als Maler zunächst an Dekorationen im Makart-Stil, dann an Ölgemälden in der Manier Böcklins versucht, um zuletzt in der Kunstwelt einiges Aufsehen zu erregen mit seinen pikanten Pastell-Bildnissen von Damen einerseits (>...unter deren vielen lobenswerten Eigenschaften die der Unbescholtenheit nicht zu finden war<, wie es ein Kritiker zu umschreiben suchte) und andererseits mit religiösen Monumentalbildern, wie etwa der >Sterbende Christus<, >Madonna< oder >Moritur in Deo<, mit denen er wohl insgeheim zu Munkácsy in Konkurrenz zu treten versuchte.
Für eine Pauschalsumme von 145 000 Mark (von der er allerdings seine Mitarbeiter zu entlöhnen hatte) nahm Piglhein den Auftrag, ein Kreuzigungs-Panorama zu malen, an. Während in der Goethestraße 45 in München mit dem Bau einer rotunde begonnen wurde, unternahmen Piglhein und seine Mitarbeiter, der Architekturmaler Karl Hubert Frosch, der Landschaftsmaler Josef Krieger sowie ein vierter, ungenannter Maler, der aber bald wegen „Unfähigkeit“ entlassen wurde, im Frühjahr 1895 eine mehrmonatige Studienreise nach Palästina. Neben den Empfehlungsschreiben der Päpstlichen Nuntiatur und des Erzbischofs von München war der Photoapparat, „der unentbehrliche, alles notierende Begleiter“, ihr wichtigster Ausrüstungsgegenstand. Dank ihm konnten die Maler, inzwischen wider nach München zurückgekehrt, innerhalb kürzester Zeit den Entwurf für das Panorama vorlegen. Bei den Arbeiten im großen, die am 25. August 1885 begannen, fanden noch zwei weitere Maler, Adalbert Heine und Joseph Block, letzter ein Schüler Piglheins, Beschäftigung. Nachdem zunächst die Vorzeichnung mittels Projektion auf die 120 m lange und 15 m hohe, in einem Stück gewebte Brüsseler Leinwand übertragen worden war, wurden die Konturen in den entsprechenden Lokaltönen dünn ausgemalt. Für den wolkenlos blauen Himmel wurden 500 Kilogramm Kremser Weiß und 70 Kilo Ultramarin gemischt und in 90 Schattierungen sorgfältig ausgestrichen. Dann begann die Ausführung im Detail. Nach insgesamt neun Monaten Arbeit konnte das >Panorama von Jerusalem mit der Kreuzigung Christi, gemalt von Prof. Bruno Piglhein< am 30. Mai 1886 feierlichst eröffnet werden. Das Unternehmen war von Anfang an gewagt gewesen; wenige Jahre zuvor hatte der Belgier Juliaan deVriendt mit einem Kreuzigungs-Panorama finanziell Schiffbruch erlitten; bisher waren – zumindest in Deutschland – ausschließlich Schlachtenpanoramen gezeigt worden und die öffentliche Meinung ging dahin, dass Schlachten auch das einzig adäquate Thema zu Rundgemälden seien; in München hatte es, als trotz aller Vorsichtsmaßnahmen durchgesickert war, welches Sujet in der neuen Rotunde zu einem Panorama verarbeitet werden sollte, schon einige Kritik im voraus gegeben. Jetzt allerdings, nachdem das Bild in Augenschein genommen worden war, war man allgemein begeistert. In der Kunstchronik z.B. hieß es:
>Eine künstlerische Leistung ersten Ranges . . . Eine künstlerische Leistung, vor der man ohne Zaudern sagen kann: Hut ab! . . . Die Wirkung des entrollten Bildes ist eine gewaltige, erschütternde, das Ganze ein künstlerisch so reifes Werk, dass man mit Freuden sagen kann: noch hat der öde Impressionismus nicht alles Terrain erobert, noch sind sie nicht alle Naturabschreiber geworden, wobei allerdings die Kopie oft verdammt viel lückenhafter und geringer ist als die Originalhandschrift selbst.<
Eine ausführliche Beschreibung des Bildes lieferte Ludwig in der populären Zeitschrift Ueber Land und Meer:
>. . . Beim ersten Betreten des Podiums, welches auf einer Anhöhe neben dem Golgathahügel gedacht ist, stutzten wir etwas ob der Dämmerung, die uns umfing; das eben aus dem Sonnenlicht der Straße gekommene Auge musste sich erst daran gewöhnen, bis allmählich die malerische Wirkung, deren schleierhaftes Dunkel durch die während der Kreuzigung Christi herrschende Sonnenfinsternis gerechtfertigt ist, wie aus einem Nebel heraustrat. So erfassten wir, wenn auch langsam, die eigentümliche Stimmung in der Beleuchtung, welche von jenen eigentümlich kalten Tönen beherrscht wird, die unser Auge beispielsweise dann wahrnimmt, wenn die grelle Sommersonne hinter Gewitterwolken tritt. Nach kurzem Verweilen ist man Herr dieser Stimmung und sagt sich, dass es so sein muss. Zergliedern wir nun dieses Piglhein’sche Kunstwerk – denn ein solches ist es im edelsten Sinne des Wortes – in Landschaft, Architektur, figurale Scenerie und Perspektive, so finden wir, diese Faktoren zunächst zusammengefasst, unsere Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern übertroffen. Piglheins Panorama der Kreuzigung Christi ist ein gelungenes, das Künstler- und Laienauge hoch befriedigendes Meisterwerk. Die Lobesposaune verstummt vor der erhabenen Karfreitagsruhe, die uns umfängt. Das Bild bemächtigt sich seiner rührenden Heiligkeit unserer herzen. Es muss hier nochmals wiederholt werden, dass das Gesamtgemälde in allen Einzelheiten Erzeugnis lautester Wahrheit ist; gewissenhaft an der Hand der neuesten biblischen Forschung, die Professor Sattler in München dem Künstler vermittelte, führt derselbe uns in monumentaler Ruhe den 7. April des Jahres 29 unserer christlichen Zeitrechnung vor Augen, jenen Freitag, welcher die aufgeregte Bevölkerung Jerusalems vor die Thore der Stadt lockte, jene Stunde, welche ein festgefügter Markstein in der Geschichte die ewige Wahrheit der Liebe und Versöhnung allen Menschen kündet. Und ein Abglanz dieser Wahrheit ruht über dem Bilde. Da ist kein Baum, keine Straße, kein Hügel, kein Mauerwerk, keine Tempelzinne, die nicht ihre Berechtigung hätte. Wer eine üppige Landschaft, eine architektonische Prachtstadt in Salomonischer Herrlichkeit erwartet, wird vielleicht enttäuscht sein; wir sehen eine sterile Gegend, eine dürre, sonnenversengte Vegetation, nackte, zerstückelte Felsen und eine Stadt, architektonisch aufgeschichtet wie ein Trümmerhaufen, aber es bedarf keines feinfühligen Auges, um den ganzen künstlerischen Reiz dieser charakteristischen Ansicht zu empfinden, die Gesamtwirkung, hervorgebracht durch die denkbar einfachsten Mittel, spottet jeder Beschreibung, und die Feder vermag den Besucher des Panoramas wohl vorzubereiten, aber niemals den Eindruck wiederzugeben, welcher durch Landschaft, Farbengebung, Stimmung, Luftperspektive bis hinaus zu jenen fernen Olivenhainen und lichten, von der herrschenden Sonnenfinsternis noch unberührten Thälern und Hügeln, die den Horizont begrenzen, in uns wachgerufen wird. Was den Eindruck der Wahrheit erhöht, ist zunächst der bei allen Panoramen übliche plastisch aufgeschichtete Vordergrund, welcher den Uebergang zur bemalten Leinwand mit einer nichts zu wünschen übrig lassenden Naturtreue sozusagen überbrückt. Gleich beim Betreten des Podiums sind wir einer völligen Sinnestäuschung preisgegeben , welche die Beschauer nicht empfinden, wenn sie nicht eigens darauf aufmerksam gemacht wurden: nämlich die gemalten Reste einer orientalischen Mühle finden ihre Ergänzung in wirklichen Steintrümmern, die sich derartig in den Vordergrund hereinziehen, dass man von dieser aus Steinen aufgeschichteten Pyramide die gemalten Partien absolut nicht als solche zu unterscheiden vermag. Es fehlt jede Grenze für den Unterschied, man sieht sich unmittelbar in die Landschaft versetzt . . .<
Selbst Richard Muther, einer der damaligen Päpste der Kunstkritik, der sonst der Meinung war, dass „Panoramen . . . im Allgemeinen für die Kunst ziemlich gleichgültige Dinge“ seien, musste zugeben, dass „Piglhein . . . mit seiner ‚Kreuzigung Christi’ . . . der Panoramenmalerei neue Bahnen eröffnet habe“, denen er seine Anerkennung nicht versagen könne. In der Zeitschrift für bildende Kunst widmete er dem Maler einen langen Artikel, in dem es zu dem Panorama u.a. hieß:
>Das Panorama bezeichnet einen Triumph der modernen realistischen Kunst. Erst das Jahrhundert der exakten Wissenschaft, der Photographie und der Eisenbahnen ermöglichte die umfassenden Studien, welche die wissenschaftliche Grundlage des großen Werkes bilden. Nur ein Künstler, der an Ort und Stelle die gründlichsten landschaftlichen, volkstypischen, und archäologischen Forschungen gemacht hatte, vermochte den unzählige Male dargestellten Gegenstand in so durchaus neuer Weise behandeln. Aber dies gründliche Wissen ist überall mit einem eminenten Können, einer groß veranlagten Phantasie und feinstem künstlerischen Empfinden gepaart . . . Man kann sich der Empfindung nicht erwehren, dass man hier in der That einem Künstler von Gottes Gnaden gegenübersteht . . .<
Wo die Kritiker lobten, mochte das Publikum nicht zurückstehen und machte die Investitionen der Fa. Halder & Co. zu einer der lukrativsten in der Geschichte der Panoramenmalerei im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. Ein fleißig mit Bibelsprüchen unterernährter „Führer“, verfasst von Maximilian Vincent Sattler, kgl. Professor und Vorstand der Dreifaltigkeitskirche in München, erleichterte die Erbauung ungemein. In diesem Heftchen liest man, in drei Sprachen, gleich auf Seite 2:
>Zur gefälligen Beachtung.
Zur völligen Würdigung der künstlerischen Ausführung des Gemäldes wird die Benützung von Ferngläsern dringend empfohlen. Leihgebühr 20 Pfge.<
Ebenfalls an der Kasse erhältlich waren die unterschiedlichsten Reproduktionen des Panoramas für jeden Geldbeutel; von der preiswerten Teilreproduktion bis zur Prachtausgabe in 12 Lichtdruck-Folioblättern.
In München war dieses Panorama fast drei Jahre zu sehen: von Mai 1886 bis Anfang 1889; dann folgte eine Ausstellung in Berlin (von April 1889 bis Ende 1891). Danach sollte das Bild eigentlich für einige Jahre in London ausgestellt werden, wozu es aber aus Gründen, die im folgenden näher berichtet werden sollen, nicht kam; statt dessen sah man das Bild in Wien, wo es kurz nach der Eröffnung verbrannte.



Die Wiederholungen von Piglheins Panorama für Amerika und ein aufsehenerregender Rechtsstreit
Nach dem ungeheuren Erfolg, den Piglheins Panorama von Jerusalem in Deutschland hatte, ergingen von verschiedenen Gesellschaften Anfragen an die Künstler, das Bild für nordamerikanische Rotunden noch einmal zu wiederholen. Bruno Piglhein war durch den Kontakt mit der Firma Halder & Hotorp gebunden, innerhalb der nächsten 10 Jahre kein Panorama mit gleichem Thema „weder für sich, noch im Auftrag einer anderen Person“ herzustellen. Zur Sicherung dieses Vertragpunktes wurde der Künstler verpflichtet, die Glasplatten und Tuschezeichnungen, die zur Übertragung der Zeichnung auf die große Leinwand gedient hatten, bei der Fa. Halder & Co. zu deponieren. Piglhein selbst musste also derartige Aufträge ablehnen. Statt dessen ging Karl Frosch nach Amerika und führte dort insgesamt dreimal, u.a. für die Buffalo Cyclorama Company, ein Panorama der Kreuzigung aus. Während er selbst die Architektur übernommen hatte, waren zwei andere Maler, die nach Amerika ausgewanderten Deutschen Wilhelm Heine und August Lohr, für Figuren und Landschaft verantwortlich. Angeblich geschah das mit Wissen der Münchner Panoramagesellschaft, zumindest dürften ihr derartige Unternehmungen rasch zu Ohren gekommen sein. Sie unternahm jedoch nichts, vielleicht weil man über eine so große Entfernung keine Geschäftsschädigung befürchtete. Eine Klage hätte auch kaum etwas gefruchtet, da Karl Frosch von Piglhein und nicht von der Fa. Halder & Co engagiert worden, also nicht kontraktmäßig gebunden war. Außerdem bestand damals noch kein Staatsvertrag zwischen Deutschland und den USA bezüglich der Berner Konvention zu Schutze von Kunstwerken.
Solange die Einnahen für das Original-Piglheinsche Panorama in der kasse klingelten, war jedermann zufrieden. Ärger gab es erst, als in Deutschland mit den Rundgemälden kein rechtes Geld mehr zu verdienen war und die Fa. Halder & Co 1890 mit dem englischen Unternehmer Fishburn Brothers aus North-Shields Vertrag schloss, der diesem gestattete, gegen hohe Miete selbstverständlich, das Panorama von Jerusalem ab dem 1. Januar 1892 auf mehrere Jahre in England zu zeigen. Die britische Firma erwarb umgehend unter großen Kosten ein Grundstück zum Bau einer Rotunde in London und begann sofort mit den notwendigen Arbeiten. Unangenehm überrascht waren die Fishburn Brothers, als am 23. Dezember 1890 in der Niagarahall, also ganz in der Nähe ihrer im Entstehen begriffenen Rotunde, begleitet von einem ungeheuren Reklamerummel, ein Panorama von Jerusalem mit der Kreuzigung Christi, „Painted from the celebrated Munich Painter Charles Frosch“ zur Ausstellung gelangte und zu einem beispiellosen Kassenerfolg wurde: „Bei einem Eintritt von 1 Shilling wurden 1500-200 M. pro Tag verdient“, d.h., da damals 1 Shilling ca. 1 Mark entsprach, dass 1500 bis 2000 Personen täglich sich in die plagiierte „Kreuzigung“ drängelten. Kein Wunder, dass Fishburn Brothers sich geprellt fühlten und gegen die Aussteller „The Buffalo Cyclorama Company“, bzw. deren Generaldirektor John Hollingshead, Klage auf sofortige Schließung der Ausstellung erhoben. Die Beklagten versuchten sich jedoch mit immer neuen Ausflüchten aus der Affäre zu ziehen, indem sie z.B. Aussagen von karl Frosch (der gerade in Holland, das ebenfalls die Berner Konvention nicht unterzeichnet hatte, an einer weiteren Kopie des Panoramas für Amsterdam arbeitete) beibrachten, in denen er behauptete, das Original-Panorama sei zu gleichen Teilen von ihm, Josef Krieger und „one named Br. Piglhein“ gemalt worden, er sei durch keinen Vertrag gebunden und betrachte die Architektur und die archäologische Rekonstruktion der antiken Stadt als sein alleiniges Werk und nichts anderes habe er bei dem amerikanischen Panorama ausgeführt. Der Generaldirektor Hollingshead verstieg sich gar zu der Behauptung, das deutsche und das amerikanische Panorama hätten überhaupt nichts miteinander gemein. Das allerdings wurde rasch durch den Vergleich von Photographien, die man in der Niagarahall gemacht hatte, mit den von Piglhein aus München eingesandten Zeichnungen widerlegt; außer ein paar figuralen Änderungen waren beide Rundgemälde nahezu identisch. Das hatte die amerikanische Gesellschaft natürlich längst gewusst; ihre Taktik war es, Zeit zu gewinnen und das Panorama in der Niagarahall unterdessen Geld verdienen zu lassen. Was auch gelang. Als am 4. Februar dann das Urteil erging, gegen das die beklagte Partei selbstverständlich sofort Berufung einlegte, hatte man an die 100 000 Mark verdient.
In Deutschland, besonders natürlich in München, verfolgte man diesen Prozess, der über einen Präzedenzfall zu entscheiden hatte, mit großer Aufmerksamkeit, und die Zeitungen berichteten ausführlich. Wie das Urteil in der zweiten Instanz entschieden wurde, ob die amerikanische Gesellschaft zu einer Geldstrafe verurteilt wurde oder nicht, ließ sich nicht ermitteln. Bruno Piglheins originales Panorama kam jedenfalls nicht mehr (oder nur kurz) nach London.
Weitere Wiederholungen von Piglheins Panorama
Mit dem Brand der pompösen Ausstellungsrotunde im Wiener Prater, bei dem das Panorama von Jerusalem vollständig zerstört wurde, war, so sollte man meinen, die Geschichte dieses Rundgemäldes zu Ende – aber sie sollte nun erst richtig beginnen. Insgesamt wurden in der Zeit von 1884 bis 1903 mindestens dreizehn oder vierzehn Kreuzigungs-Panoramaen hergestellt: Das erste, noch vor 1886 entstandene Bild, wie gesagt, von Juliaan deVrient für Belgien gemalt, stellte sich als finanzielles Fiasko heraus und verschwand rasch wieder; das zweite war das von Piglhein; Nummer drei bis fünf hatte C. Frosch zusammen mit F.W. Heine und A. Lohr in Amerika gemalt (Nr. 3 war das für die Buffalo Cyclorama Company, das in London den Rechtsstreit auslöste, Nr. 4 wurde für die Jerusalem Panorama Company in New York angefertigt und Nr. 5 sah man 1890 in Philadelphia); unabhängig von Frosch, der inzwischen an Nr. 6 für Amsterdam arbeitete, malten Heine und Lohr die Ausgabe Nr. 7 für Milwaukee; von Paul Philippoteaux hat sich das Panorama „Crucifixion“ in Ste. Anne de Beaupré bei Quebec erhalten, das wäre Nr. 8; nach dem Brand der Wiener Rotunde wurde das Panorama 1893 für den Wallfahrtsort Einsiedeln in der Schweiz (Nr. 9) und für Stuttgart (Nr. 10) und 1903 noch einmal für Aachen (Nr. 11) wiederholt; Urheber war jedes Mal das inzwischen gut eingespielte Team Frosch/Krieger/W.Leigh. Bötticher schreibt dazu empört:
>Durch den ungetreuen Gehilfen Piglhein’s den Maler K. Frosch, wurde das Panorama neunmal reproduziert und in mehreren Städten Amerikas, in London und Antwerpen ausgestellt.<
Wenn diese Angaben Böttichers stimmen, kommen noch vier weitere Panoramen zu unserer Aufstellung dazu, die sich bisher nicht genau ausmachen ließen (Nr. 12 – 15). Als Nummer 16, und letztes bekanntes Kreuzigungs-Panorama, entstand das für den Wallfahrtsort Altötting in Bayern. Hier hatte Gebhard Fugel die Leitung, aber vom alten Team war immerhin noch Josef Krieger mit von der Partie.
Zumindest seit dem Plagiatsskandal um das bild Piglheins bemühten sich die Maler – soweit das bei der Wahl des gleichen Themas und den topographischen Gegebenheiten des alten Jerusalem überhaupt möglich war -, keine allzu offensichtlichen Kopien anzufertigen. Von den in direkter Nachfolge Piglheins in Deutschland entstandenen Panoramen haben sich nur die beiden Wallfahrtsorte bestimmten bis heute erhalten.
Das Panorama in Altötting
Das wohl letzte der ‚Wiederholungen’ von Piglheins Panorama von Jerusalem mit der Kreuzigung Christi dürfte die 1903 für den Wallfahrtsort Altötting in Bayern entstandene Version sein. Idee und Ausführung zu diesem Bild stammen von Gerhard Fugel (1863-1939), den man wegen seines ‚kraftvollen Realismus’, den er gegen die kitschig-süßlichen Religionsmalereien seiner Zeit wandte, den ‚Erneuerer der christlichen Kunst’ nannte. Von Fugel stammt nicht nur die Anregung zu diesem von keiner Seite in Auftrag gegebenen Rundbild, er übernahm auch die Produktionskosten für das 12 m hohe und 95 m lange (=1130 qm) Gemälde, während nicht näher benannte ‚Freunde’ den Bau der einfachen Rotunde von 30 m im Durchmesser in Altötting finanzierten.

Als Mitarbeiter gewann Fugel, der selbst die Ausführung der Figuren übernahm, die beiden Münchener Maler Karl Nadler und Joseph Krieger (letzterer war ja bereits
Fachmann in Kreuzigungs-Panoramen). Die archäologische Rekonstruktion des alten Jerusalem besorgte der Würzburger Zeichenlehrer H. Ellenberger. Nach einem kurzen Studienaufenthalt von Nadler und Krieger, die für Architektur und Landschaft zuständig waren, begann man, wohl in einem der noch existierenden Münchner Panorama-Ateliers, mit der ein gutes Jahr dauernden Ausarbeitung des Bildes, bei der man, wie schon bei den Vorarbeiten, größten Wert auf Realismus legte, was gelegentlich etwas makabre Formen annahm:
> . . . Holzkreuze . . . waren im Atelier des Künstlers aufgepflanzt und an ihnen waren Männer (‚Modelle’) befestigt und diese Männer, geübt in ihrem für den Künstler unentbehrlichen Beruf, hatten für das gute Geld des Malers wieder und wieder die von ihm gewollten Stellungen einzunehmen und beizubehalten, bis dem Drang nach Vollendung der äußeren und inneren Gestaltung, die ihm vorschwebte, genuggetan war. Glaubt man etwa, solche Vorarbeiten seien für den Künstler ein Vergnügen? Sie sind eine Last, eine Qual, ein Opfer, aber auch eine Notwendigkeit. Sage man ja nicht, das sei ein ‚Abschreiben’ der Natur und für das ideale Schaffen bleibe hier kein Raum. Das hieße die Grundlage des idealen Schaffens verkennen . . .<
Als das Panorama 1903 der Öffentlichkeit übergeben wurde, war man in der christlich-katholischen Welt durchaus geteilter Meinung: die einen meinten, dass das Panorama „die Wallfahrer in ihrer Andacht stärkt und ihnen zugleich einen erhabenen Kunstgenuss bereitet“, andere fragten:
 
>Wo bleiben Kunst und Religion, wenn der Führer des Panoramas etwa an einer gewissen Stelle des Rundgangs seine Zuhörer auffordert, ‚eine steinerne Treppe zu beachten, bei der
es der Künstler in wunderbarer Weise verstanden habe, Kunst und Wirklichkeit unmerklich ineinander übergehen zu lassen’.<
Der Führer ist heute, da der Freistaat Bayern das Panorama als ‚begehbares Raumkunstwerk’ deklariert und unter Denkmalschutz gestellt hat, durch eine schnarrende Lautsprecheranlage ersetzt – der Hinweis ist geblieben, und eine stumme alte Frau passt auf, dass man die Treppe auch nicht kaputtmacht.
Von allen Themen, die zu Panoramen verarbeitet wurden, ist das der Kreuzigung, wohl das heikelste und fragwürdigste. Die Kreuzigungsszene ist in allen diesen Panoramen ganz traditionell aufgefasst, so wie man sie aus Tausenden von Bildern kennt, und steht dadurch in unangenehmen Kontrast zum übrigen im Panorama Dargestellten. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier dem Betrachter durch den frappanten Realismus der Darstellung und durch die vorgebliche historische Treue eine Glaubenssache als Realität untergeschoben werden soll. Der falsche Ton in diesen Panoramen ist nicht zu ‚überhören’. Das trifft speziell für das Altöttinger Bild zu; daran mag zum großen Teil die ganze Atmosphäre des umgebenden Wallfahrtsortes schuld sein. Mit Sicherheit ist dieses Rundgemälde aber von allen bis heute erhaltenen in jeglicher Hinsicht das muffigste. Die gedruckte Broschüre zu diesem Bild behauptet, der verdunkelte Gang, der auf die Betrachterplattform führt, versinnbildliche „den Weg in eine ‚andere Welt’“.
Panoramen der zweiten Phase in Wien
. . . Das letzte im sogenannten ‚Neuen Panorama’ ausgestellte Rundgemälde war Piglheins „Kreuzigung Christi“, über die an anderer Stelle ausführlicher berichtet wurde.
In der Nacht vom 26. zum 27. April 1892 – Piglheins Panorama war, von London kommend, kaum zwei Monate ausgestellt – brach in dem Gebäude ein brand aus. Die Feuerwehr, der gegen 0 Uhr 45 die Anzeige eines ‚Zimmerbrandes’ zugegangen war, hatte bereits zwei Stunden später, nachdem sie aus fünf Schläuchen Wasser in die Rotunde gepumpt hatte, den Brand so weit unter Kontrolle, dass die Nachbargebäude außer Gefahr waren. Als am Morgen der Brand endgültig gelöscht war, standen nur noch rauchende Trümmer; während die Eisenkonstruktion trotz der Hitze standgehalten hatte, war die Zwischendecke eingestürzt und das Mauerwerk z.T. stark beschädigt; vom Rundgemälde selbst war nur Asche übrig geblieben. Die Brandursache konnte nie befriedigend geklärt werden. Zuerst hatte man angenommen, eine fortgeworfene Zigarette (im Panorama war Rauchen strikt verboten!) habe im Untergeschoss, das abwechselnd als Depot, Hippodrom und Betsaal genutzt wurde, dort gelagertes Heu in Brand gesetzt. Als sich herausstellte, dass das Untergeschoss seit längerem leergestanden hatte und dort weder Heu noch sonst etwas gelagert worden war, verfiel man auf den Gedanken, die ständig brennenden Gasflämmchen der Notbeleuchtung hätten das Gebäude angezündet – auch diese Annahme musste wieder verworfen werden. Ein kurz zuvor entlassener Bediensteter wurde verdächtigt, den Brand aus Rache gelegt zu haben – er hatte ein Alibi. Am Ende einigte man sich offiziell, als Brandursache eine Störung in der elektrischen Anlage anzunehmen. Die Anklage gegen Ignaz Fleischer, den Besitzer des Panoramengebäudes, wegen Übertretung des § 459 St.G. (‚allgemeine Strafbestimmungen für Handlungen oder Unterlassungen, woraus Feuergefahr sich besorgen lässt’) wurde fallengelassen, obwohl – wie eine Meldung der Allgemeinen Zeitung, München, behauptete –die elektrische Anlage seit Tagen nicht mehr benutzt worden war und am Morgen nach dem brand bei der ersten Untersuchung sogar noch funktioniert haben soll (!?).
Das für nur 61 000 Gulden errichtete Gebäude war bei der Fa. Phönix mit 100 000 Gulden gut versichert, die Fa. Phönix selbst war zu 85% rückversichert. Der Auszahlung der Schadenssumme stand nichts mehr im Wege. Alles in allem ein ‚sauberer Brand’, bei dem auch die Fa. Halder und Co., der Piglheins Panorama gehörte, nicht schlecht wegkam: das Rundgemälde, das jetzt schon zehn Jahre alt war und an dem das Publikum nach und nach das Interesse verloren hatte, war mit 90 000 Gulden versichert, die auch voll zur Auszahlung kamen. Herr Fleischer beeilte sich auch deshalb mit der Versicherung, er werde, dank ‚Phönix’, in Kürze die Rotunde glänzender denn je aus der Asche entstehen lassen. Doch daraus wurde nichts, angeblich scheiterte die Erteilung einer Baugenehmigung am Einspruch der Anrainer.
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Allgemeine Deutsche Biographie
Band 53, Seiten 790 – 791
Piglhein: Elimar Ulrich Bruno P., Maler, wurde am 19. Februar 1848 in Hamburg als der Sohn eines angesehenen Dekorateurs geboren, der ihn schon frühzeitig mit seinem Handwerk vertraut machte, indem er ihn zahlreiche kunstgewerbliche Zeichnungen anfertigen ließ. Als er seine Schulzeit hinter sich hatte, trat er in das Bildhaueratelier von Lippelt ein. Nach dessen Tode bezog er im Jahre 1864 die Dresdner Kunstakademie und wurde hier Schüler Schilling’s. Da er jedoch viel zu realistisch arbeitete und zu malerisch empfand, entschloss er sich, die Bildhauerei an den Nagel zu hängen und Maler zu werden. In diesem Berufe wandte er sich zunächst nach Weimar, wo er sich an der unter Pauwel’s Leitung stehenden Kunstschule ausbilden wollte. Da ihm aber das kleinstädtische Wesen in Weimar nicht behagte, siedelte er schon nach einem halben Jahre (1870) nach München über. Er wurde hier vorübergehend Schüler von Diez, machte sich jedoch sehr bald selbstständig und schuf zunächst unter dem Einflusse Makart’s eine Reihe dekorativer Arbeiten, die über den engsten Kreis ihrer Besteller nicht hinaus bekannt geworden sind. Ferner übte damals auch Böcklin eine große Anziehungskraft auf ihn aus, wovon eine Reihe von Zentaurenbilder aus den siebziger Jahren Rechenschaft gibt. Obwohl er schon damals für Hans v. Schöen in Worms die damals in vielen Nachbildungen verbreitete Idylle „Kind und Hund am Ufersteg sitzend“ gemalt hatte, blieb er doch noch lange dem Publikum so gut wie unbekannt. Das änderte sich erst im Jahre 1879, wo er auf der Münchener Ausstellung mit seinem großen Kreuzigungsbilde: „Moritur in Deo“ (heute in der Berliner National-Galerie) allgemeines Aufsehen erregte. Aber die Käufer blieben auch diesmal aus. Piglhein entschloss sich daher auf Anregung des Kunsthändlers Ackermann in München, zum Pastellstift zu greifen und sein Glück mit der Schilderung pikanter Damen zu versuchen, unter denen er Pieretten, weibliche Jockeys, spanische Tänzerinnen und stark dekolltierte Ballschönheiten bevorzugte. Gleichzeitig schuf er eine Reihe von Kinderbildern und wusste sich noch durch mehrere Porträts aus der Münchener Gesellschaft einen Namen zu machen. Bald kam er in die Mode, wurde freilich auch von der strengen Kritik als Sittenverderber und Hetärenmaler angegriffen. Daß er diesen Vorwurf nicht verdiente, sondern im Grunde eine durchaus ernst veranlagter Künstler war, zeigte er durch das mit großer Sorgfalt auf Grund eingehender Studien in sehr kurzer Frist gemalte „Panorama der Kreuzigung Christi“, durch das er einen vollgültigen Beweis seines bedeutenden Wissens und ungewöhnlichen Könnens ablegte. Leider ging das im Jahre 1896 vollendete und zuerst in München ausgestellte Rundgemälde, das die allgemeine Bewunderung voll verdiente, im Jahre 1892 bei einem Brande in Wien vollständig zu Grunde. In den nächsten Jahren beschäftigte sich Piglhein wiederum mit größeren Arbeiten ernsten Inhalts. Die große „Grablegung“ vom Jahre 1888 erwarb der bairische Staat für die neue Pinakothek in München. Viel Aufsehen erregte im Jahre 1890 „Die Blinde“, ein Riesenbild, das im Jahre 1891 in Berlin an einen Amerikaner verkauft wurde. Bei Begründung der Münchener Sezession im Jahre 1892 trat er als Präsident an deren Spitze, obwohl er schon damals mit einem schweren, seine Arbeitskraft hemmenden körperlichen Leiden zu kämpfen hatte. Er starb am 15. Juli 1894. Vom Januar bis März 1895 fand eine Ausstellung seiner Werke in der Berliner National-Galerie statt.

Zeitschrift für bildende Kunst. 22. Jahrgang. Leipzig 1887, Seiten 165 bis 172. – Friedrich Pecht, Geschichte der Münchener Kunst im 19. Jahrhundert, München 1888, Seiten 381 – 382. – Adolf Rosenberg, Die Münchener Malerschule in ihrer Entwicklung seit 1871, Leipzig 1887, Seiten 70 – 72. – Ders., Geschichte der modernen Kunst III, 119 – 120, Leipzig 1889. – Die Kunst für Alle, 9. Jahrgang, 1893 – 1894, München 1894, Seiten 342 – 343. – Illustrierte Zeitung, Leipzig 1894, Nr. 2665, Seite 103. – Friedrich von Boetticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts II, 269 – 272, Dresden 1898.
H. A. Lier
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DIE KUNST UNSERER ZEIT
Ausgabe V 1894
von
Gottfried Böhm
Wir haben immer Kränze für offene Gräber und Worte der Anerkennung und Versöhnung für Heimgegangene. Aber es ist, als ob diese Kränze weniger schnell welkten und als ob diese Worte den Ton des Herkömmlichen abstreiften, wenn sie einem von Denen nachgerufen werden, deren Ausscheiden eine wahre Lücke in das allgemeine Gefühlsleben reißt. –
Eine solche tiefere Bewegung klang aus den einfachen, schönen Abschiedsworten, welche Dill am Grabe Piglhein’s sprach, aus der Trauerrede des Dekan Kelber, aus den Bereichen der Presse über die so ergreifende Totenfeier. – Es ist Zeit seines nur so kurzen Lebens oft und viel über Piglhein geschrieben worden. Er gehörte nicht zu Denen, die ungekannt von der Mehrzahl und nur von Wenigen verstanden, auf kalter Höhe einem immer unerreichten Ideal nachstreben. Tausende und aber Tausende haben sich an seinem Panorama der Kreuzigung erbaut, seine liebenswürdigen Pastelle sind in billigen Reproduktionen in die deutsche Familie gedrungen und große Ausstellungen haben weithin seinen Ruhm verkündet. Die Kunstgeschichten von Pecht und Muther haben ihn eingehender behandelt und Keiner wird in Zukunft die deutsche Kunstgeschichte der so bedeutungsvollen zwanzig Jahre schreiben können, ohne ihm einen Platz einzuräumen.
Noch ist der Zeitpunkt nicht gekommen, Alles zu übersehen und vollständig zu sein. Für uns kann es sich nur darum handeln, Nachlese zu halten in eigenen Erinnerungen und in denen seiner Freunde und auch in diesen Blättern sein Andenken zu ehren, indem wir uns die Grundzüge seines Wesens und Schaffen vergegenwärtigen.
Elimar Ulrich Bruno Piglhein wurde am 19. Februar 1848 zu Hamburg geboren, einer Stadt, welche in der Kunstgeschichte einen bescheidenen Platz einnimmt. Als viele kleinere Schwesterstädte im alten und im neuen Deutschen Reich. Sein Vater war „Dekorateur“ gewesen, d.h. er hatte sich berufsmäßig mit dem Einrichten und Ausschmücken von Wohnräumen im größeren Maßstabe beschäftigt. Das Dekorieren lag unserem Bruno also gleichsam im Blute und seinen Familientraditionen, und es ist offenbar nicht zufällig, dass das Dekorative der charakteristische Grundzug seines künstlerischen Schaffens geworden und geblieben ist. Damit soll keineswegs ein Tadel ausgesprochen sein. Das Dekorative sucht zwar im Gegensatz zum Intimen die äußere Wirkung, es ist sich weniger Selbstzweck, als es dazu dient, ein Drittes zu schmücken und ins rechte Licht und in die rechte Stimmung zu versetzen, allein jede Kunstgattung kann eine sie beherrschende Genialität den höchsten Zielen der Kunst entgegengeführt werden, welche doch immer nur die sind, erhebend und erfreuend zu wirken.
Nicht sogleich erkannten Piglhein und Andere richtig die eigentliche Natur seiner Begabung seiner Veranlagung. Er trat zuerst in seiner Vaterstadt in das Atelier des Bildhauers Lippelt ein. Die so interessante historische Sammlung der Münchener Künstlergenossenschaft bewahrt eine Photographie des jungen Kunstbeflissenen in malerischer Gruppierung. Ein Jüngling, das Modellierholz in der Hand, lehnt in nachlässiger Haltung an einem Modellierstuhl, auf dem eine kleine Reproduktion des Diskuswerfers in Gips steht und in dessen Nähe man eine Gipsmaske und ein Schild mit allegorischen Darstellungen – vielleicht die ersten Versuche seiner Hand – gewahrt. Zu seinen Füßen liegt ein Neufundländer ausgestreckt. In den noch jugendlich unreifen Zügen erkennt man schwer den späteren jungen Mann wieder, der auf Künstlerfesten im Kostüm des cinque cento und in anderen durch seine Schönheit auffiel, die später die zunehmende Leibesfülle etwas beeinträchtigte.
Im Jahre 1864 starb sein erster Lehrer; Piglhein siedelte an die Dresdener Akademie über, die er nach zwei Jahren wegen angeblichen Mangels an Talent wieder hätte verlassen müssen, wenn ihn nicht Schilling, der spätere Schöpfer des Nationaldenkmals auf dem Niederwald, besser erkannt und in sein Atelier aufgenommen hätte, wo er außer verschiedenen plastischen Entwürfen eine Brunnenfigur ausführte. Wie damals noch so ziemlich alle jungen Künstler, zog er dann nach Italien und kehrte von dort – als Maler zurück. Der bekannte Historienmaler Pauwels in Weimar, der so viel treffliche Schüler heranbildete, leitete seine ersten Schritte auf dem Gebiete der Malerei, aber schon nach einem halben Jahre lockte es ihn nach München, wo Wilhelm Diez sein Meister wurde. (1870.)
Die Jahre, welche Piglhein auf die Bildhauerei verwandte, waren für seine künstlerische Entwicklung sicherlich keine verlorenen. Sie legten den Grund zu seinem virtuosen Können und ihnen verdankte er wohl mit seine von Allen bewunderte Fertigkeit, richtig zu zeichnen und plastisch zu modellieren.
„In München“, erzählt Pecht (Geschichte der Münchener Kunst) ferner, „malte Piglhein ein Bild „Familienglück“ und ein Plafondgemälde „Tag und Nacht“, ohne durchzudringen. Er verließ nun die Schule und ging nach Paris, um dort bald seine ganze Anschauung umzuformen. Zurückgekehrt, gelang es ihm auch zum ersten Mal Beachtung auf der 1879er Ausstellung durch einen Christus am Kreuz zu finden, dem ein Engel die letzten Augenblicke erleichtert. Das war kühn und großartig in der Erscheinung gedacht und wenn auch ohne eigentliche Tiefe in den Charakteren, doch mit viel an Tintoretto erinnernder Energie gemalt“. –
Der Künstler hatte an dieses Werk, dem er den Titel: „Moritur in Deo“ gab und das den Heiland in dem Augenblicke darstellt, in dem der Todesengel seine Stirne berührt, sein ganzes Können, seine ganze jugendliche Begeisterung gesetzt. Das Antlitz des Erlösers war ihm in einer weihevollen Stunde einst unter Orgelspiel aufgegangen, er glaubte etwas nicht Gewöhnliches hervorgebracht zu haben. Aber das Werk schlug nicht eigentlich ein. Wenn auch die Freunde es anerkannten, die Kritik nörgelte, das Publikum begriff nicht und auch die kleinste Dorfkirche wollte es nicht um den billigsten Preis erwerben. Dieser Misserfolg verstimmte Piglhein tief; er „warf ihn“, wie er mir einst sagte, „zurück“. – Ein Stadium der Depression, wie sie nicht selten sind in seinem Leben, trat ein; seine Schaffensfreude, wenn auch nicht seine Schaffenskraft, blieb lange gemindert. Er hing phantastischen Entwürfen nach, von denen manche nie das Studium der Vollendung und das Licht der Öffentlichkeit sahen. Zunächst malte er ein großes Liebespaar an einer Quelle, auf das er sehr viel hielt und an welches auch noch die viel spätere (1891) Frühlingsidylle, eine Schöpfung voll der zartesten Sinnlichkeit, erinnert. Dies scheint der Zeitpunkt gewesen zu sein, wo außer Makart, der ihn begeisterte, auch Boecklin auf ihn wirkte. Es entstand ein Centaurenpaar, das sich bei untergehender Sonne selig umschlingt und der hereinbrechenden Meeresflut entgegenstürzt. Dieses Bild von großartigen Wurf und eigentümlich unheimlicher Stimmung ist zur Zeit in der Sezession ausgestellt1. Anderes ließ er unvollendet stehen, denn so leicht er arbeitete, so streng war der Maßstab, den er an Alles legte, was er schuf.
Auf anderen Gebieten, als auf den bisher betretenen, sollte der junge Künstler endlich seine ersten unbestrittenen und auch materiellen Erfolge erringen; - mit seinen Pastellen. Es waren meist geistreiche Künstlergedanken, oft in unglaublich kurzer Zeit hingeworfen, sogar bei Licht und ohne Modell gemalt; Scherze, Idyllen, Amouretten, Pieretten, Kinderszenen, Frauengestalten – „höchst maniriert gemalte Hetärenköpfe“ nennt sie der zuweilen griesgrämige Pecht, - deren starker haut-goût das große Publikum anzog, den reineren Kunstgenuss aber etwas störte. Piglhein hatte den feinsten Sinn nicht nur für die Schönheit des Weibes, sondern auch für die reinste Blüte des Menschentums – den Reiz und die Liebenswürdigkeit des Kindes. Er wusste ihm die feinsten charakteristischen Züge abzulauschen und gesellte ihm gern seine possierlichen Freunde, die Hunde, bei, in deren getreuer Wiedergabe er sich auch als ein ganz bedeutender Tiermaler zeigte. Diese graziösen Schöpfungen wird man wahrlich nicht bloß dekorativ nennen können; sie sind voll des zartesten, intimsten Reizes. Wer könnte sich je satt sehen an der „Idylle“, wo die beiden Freunde, eng aneinander geschmiegt, auf dem Steg sitzen, der in den See hinausreicht? Oder an dem unter Jagdhunden eingeschlafenen Kinde? –
F. A. Ackermann hat den glücklichen Gedanken gehabt, 20 dieser reizenden Schöpfungen zu einem kleinen Prachtwerk zu vereinigen, das in drei verschiedenen Formaten erschien und sehr viel Anklang und Absatz fand.
Auch von den Portraits, welche Piglhein um jene Zeit malte, verdienen wohl die von Kindern den Vorzug, und jedem, der es gesehen hat, wird das Portrait des kleinen de la Motte, des Söhnchens des damaligen Sekretärs der französischen Gesandtschaft, unvergesslich bleiben. Bei der Wiedergabe eleganter Damen verriet er nicht minder „chic“, wie er denn wohl eine hohe Stufe in Repräsentationsportraits hätte erreichen können, wenn die Gelegenheit, solche zu malen, häufiger an ihn herangetreten wäre.
Sein Schmerzenskind: „Moritur in Deo“ sollte ihm schließlich auf indirektem Wege doch den größten Erfolg seines Lebens einbringen. Die stimmungsvolle Großartigkeit dieses Gemäldes erweckte in dem damaligen Direktor des Münchener Panoramas, k. Hauptmann a. D. Joseph Halder, einem sehr intelligenten und energischen Manne, den glücklichen Gedanken, statt aktuellen, schnell veraltenden Vorgängen einen solchen bleibender Geltung zum Gegenstande eines Panoramas zu machen, die Kreuzigung des Erlösers, und dasselbe Gemälde wies Halder zugleich auf den Meister hin, dem man bei einigem Vertrauen eine solche Aufgabe übertragen könne. Die Münchener Panoramagesellschaft wagte sich nicht an das Unternehmen, aber Halder fand in einem Herrn Hotop in Dresden einen Kapitalisten, welcher die erforderlichen Mittel bereit stellte. Am 1. Februar 1885 schloss Piglhein mit der Firma Halder & Cie. Einen Vertrag ab, durch den er sich verpflichtete, gegen ein Honorar von 145 000 Mark ein Panorama: „Jerusalem und die Kreuzigung Christi“ herzustellen, dessen ästhetischer Wert die Bezeichnung eines Kunstwerkes ersten Ranges rechtfertigen würde.
Piglhein blieb es anheimgestellt, selbst, wenn er es für nötig erachte, für Gehilfen bei dem umfangreichen Werke zu sorgen. Seine Wahl fiel auf den Architekturmaler Karl Frosch und den Landschaftsmaler Joseph Krieger. Den Ersteren honorierte er mit 20'000 Mark, den Letzteren mit 9'500 Mark. Vor Allem musste zur Erzielung der landschaftlichen Wahrheit der Schauplatz des heiligen Dramas an Ort und Stelle studiert werden. Wir entnehmen der sehr anziehend und frisch geschriebenen Erläuterung des Panoramas von Dr. Ludwig Trost Folgendes über diese Reise: „Stürmisch war die Fahrt durch die Adria, beschwerlich die nach Alexandria, Kairo und Port Said und von dort durch das levantische Meer nach Jaffa; aber auch stürmisch schlug das Herz der Künstler, als die Zinnen Jerusalems nach einer holperigen Fahrt auf elender Landstrasse endlich im Abendsonnenstrahl vor ihren Blicken lagen. Ermüdet finden die Künstler mit der sie begleitenden Gattin Piglhein’s im Johanniterhospiz ihr erstes Nachtquartier. An ein topographisches Studium der Gegend ist vorerst nicht zu denken. Jupiter Pluvius sendet unendlichen Regen herab, der drei Wochen anhält und Stadt und Land in einen grauen Schleier hüllt. Die Künstler mussten sich daher zunächst dem Studium der Leute zuwenden, wozu in den engen und winkeligen Strassen Jerusalems sich in Fülle Gelegenheit bot“. „An Mannigfaltigkeit der Modelle fehlt es nicht, aber sie sind kostspielig; befinden sich doch Typen darunter, die für eine einzige Modellsitzung hundert Franken fordern. Das rührt zum Teil von einem frommen Vorurteil her, mit welchem sich die Eingeborenen gegen bildliche Aufnahmen abwehrend verhalten. Manche glauben sogar, dass sie bald sterben müssten, wenn sie photographiert oder abgemalt werden. Aber mit Hilfe von mitgebrachten Trockenplatten und Momentapparaten bemächtigen sich die Künstler mancher Gestalten frisch von der Straße weg, ohne dass der also Aufgenommene den Angriff auf sein Exterieur merkt. – Endlich lichtet sich der Himmel, man besteigt die Pferde, die Umgegend Jerusalems wird zur Rekognoszierung abgeritten; dann folgt ein Ritt in die Wüste Juda, es wird einer frohen Jagdlust auf Mandelkrähen, Geier, Schakals und Gazellen gehuldigt, doch das jagdbare Wild merkt sehr bald, dass die Flinte in den Händen der Künstler weniger sicher trifft, als Pinsel und Palette“.
Die mitgebrachten Empfehlungen seitens des päpstlichen Nuntius und des Erzbischofs von München erleichtern die nun beginnende Arbeit der Vedutenmalerei. Piglhein dirigiert seine Truppe; wie die Spione sitzen sie da und machen Terrainaufnahmen mit einer Gewissenhaftigkeit, die der großen Aufgabe würdig ist. Alles wird von dem Stift erfasst: Steingerölle und Höhlen, Baumschlag und Talsenkung, und das wichtigste für die Umgebung des vielumfassenden Panoramas: die eigenartige bauliche Anlage der Dörfer und Weiler in der Nähe von Jerusalem. Aber um auch das Künstlerauge im Allgemeinen an die Charakteristik der palästinischen Landschaft zu gewöhnen, um es zu erfreuen an den verschiedenartigen Stimmungen von Berg, Felsen, Wald und Luft, wird ein weiter Ausflug ans tote Meer, in das geräumige Jordantal und nach Damaskus unternommen in der schützenden Begleitung eines Dragomans und berittener Beduinen, welch’ letztere für allerlei Kurzweil zu sorgen wissen“.
„Reich mit des Orients Schätzen beladen“ kehrt die Karawane nach dreimonatiger Abwesenheit über Konstantinopel nach München zurück. Ein volles Jahr rastloser Arbeit war erforderlich, um die Ausbeute der Reise zu verwerten und die Riesenleinwand von 15 Meter Höhe und 120 Meter in der Runde zu bewältigen. Tag für Tag, so lange es das von oben hereinfallende Licht gestattete, saßen Piglhein und seine Helfershelfer auf kolossalen, durch Schienen beweglichen Fahrstühlen. Nicht immer während dieses langen Jahres blieb die Freude an dem Werk die gleiche. Es gab, wie Ludwig Trost andeutet, Tage und Stunden, an welchen Piglhein, „das Künstleroberhaupt auf die Brust gesenkt, von Lethargie befallen, die Augen sinnend über die ungeheure Leinwand schweifen ließ und bange Zweifel in seiner Brust wühlten, ob der Erfolg den aufgewandten Mühen je entsprechen werde“.
Sonntag den 30. Mai 1886 wurde das Panorama vor einem Kreise geladener Festgäste feierlich eröffnet. Der Eindruck des Publikums war der allgemeiner und ungeteilter Bewunderung und auch die Kritik schloss sich ihm rückhaltlos an. Durchblättert man die zahllosen von Hauptmann Halder gesammelten Zeitungsartikel, die in den drei Städten München, Berlin und Wien, wo das Panorama zur Ausstellung gelangte, erschienen, so findet man darin nur eine Variation des Urteils, das Trost seinen Erläuterungen vorangestellt hatte: „Das Piglhein’sche Panorama ist ein Werk aus einem Guss und trägt in allen Beziehungen den Stempel künstlerischer Originalität und Meisterschaft an sich, man mag den landschaftlichen, oder den architektonischen oder den figürlichen Teil ins Auge fassen, Dazu liegt über dem Bilde, Dank der ungemein zarten und feinsinnigen Lichtgebung, etwas Feierliches, Hoheitsvolles, wir möchten sagen, Überirdisches, was den Beschauer sofort in eine weihevoll ernste Stimmung versetzt. Durch diesen über das Ganze gegossenen Hauch der Idealität wird aber die Darstellung der Wirklichkeit nicht beeinträchtigt. Alles, was das Auge schaut, entstammt ja ihr: jeder Baum, jede Strasse, jede Terraingestaltung, jedes Haus und Mauerwerk“. . . .
Leider sollten auch die von Piglhein bei Ausführung des Werkes gehegten Befürchtungen nicht ganz unerfüllt bleiben und manch’ bitterer Wermutstropfen in den Becher seines Erfolges fallen. Noch ehe das Panorama im April 1892 zu Wien ein Raub der Flammen wurde, musste Piglhein es erleben, dass sein ungetreuer Gehilfe, Karl Frosch, „the eminent painter of Munich“, wie er in den Ankündigungen dieser Unternehmungen genannt ist, sein Panorama neun Mal, sage neun Mal! – reproduzierte und in mehreren amerikanischen Städten, in London und Amsterdam ausstellte. Gleichzeitig verbreitete sich die für den Meister so kränkende Meinung, an der noch heute Viele mit Zähigkeit festhalten, seine ganze Betheiligung an dem Hauptwerke seines Lebens habe nur darin bestanden, die zum Teil etwas groß wirkenden Figuren in die von Anderen gemalte Landschaft einzumalen. Zu dieser Meinung mochte nicht wenig eine Erklärung beigetragen haben, welche der immer wohlwollende Piglhein dem Führer durch das Panorama beeindrucken ließ, und welche Fassung hat:
„Die gesamte Landschaft, sowie das Firmament und insbesondere dessen effektvolle Stimmung und Beleuchtung sind von Herrn Josef Krieger gemalt worden, welchen Herr Adalbert Heine hierbei unterstützte. Die Stadt Jerusalem und sonstige Architektur entstammt dem Pinsel des Herrn Karl Frosch, welcher auch als Perspektiviker fungierte. Die Gesamt-Komposition, sowie alle Figuren hat ausschließlich und allein Herr Professor Piglhein hergestellt und gemalt“. - 2
Inzwischen ist durch den Ausspruch von fünf englischen Instanzen, durch die beschworenen Aussagen des Meisters und der Sachverständigen F. A. Kaulbach und Rieger festgestellt worden, was man unter der „Gesamt-Komposition“ zu verstehen habe.
Der gerichtlichen Verfolgung Frosch’s in den Vereinigten Staaten, welche der Berner Litterar-Konvention nicht beigetreten sind, standen Schwierigkeiten entgegen, hingegen stellte die Firma Halder & Cie. Klage gegen die Buffalo-Cyclorama Company in London, welche am 23. Dezember 1891 eine der Frosch’schen Reproduktionen von Piglhein’s Panorama mit beispiellosem Erfolg eröffnet hatte. Das Urteil lautete auf sofortige Schließung der fraglichen Reproduktionen. Hierbei war konstatiert worden, dass Piglhein auf acht Bildern eine Skizze des ganzen Panorama’s in 1/10 der natürlichen Größe hergestellt hatte, und dass die Tätigkeit des Frosch insbesondere darin bestand, diese Skizzen schwarz abzupausen, zu photographieren und dann, mittels der Kamera obscura zehnmal vergrößert auf die Leinwand übertragen. Eine der neun zum Teil eidlichen Erklärungen, die Piglhein in dieser Prozesssache abgab, besagt folgendes:
„Der Entwurf meines Panorama’s der Kreuzigung Christi in seiner gesamten Komposition, als die Landschaft, der figürliche und der architektonische Teil, sind meine ureigenste Erfindung. Ist es schon bei den Figuren selbstverständlich, dass sie nur aus der künstlerischen Konzeption geschöpft werden können, so ist es bei dem landschaftlichen Teil ebenso der Fall, da er ganze das Gemälde beherrschende Teil, die nächste Umgebung von Golgatha, heute ein überbauter Stadtteil ist, und ferner, da die von mir angeordnete Lichtstimmung, die Sonnenfinsternis darstellend, vollständig den ganzen Ton des Gemäldes beherrscht. Was den architektonischen Teil anlangt, so bediente ich mich der Beihilfe des Malers Frosch für die Durchbildung der Details der Stadt Jerusalem und der perspektivischen Konstruktion, wobei Frosch jedoch meinen künstlerischen Anordnungen unbedingt Folge zu leisten hatte. Auch der architektonische Teil ist meine künstlerische Rekonstruktion auf Basis archäologischer Forschungen“.
Wir glaubten es dem Andenken Piglhein’s schuldig zu sein, bei diesen weniger allgemein bekannten Tatsachen des Längeren zu verweilen, indem wir behufs weiterer Informationen über diese cause célèbre des internationalen Rechts auf die aktenmäßige Darstellung in der Zeitung „Le droit d’auteur“ No. 3 und 5 vom 15. März und 15 Mai 1891 hinzuweisen.
Als das Original des Panorama’s im Jahre 1892 verbrannt war, gestattete die Firma Halder & Cie., der Buffalo-Cyclorama gegen entsprechende Tantièmen, die Reproduktion dem Publikum wieder zugänglich zu machen. Obschon die Firma Halder von der Annahme ausging, dass auf die Frosch’sche Reproduktion die Vertragsbestimmung über Piglhein’s Anteil an dem Vervielfältigungsrecht keine Anwendung finde, räumte sie ihm die Hälfte des Ertrags dieser Tantièmen nach Abzug der gehabten Prozesskosten im Betrage von 17'000 Mark ein. Piglhein erachtete sich jedoch in seinen Ansprüchen verletzt und stellte nun seinerseits gegen die Firma Halder & Cie. Klage. Dieser zur Zeit noch schwebende Prozess, über dessen Umfang in Künstlerkreisen zum Teil irrige Meinungen verbreitet sind, ist der einzige, den Piglhein in dieser Angelegenheit geführt hat.
Wie anderen Künstlern zuweilen ein Aufenthalt in Italien und Paris die Richtung gab, so ist die Reise in das heilige Land lange für die Stimmung und das Gegenständliche in Piglhein’s Schaffen bestimmend geblieben. Sichtlich im engen Anschluss an das Panorama brachte er auf die III. internationale Kunstausstellung zu München (1888) eine Grablegung Christi, welche mit der II. Medaille ausgezeichnet wurde und welche der bayerische Staat für die neue Pinakothek erwarb. Gleich als wollte er sein oben angeführtes Urteil über Piglhein etwas mildern, schrieb Pecht darüber in der „Kunst für Alle“: „Einen Eindruck von ebensoviel Eigenart als packender Kraft macht Piglhein’s Grablegung, die durch einen Zug von Großartigkeit überrascht, der für das echte Talent des Künstlers spricht. Es ist diese in wilder Felsschlucht vor sich gehende Handlung ein Stimmungsbild ersten Ranges und geht weit über seine Kreuzigung hinaus, wie sie beweist, dass der Künstler hohen Ernstes wohl fähig ist“. – In der Tat wird man diesem Bilde, welches sich frei von akademischer und theatralischer Pose hält, die seltene Eigenschaft des hohen Stiles nicht absprechen können.
Aus dem folgenden Jahre (1889), in welchem Piglhein als Vorsitzender der Gesamtjury der ersten Münchener Jahresausstellung von Kunstwerken aller Nationen hier nicht ausstellte, datiert ein anderes religiöses Bild von ihm: „Der Stern von Bethlehem“. Er hatte schon im Jahre 1884 eine Madonna geschaffen mit einem etwas großen Kinde von edlem, schmerzlichen Ausdruck; wir stehen aber nicht an, „Stern von Bethlehem“ zu den reinsten Schöpfungen des heimgegangenen Meisters zu zählen. Besonders in den Engelsköpfen, die andachtsvoll, schauend und doch kindlich mitleidig und neugierig auf den sternebeschienenen Heiland herabblicken, liegt eine Innigkeit und Zartheit, wie sie Gian Bellini und die besten Italiener der früheren Zeit zuweilen gefunden haben.
Auch auf die II. Münchener Jahresausstellung (1890) brachte Piglhein eine Reminiszenz aus Palästina: Das blinde Mädchen, welches bei Sonnenuntergang durch das rotblühende Mohnfeld hinschreitet und dem Stab den Weg zum Brunnen sucht. Die herrliche Schöpfung, die Viele nunmehr für Piglhein’s bestes Staffeleibild erklären, ist seiner Zeit in diesen Blättern zur Reproduktion gelangt. In München war ihm damals die herrschende Richtung nicht ganz günstig; Hamburg wollte es kaufen und machte Aussetzungen, denen Piglhein durch eine spätere Umarbeitung der Luft entgegenkam. Den vollen äußeren erzielte das Werk erst im folgendem Jahre (1891) auf der Berliner internationalen Ausstellung, wo es dem Künstler die erste Medaille einbrachte. Es hieß, dass der Kaiser sich besonders dafür interessierte und es kaufen wollte, doch eine Amerikanerin kam ihm zuvor.
In Berlin war 1891 auch noch eine andere Tochter des Südens von Piglhein’s Pinsel zu schauen, seine ägyptische Schwerttänzerin, ein Bild von hohem koloristischem Reiz, das zugleich den Beweis liefert, wie fein Piglhein fremde Typen zu charakterisieren verstand. Es war dies eine Aufgabe, die für ihn etwas Reizendes hatte. Schon früher hatte er gerne Neger als Wärter weißer Kinder dargestellt, und noch bevor er in Jerusalem dieser Neigung in vollen Zügen nachgehen konnte, machte er an einer in München weilenden Nubiertruppe einschlägige Studien.
Außer größeren Werken gingen damals auch mehrere Pastellportraits aus seinem Atelier hervor. In der letzten Zeit seiner Laufbahn erstand seiner Kunst besonders in Geheimrat Krupp ein edler Mäzen. Der Maler begab sich nach Essen und malte dort die Dame des Hauses, alle Kinder und selbst den dicken Bulldog. Es war eine schöne Tat, dass Geheimrat Krupp dem Schwerkranken noch auf dem Sterbebette eine Freude bereiten wollte, indem er ihm die Nachricht brachte, er habe sein „Moritur in Deo“ gekauft, um es der Nationalgalerie zum Geschenke anzubieten. Jetzt hängt das Bild, mit einem schwarzbebänderten Lorbeerkranz geschmückt, in der Ausstellung der Sezession, wie ein letzter ernster Gruß ihres heimgegangenen ersten Präsidenten an die junge Gesellschaft und ihre Freunde. Das Bild wirkt nach 16 Jahren eigenartig, aber nicht veraltet, es ist eine höchst bedeutende Leistung von nicht vergänglichem Wert, auf der die Weihe echt künstlerischer Stimmung ruht.
In den letzten der Jahren seines Lebens hat Piglhein fast nichts mehr geschaffen; er widmete die Kraft, um sich greifendes schweres Herzleiden ihm noch übrig ließ, ganz den geschäftlichen Arbeiten für die Sezession. Nachdem er zu Anfang des heurigen Jahres in Berlin unter Schweninger eine entsetzliche Entfettungskur durchgemacht hatte, sah er anlässlich der Hochzeit einer Nichte noch einmal seine Verwandten und seine Vaterstadt Hamburg wieder. Am 6. April kehrte er krank nach München zurück, um bis zu seinem am 15. Juli eingetretenen Tode chaise longue und Bett nicht mehr zu verlassen. Er litt unsäglich, mit bewundernswürdiger Kraft und Selbstlosigkeit gepflegt von seiner Frau, mit der er seit neun Jahren in einer glücklichen harmonischen Ehe lebte. Mehrere operative Eingriffe wurden erforderlich, es floh ihn der Schlaf, er verlor das Bewusstsein und wollte in einer eigentümlichen Zwangsvorstellung möglichst von weißer Farbe umgeben, so dass man zuletzt Wände und Türen weiß behängen musste. In der tiefen Qual, von der keine menschliche Hilfe ihn befreien konnte, verlangte er, dass man ihm bete und den kurzen Augenblicken vorübergehender Erleichterung brach immer wieder die alte Liebenswürdigkeit seines Wesens durch. Räuber und Buschbeck haben in den letzten Lebensmomenten die Gesichtszüge gezeichnet, in denen die kalten Schatten des nahenden Todes schon ein Strahl des erkämpften Friedens mildert.
Wir haben in dem Vorstehenden die Hauptstufen von Piglhein’s Entwicklungsgang anzudeuten versucht; gehen wir nun zu seiner allgemeinen Charakterisierung über, so müssen wir in erster Linie die seltene Verbindung einer genialen und vielseitigen Begabung mit einem klaren, gebildeten Geist, einem wohlwollenden Herzen und einem reinen Charakter hervorheben.
Es gibt Menschen, den die Beschränkung seiner Begabung auf den flachen Realismus hinweist, weil er unfähig ist zu schaffen, sobald er kein Modell vor sich sieht und das, was er malen will, nicht vorher photographieren kann, der daher genötigt ist, die Natur pedantisch Zug für Zug abzuschreiben und ihr gleichsam nachzukriechen. Piglhein besaß die Schwingen einer starken Phantasie und, wie Makart, ein sicheres Formgedächtnis, das ihn befähigte, auch ohne Modell realistisch zu bleiben und die Sphären der Traumwelt zu betreten, in welche die Photographie nicht dringt und welche keine Modelle zu uns sendet. Mochte er im persönlichen Verkehr zuweilen phlegmatisch erscheinen, so bald er den Pinsel zur Hand nahm, war er voll Temperament. Seine potente Gestaltungskraft machte ihm fast jedes Gebiet zugänglich; er konnte Alles malen, er hatte einen magistralen Anstrich – die Tatze („la patte“), wie die Künstler es nennen. Und mehr als alles dieses – in unseren Tagen, wo Parteisucht und Gehässigkeit, wo die schroffe oder gleichgültige Ablehnung alles Dessen, was nicht die Sphäre des eigenen Ichs berührt, immer häufiger auch unter Denen werden, die Pflege des Schönen und des Ideals auf ihre Fahne geschrieben haben, gab er das Beispiel einer vornehmen Gesinnung und einer höheren Lebensführung. Er war, um mit Ibsen zu reden – ein „Adelsmensch“. – Wohlwollend gegen Jeden, zugänglich allen edlen Bestrebungen, neidlos, selbstlos, immer bereit zu helfen, ein trefflicher Lehrer, ein guter Kamerad! – Niemand konnte so liebevoll auf eine fremde Individualität eingehen, Niemand so gut Rat erteilen und den entstehenden Ideen zum Durchbruch und Ausdruck verhelfen, Niemand sich so aufrichtig freuen über fremden Erfolg. Darum wird sein Ausscheiden so schmerzlich empfunden in der Künstlerschaft und darum wird er unersetzlich sein.
Oft hörte man fragen, was hat Piglhein bei der Sezession zu suchen, da doch die neuen Richtungen der letzten Jahre auf seine Malweise fast keinen Einfluss übten. In der Tat war er kein Talent, das gern nachahmt und sich leicht jeder neuen Strömung adaptiert, sondern eine Individualität, die sich selbst aussprach und gleich blieb. Wenn er als einer der Ersten die Idee der Jahresausstellungen mit internationalem Charakter mit Wärme vertrat und sich später der Sezession anschloss, so geschah dies darum, weil er in all dem das Prinzip des künstlerischen Fortschritts, den Kampf gegen die Routine und eine geschäftsmäßige Produktion erblickte und weil er allen von ihm als ideal und gut erkannten Bestrebungen sympathisch und verständnissvoll gegenüber stand. Aber er war dabei nie gehässig und ungerecht gegen anders Denkende und immer ging ihm die Sache vor der Person.
Durch das Leben dieses edlen Menschen und genialen Künstlers ging ein melanchonischer Zug, welcher seine Stimmung nicht trübte, aber gleichsam dämpfte. Er fand mit Recht, dass sein äußerer Erfolg nicht im richtigen Verhältnis stand, und dass er ein „Pechvogel“ sei. In der Tat ist ihm Vieles, was Anderen leicht zufällt, gar
nicht oder zu spät zu Teil geworden. Er besaß nur wenige Auszeichnungen, in München ward ihm nie die erste Medaille verliehen, das Hauptwerk seines Lebens verbrannte und als endlich sein „Moritur in Deo“ einen edelgesinnten Käufer fand, da quälte ihn der Gedanke, ob das Werk wohl jetzt noch würdig sein werde, in die Nationalgalerie einzugehen.
Am meisten aber ist es zu bedauern, dass nur einmal im Leben eine seiner würdige große Aufgabe an ihn herantrat. An das Panorama, an dem er doch sein Maß gegeben hatte, schloss sich kein Fürstenschloss, kein Reichstagsgebäude, kein Theatervorhang, kein Festsaal. Und wie herrlich er das ausgeführt hatte, mit wie viel Pracht, Glanz, Stimmung und Virtuosität, wie ihm die Ideen zugeströmt wären, wie er mit seinen Zwecken gewachsen wäre! – Wer weiß, wie Vieles sich anders gestaltet hätte, wenn der befruchtende Strom eines großen und anhaltenden Erfolges durch seine oft müßigen Tage gerauscht wäre!
Zu seinen Lieblingsideen gehörte insbesondere die Umgestaltung der gesamten Theaterszenerie und des Theaterdekorationswesens und dessen Einleitung in künstlerische Bahnen, namentlich in Anwendung auf die von ihm leidenschaftlich geliebten Musikdramen Richard Wagner’s. Bei seiner phantastischen Gestaltungskraft hätte man hievon gewiss Bahnbrechendes in dieser Richtung von ihm erwarten dürfen. Generaldirektor Possart ging verständnisvoll auf diese Pläne ein, aber leider war es auch hierzu zu spät, denn seine Krankheit war bereits zu weit vorgeschritten.
Zu den melancholischen Erwägungen über sein „Pech“ gesellte sich in der späteren Zeit, insbesondere als der wohl schon seit zehn Jahren durch eine nicht rationelle Lebensweise erworbene Herzfehler sich fühlbar machte, die typische Vorstellung der klimakterischen Jahre, dass seine Kraft gelähmt sei, dass er zurückgeblieben am Wege sitze, während eine folgende Generation voran und neuen Zielen entgegenstürme. Es waren dies freilich nur Stimmungen, die vorübergingen wie Wolken und weg waren, so bald wieder der Pinsel in seiner Hand „lebte“. Sie griffen nicht sein inneres Wesen an und er saß darum nicht vergrämt und verbittert im Winkel. Wenn er nicht zur vollen Wirkung gelangte, und viel zu frühe abgerufen wurde, sein kurzes Leben war reich genug an schönen Früchten und glücklich genug in der Betätigung und in dem Genuss einer harmonisch begabten Persönlichkeit.
Einen eigentümlich wehmütigen Eindruck gewährt es, den Raum zu betreten, in welchem Piglhein die letzten Jahre vor seiner Erkrankung gearbeitet hat, das Atelier in der Künstlerkolonie an der Schwanthaler Strasse Nr. 77, zu dem der Meister zu seinen Lebzeiten nur dem den Zutritt öffnete, der auf dem letzten Treppenabsatz als Erkennungszeichen das Siegfriedmotiv pfiff.
Es ist ein weiter hoher Raum, von dem aus man durch einen Säuleneingang in ein kleines getäfeltes Gemach gelangt, wo der wohlgeordnete Schreibtisch sich befand und wo auf niederen Divanen die Besucher empfangen wurden. Vor den Stufen zu diesem Schreibzimmer, im Atelier, steht die Gipsstatue des vatikanischen Athleten in natürlicher Größe, von der Decke herab hängt ein riesiger chinesischer Schirm, unter dem zwei ausgestopfte Raben flattern, über dem Fries des Säuleneingangs prangt ein Tigerskelett, da und dort liegen Löwenfelle, Gipsmasken, Mappen, Stoffe und was man sonst in Ateliers zu treffen pflegt, aber das Ganze ist ein echter Arbeitsraum gewesen, kein Raritätenkabinett. Zuerst fallen die Portraits, fertige und unfertige, bekannter Münchener Persönlichkeiten in die Augen: ein ausgezeichnetes Pastellbild der Gattin des Künstlers, Portraits der Frau Schäuffelin, der Gräfin Almeida, der Gräfin Torri, Skizzen zu den Krupp’schen Kindern u. das ebensvolle Bild seines Bruders in Hamburg soll eines der letzten Werke gewesen sein, an denen er arbeitete.
Fertige Staffeleibilder sind im Übrigen nur wenige vorhanden. Die aus älterer Zeit lehnten, wie vergessen, abgekehrt an der Wand, von denen aus neuerer Zeit verdient insbesondere die wunderbar ausgeführte Nymphe im Grünen, nach einem Schmetterling haschend (1889), mit ihrem feinen Samtton, dann ein vorzüglicher weiblicher Akt „Im Atelier“ (1890) Erwähnung. Hoch von der Wand herab grüßt auch, mit dem Lorbeerkranz in der Hand, die bekannte Bavaria, begleitet von ihren Getreuen, dem so genannten Bayerischen Löwen und dem Münchener Kindl. Es ist ein helles, heiteres Dekorativbild, das man aber lieber im Münchener Rathhaus sehen würde. Der Künstler hatte es als Huldigung aus Anlass des siebzigsten Geburtstagsfestes des Prinz-Regenten angefertigt.
Demselben Ideenkreise gehört auch die flüchtige Skizze eines anderen Stoffes an, der den Maler lange beschäftigte, einer in den Wolken thronenden Patrona Bavariae, die, auf die bayerischen Alpen zu ihren Füßen, mit der Zugspitze, gleichsam als Wahrzeichen, in der Mitte, hernieder blickt. Piglhein war seinem Adoptivlande Bayern von Herzen zugetan. Als die Parteigegensätze in der Künstlerwelt sich zuspitzten, als man zum Äußersten übergehen wollte, als davon die Rede war, lebenskräftige Keime dem Boden zu entziehen, auf dem die deutsche Kunst so tiefe Wurzeln geschlagen hat und auf dem sie trotz Allem, mehr als anderswo, ihre Lebensbedingungen fand, da traf ich ihn tief bekümmert und nie hätte er es über sich gebracht, seinem München dauernd den Rücken zu kehren.
Der Regent erwies dem Heimgegangenen besondere Huld, er besuchte ihn häufig in seinem Atelier, zog ihn oft an seine gastliche Tafel und stellte ihm in seiner Krankheit alle Delikatessen des Hofkellers zur Verfügung. Als er dann auch an seinem Krankenlager erschien, da vermochte Piglhein kein Wort hervorzubringen und nur die hervorbrechenden Tränen verrieten seine tiefe Bewegung.
Auch an anderen Skizzen und Entwürfen fehlte es in der verlassenen Werkstatt nicht. Wir bemerkten u. A. eine Flucht nach Ägypten, welche für die Ausstellung der Sezession bestimmt war. Hart am Eingang eine Skizze des „toten Karnevals“ – ein melancholischer, ächt künstlerischer Gedanke! – Prinz Karneval ist als Pierrot gedacht der im Morgenzwielicht auf der Strasse verendet, während der Wind über ihn hinweht und winterliches Schneegestöber ihn bedeckt und begräbt. – Mancher Entwurf stand in Piglhein’s Geiste, Vieles wollte er noch ausführen. – Als er aus Gesundheitsrücksichten die Präsidentenschaft der Sezession niederlegte, lächelte ihm die Hoffnung, fortan nur mehr seinem Atelier und seinem traulichen Heim zu leben. Aber - -
„Was sind Hoffnungen, was sind Entwürfe,
„Die der Mensch, der flüchtige Sohn der Stunde,
„Aufbaut auf dem betrüglichen Grunde?“ – 
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MALERWERKE
DES
NEUNZEHNTEN JAHRHUNDERTS
BEITRAG ZUR KUNSTGESCHICHTE
VON
FRIEDRICH VON BOETTICHER
ZWEITER BAND 1898
(ERSTE HÄLFTE)
Piglhein, Elimar Ulrich Bruno, Historienmaler, früher Bildhauer, geb. in Hamburg am 19. Februar 1848, gest. zu München am 15. Juli 1894, trat 1863 in das Atelier des Bildhauers Lippelt und nach dessen Tode 1864 in die Dresdner Akademie und in das Atelier Johann Schilling’s. Nach einigen plastischen Versuchen, unter denen „Knabe mit Lachs“ vielleicht der bedeutendste, entschied er sich auf einer Reise nach Italien für die Malerei, machte seine Vorstudien unter Pauwels in Weimar und ging 1870 nach München, wo er sich unter Wilhelm Diez weiter ausbildete und dauernd niederließ. Als Künstler entfaltete er eine vielseitige Tätigkeit sowohl in der Wahl als in der Behandlung des Gegenstandes, wobei er von Feuerbach, Makart und Böcklin beeinflusst wurde. Wichtig für ihn wurde auch ein Studienaufenthalt in Paris, von dem er viele Eindrücke und Skizzen mitbrachte. Eine der frühesten großen Schöpfungen war sein 1879 vollendeter Heiland am Kreuz (Moritur in Deo), dem einige Jahre darauf, nach vorausgegangenen, in Palästina gemachten landschaftlichen, ethnographischen und archäologischen Studien, das große Kreuzigungspanorama, das Hauptwerk seines Lebens, folgte. Der Entwurf des Panoramas sowie die Ausführung seines figürlichen Teiles erfolgte durch den Meister allein. Auf der drei Monate (September 1885 bis Anfang 1886) beanspruchenden Studienreise in Palästina, welche er in Gesellschaft seiner Gemahlin unternommen, waren der Landschaftsmaler Joseph Krieger und der Architekturmaler Karl Frosch seine Begleiter; die Übertragung der Komposition auf eine Leinwand von etwa 15,00 m Höhe und 120,00 m Breite (gegen 1700 qm), geschah durch die genannten J. Krieger und K. Frosch unter Beistand des Landschaftsmalers A. Heine und des jungen Historienmalers Joseph Block, eines Schülers Piglhein’s: feierlich eröffnet wurde es zu München am 30. Mai 1886. Nachdem es hier, in Berlin und Wien unter lebhaftester Teilnahme längere Zeit ausgestellt worden, geriet es an letzterem Orte im April 1892 in Brand, der es vollständig zerstörte. Aus den späteren Werken des Künstlers ragen hervor: eine „Grablegung Christi“ (1888), „Die Blinde mit dem Wasserkrug“ (1890), die „Ägyptische Schwerttänzerin“ (1891) und die zum 70. Geburtstage des Prinz-Regenten von Bayern dargebrachte „Bavaria“. Als letzte Arbeit Piglhein’s gilt sein „Spaziergang zweier Damen am Bergeshange“. Piglhein erhielt 1886 (infolge seines Panoramas) den bayerischen Professortitel, wurde 1888 Ehrenmitglied der Münchener Kunstakademie und 1892 erster Präsident des Künstlervereins „Sezession“, welches Amt er jedoch schon nach Jahresfrist niederlegte“. Med. II. München 88; gr. Gold. Med. Melbourne 88; gr. Gold. Med. Berlin, int. KA. 91.
Die mit einem * bezeichneten Bilder befanden sich auf der Piglhein-Ausstellung der Berliner National-Galerie, 20. Januar – 3. März 1895.
 Oelgemälde.
1. Herme von Genien bekränzt. – Hamburger Kunstverein, Oktober 1873.
2. Tag und Nacht. Entwurf eines Wandgemäldes für die Villa seines Bruders.
3.* Selbstbildnis des Künstlers. 1874. E: Pastor prim. Gramberg, Jever.
4.* Familienglück, Entwurf. E: Ludovicus Piglhein, Hamburg.
5.* Familienglück. Ein junges Ehepaar, von blühenden Kindern und Hausgenossen umgeben. Im Hintergrund Parkanlagen. 1875. E: von Ohlendorff (im Treppenhaus seiner Villa bei Hamburg).
6.* Bacchanal. Entwurf.
7.* Holländerin. Kniestück. E: Ständige Ausstellung für Kunst und Kunstgewerbe zu Weimar.
8. Am Strande. Badeszene. Für seine Schwester gemalt. Abbildung in „Zeitschrift für bildende Kunst“. 1878 und in Rosenberg „Münchener Malerschule seit 1871“.
9.* Centauren im Meer. E: Prof. G. Papperitz, München.
10.* Centaurenpaar am Meeresstrande, bei aufsteigendem Gewitter. Unter dem Namen „Einsam“ auf der Münchener internationalen Kunstausstellung 1883. [Anmerkung von Robert Wecker: heute im Eigentum des Kunsthauses Zürich]
11.* Moritur in Deo. Der sterbende Christus am Kreuz. Ein herabschwebender Engel küsst die Stirn. Bez: Piglhein 1879. München. Höhe 3,40 m, Breite 2,40 m. E: National-Galerie Berlin, Geschenk des Geh. Commerz.-Rats Krupp in Essen an den Kaiser 1894. Radiert von W. Hecht 1880. roy. Fol.; Kupferlichtdruck von E. Albert in Rosenberg Münchener Malerschule seit 1871“; Abbildung „Illustrierte Zeitung“ 1881 und 1894 und „Meisterwerke“ iV.; „Zeitschrift für bildende Kunst“ 1887; Pecht’s „Geschichte der Münchener Kunst im 19. Jahrhundert“; „Kunst unserer Zeit“ V. (1894). – Münchener internationale Kunstausstellung 79; Berlin ak. Kunstausstellung 80; Nürnberg, Bayerische Landesausstellung 82; Münchener „Sezession“ 94, nachträglich noch aufgestellt.
12.* - 15.* Löwenstudie; Löwenkopf (Studie); Tigerstudie; Tigerkopf (Studie).
16.* - 18.* Nubier mit Schild und Lanze; Nubier mit Orang-Utang.
19.* 20.* Nubier am Meer mit Harfe, Entwurf; Nubierin (unvollendet).
21.* Am Strande. 1880. E: L. Piglhein, Hamburg.
22.* 23.* Dame mit Rose; Junges Mädchen im Atelier.
24.* Knabe mit Hunden. E: L. Piglhein, Hamburg.
25.* Kind und Mohrenbaby. E: Bankier Wilhelm Kopetzky, Berlin. Abbildung unter dem Namen „Antipoden“ in Gartenlaube“ 85.
26.* Weinendes Kind mit Löffel. Auf Holz. E: Hugo Nowock, Hamburg.
28.* Weihnachtsmorgen. Knabe mit Hund und Spielsachen im Bett. E: Hermann Seiffert, Hamburg. Abbildung „Kunst für Alle“ VII. (1892).
29.* Angler.
30.* Des Löwen Erwachen. Ein nacktes Bübchen, das sich vom Lager erhebt. Bez: Piglhein 1882. Abbildung „Daheim“ 1882.
31.* Jerusalem und die Kreuzigung Christi. Skizze zum Panorama-Gemälde. 1885.
32.* Kreuzabnahme. Entwurf 1886.
33.* Die Kreuzigung Christi. Panorama, vom Künstler nach Studien auf seiner Reise nach Jerusalem unter wissenschaftlicher Mitwirkung des Prof. Sattler mit Hilfe der Maler K. Frosch, Jos. Krieger, Adalb. Heine und Jos. Block am 25. August 1885 begonnen und am 30. Mai 1886 zu München eröffnet. Leinwandfläche 1700 qm. Der Ausstellung zu Berlin im Panoramagebäude, Station Tiergarten (seit Ende 1888) folgte Anfang 1892 die Wiener Ausstellung, bei der das Werk in der Nacht zum 28. April 1892 ein Raub der Flammen ward. Reproduziert in 8 Bll. Holzschnitten in „Über Land und Meer“ 1887; Folioausgabe von der Deutschen Verlagsanstalt (vorm. Ed. Hallberger) in Stuttgart. 12 Bll. (1879).
34.* Grablegung Christi. E: Neue Pinakothek München. Abbildung „Kunst unserer Zeit“ V. (1894); „Über Land und Meer“. 1895. – Münchener Internationale Kunstausstellung 88. Durch den ungetreuen Gehilfen Piglhein’s den Maler K. Frosch, wurde das Panorama neun Mal reproducirt1 und in mehreren Städten Amerikas, in London und Antwerpen ausgestellt.
35.* Die Blinde. Ein Christenmädchen im Orient, das, blind, mit einem Wasserkruge in der Rechten durch ein rotblühendes Mohnfeld zum Brunnen schreitet. Entwurf 1889. E: Neue Pinakothek München, angek. Ende 1894. In Aquarell- Gravure von Franz Hanfstaengl (1890).
36.* Stern von Bethlehem. Madonna, auf Wolken sitzend, das liegende Kind auf den Armen. Über ihrem Haupte leuchtet ein Stern, zu beiden Seiten Gruppen lauschender Engel. 1889. Bez: Piglhein, E: Kunsthandlung Ed. Schulte, Berlin. – Dresden ak. Kunstausstellung 89.
37.* Glaube. 1890. E: Pastor prim. Gramberg, Jever.2
38.* Liebespaar im Frühling am Rande einer Quelle. Entwurf. 1890.
39. Blindes Mädchen mit einem Stabe in der Linken und einem Wasserkruge in der Rechten ein rotblühendes Mohnfeld durchschreitend. (Das ausgeführte Bild Nr. 35). Bez: Piglhein. – München Jahresausstellung Glaspalast 90; Berlin Internationale Kunstausstellung 91, Abbildung im Katalog. Auf der Berliner Kunstausstellung an einen Amerikaner verkauft.
40.* Ägyptische Schwerttänzerin. Kniest., sitzend. 1891. Abbildung „Moderne Kunst“ 93; „Kunst unserer Zeit“ V. (1894). – Berlin Internationale Kunstausst. 91.
41.* Münchener Kindl. E: Geh. Commerz.-R. Krupp, Essen
42.* Kinder-Portraits. 1891. E: Geh. Commerz.-R. Krupp, Essen.
43.* Englische Dogge. 1891. E: Geh. Commerz.-R. Krupp, Essen.
44.* Flucht nach Ägypten. Entwurf.
45.* Auf der Flucht. Ölskizze.
46.* Patrona Bavariae. Entwurf 1891.
47.* Der heilige Antonius. Entwurf 1891.
48.* Toter Pierrot. Entwurf.
49. Frühlingsidyll. Junger Hirte, neben dem seine Gefährtin mit gesammelten Blumen sitzt. Abbildung „Kunst unserer Zeit“ V. (1894). – Berliner ak. Kunstausstellung 92.
50. Bavaria, begleitet vom bayerischen Löwen und dem Münchener Kindl. Für den 70. Geburtstag des Prinz-Regenten 1892. Huldigungsbild, das aus dem Nachlass für das Münchener Rathaus angekauft wurde. Abbildung „Über Land und Meer“ 1895.
51.* Gruß aus München. Münchener Kindl mit Maßkrug und Blumen. 1893. E: Hugo Nowock, Hamburg.
52.* Mädchen mit Laterne. E: L. Piglhein, Hamburg.
53.* Singende Mädchen am Abhang. Entwurf. 1893.
54.* Männliches Bildnis, Kniestück. Unvollendet 1893. E: L. Piglhein, Hamburg.
55. Idyll: Vor dem Bade. Auf einem Steg über dem Wasser sitzt ein nacktes Kind und neben ihm ein Jagdhund. Zuerst für Herrn Schoen in Worms gemalt. Abbildung „Kunst unserer Zeit“ V. (1894). Ein Gegenstück zeigt Kind und Hund in der Vorderansicht.
56. Portrait der Frau Professor Piglhein. Sitzende, den Kopf auf den rechten Arm stützende Gestalt, Kniestück nach rechts, den Beschauer anblickend. – Münchener „Sezession“ 95, Abbildung im Katalog
57. Madonna. (1894). Ein Madonnenbild wurde nach Nürnberg, eines nach Amerika vekauft.
58. Halbfigur einer Wasserträgerin mit Krug. Studie zum Panorama der Kreuzigung. Höhe 0,70 m, Breite 0,585 m. – Lepkes’s Berliner Kunstauktion, 28. April 96.
Eine veränderte Wiederholung des Rundgemäldes der „Kreuzigung Christi“ entstand 1893 für den Wallfahrtsort Einsiedeln2. Den allgemeinen Entwurf und den architektonischen Teil hatte K. Frosch, die Landschaft J. Krieger, den figürlichen Teil R. William Leigh ausgeführt.
 II. Pastellbilder Zeichnungen.
1.* Die Mutter des Künstlers, Brustbild Kohle, wei0 gehöht. E: Hugo Nowock, Hamburg.
2.* Gute Beute. Federzeichnung. E: Burchhard, Berlin.
3.* Neger3 mit Kakadu. Pastell. E: L. Piglhein, Hamburg.
4.* Orientalin mit Wasserkrug. Pastell.
5.* Rauchender Neger3, Brustbild. Pastell.
6.* Abessinier mit Schimpanse. Pastell. E: Hugo Nowock, Hamburg.
7.* Christus am Kreuz. Studie zum Bilde „Moritur in Deo“. Kreidezeichnung, weiß gehöht.
8.* Christus am Kreuz. Brustbild. Pastell.
9. Dame mit gelbem Hut. Brustbild. Pastell.
10.* Portrait einer Dame im Überwurf. Kniestück nach rechts. Privatbesitz.
11.* Weiblicher Kopf nach rechts. Kreide.
12.* Weibliches Portrait, Brustbild mit Kragen. Pastell
13.* Weibliches Portrait, Brustbild mit Goldstreif im Haar. Pastell.
14.* Dame mit Hut. Brustbild nach rechts. Pastell.
15.* Weibliche Phantasiefigur, Blätter aus einer Mappe schleudernd. Pastell. Höhe 1,86 m, Breite 1,12 m. E: Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft (vorm. Fr. Bruckmann), München.
16.* 17.* Pschütt; Sport. Beide Pastelle und Eigentum des Rechtsanwalts Paul Michaelis, Berlin.
18.* Pierette mit gelbem Hut. Pastellskizze.
19.* Männliches Bildnis. Pastell. E: Kunsthandlung L. Bock & Sohn, Hamburg.
20.* Mein Kätzchen. Pastell. E: Bankier Wilhelm Kopetzky, Berlin.
21.* 22.* Junge mit roter Mütze; Kind mit rotem Mantel. Beides Pastelle.
23.* 24.* Kinderportrait, Brustbild; Junge mit Wasserkrug. Beides Pastelle.
25.* Kinderkopf, vorgebeugt. Kreidezeichnung, weiss gehöht.
26.* 27.* Liegender weiblicher Akt im Grünen (ruhende Nymphe); Echo. Beides Pastelle.
28. Im Atelier. Pastell. Höhe 0,95 m, Breite 1,25 m. – Wiener Internationale Kunstausstellung 82.
29. Maria unter dem Kreuze, zum sterbenden Sohne emporblickend. Von Prof. Piglhein 1866, getreu nach dem Original des Panoramabildes in Pastell gemalt, dem geistlichen Rat Prof. Sattler in München aus Dankbarkeit für die ihm bei der Herstellung des Panoramas geleisteten Dienste zum Geschenk gemacht.
30. Sterbender Christus. Pastell.
31. Pastellgemälde: Auf einem Ruhebette liegende junge Frau. Pastell.
30 u. 31 Münchener Internationale Kunstausstellung 83.
32. Eine Frage. Pastell. – Berliner ak. Kunstausstellung 84.
33. Spanische Sängerin. Pastell. – Wiener Jahresausstellung 85.
34. Beatrice. Kopf en face. Pastell. Radiert. Von M. Fleischer in „Zeitschrift für bildende Kunst“ 87. Ein „Damenkopf mit Fächer“, Pastell: Dresdener Aquarell-Ausstellung 87.
35. Spielgefährten: Kind und Kaninchen. Pastell. Abbildung „Gartenlaube“ 88.
36.* Stern von Bethlehem. Ein Engel mit dem auf seinen Armen ruhenden Christkinde. Pastell. 1889.
37.* Im Atelier. Weiblicher Akt, Rückenansicht. Pastell. 1890.
38. Knabenkopf. Pastell. – Dresdener Aquarell-Ausstellung. 90.
39.* Damenbildnis, Kniestück. Pastell. E: Bank-Direktor Gustav Hartmann, Berlin.
40.* Damenbildnis, Pastell. E: Dr. Julius Elias, Berlin.
41.* Knabe mit Fischer. Pastell. E: Dr. Julius Elias, Berlin.
42. Madonna. Halbfigur, sitzend, mit dem unbekleideten Kinde auf dem Schoß. Flüchtiger Entwurf in Kreide, nur die Köpfe etwas mehr ausgeführt. Bez: Piglhein. Höhe 0,52 m, Breite 0,35 m. – Lepke’s Berliner Kunstauktion, 17. März 96.
43. Astarte, weiblicher Kopf. Pastell auf Leinwand. Höhe 0,50 m, Breite 0,40 m.
44. Hirtenknabe mit einem Ziegenfelle bekleidet. Pastell Höhe 0,88 m, Breite 0,58 m.
43 u. 44 aus der Sammlung Fritz Gurlitt auf Lepke’s Berliner Kunstauktion 92.
45. Satyr einen Ziegenbock tragend. Ausgeführte Federzeichnung. Höhe 0,32 m, Breite 0,21 m. – Helbing’s Münchener Kunstauktion, 28. März 93 und ff. Tage.
46. 47. Prinzessin Elvira von Bayern im Festkleide: Dieselbe in Frühjahrstoilette. Pastelle für die Kaiserin von Österreich .
48. Portrait seiner Gemahlin. Pastell. Abbildung „Über Land und Meer“. 1895.
49. Kopf eines blondlockigen Knaben. Pastell. Höhe 0,53 m, Breite 0,43 m. – Lepke’s Berliner Kunstauktion, 12. Dezember 93. Ein Bild aus der Sammlung F. Otto in Halle, Höhe 0,53 m, Breite 0,44 m, war auf Lepke’s Berliner Kunstauktion. 15. Oktober 95 und ff. Tage.
50. Frühlingsidyll mit Schmetterling haschenden Nymphen. 1892.
51. Frauenkopf. Pastell. (Die Rückseite zeigt eine Studie: Dame am Thetisch). Bez: B. Piglhein. Höhe 0,80 m, Breite 0,70 m. – Helbing’s Münchener Kunstauktion, 14. October 96 u. ff. Tage.
52. Kinderfries. Geschenk des Künstlers an den Maler Ludwig Lesker in München.

Photographien nach Werken Piglhein’s hat die Kunstanstalt von Franz Hanfstaengl, ein Pastell-Album von 20 Lichtdrucken F. A. Ackermann’s Kunstverlag in München (1883 – 1884) herausgegeben.
III. Deckengemälde
1.) Der Einzug des Frühlings nach dem Siege des Lichtes über die finsteren Nebel des Winters, verkörpert durch einen Kinderreigen unter Führung eines geigenspielenden Genius. Anfang 1889 als Plafondgemälde im Empfangszimmer eines Privathauses zu Wiesbaden.
Über die Werke des Künstlers vgl. „Bruno Piglhein’s Panorama: Jerusalem und die Kreuzigung Christi in 10 direct nach dem Rundgemälde aufgenommenen Photographien (Kab.-Format). Erläutert von Ludwig Trost“. Stuttgart und Leipzig, Deutsche Verlagsanstalt. – Größere Holzschnittausgabe von Ludwig Trost. Ebendaselbst. – M. V. Sattler, Führer durch das Panorama der Kreuzigung Christi. München 1886. – F. Pecht „Geschichte der Münchener Kunst im 19. Jahrhundert“. München 1888. – Gottfried Böhm „Bruno Piglhein“ in „Kunst unserer Zeit“ V. Jahrgang. (1894). – v. D. (L. v. Donop.) « Bruno Piglhein 1848 – 1894 », im Katalog der Piglhein-Ausstellung in der Berliner National-Galerie, 20. Januar bis 3. März 1895.
Die Ausstellung des künstlerischen Nachlasses von etwa 150 Bildern, Entwürfen, Skizzen und Studien fand im November 1894 im Münchener Atelier des Künstlers statt. Die Berliner Ausstellung des folgenden Jahres umfasste 46 Ölgemälde, -Studien und Skizzen, 25 Pastelle, 2 Kreide- und je 1 Kohle- und Federzeichnung und 30 Reproduktionen in Holzschnitt, Photographie und Lichtdruck. Der Berliner Ausstellung folgte die im Schulte’schen Kunstsalon zu Köln im September 1895.
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1 Vgl. unter Publikationen „Die Panoramen der Kaiserzeit“ von Astrid Weidauer – es waren 12 Kopien, die im Laufe der Jahre weltweit verkauft wurden. (Anm. Robert Wecker).
2 (Anm. von R.W. – Zeitungsausschnitt NWZ vom 5.1.1970, Friesland.) Bruno Gramberg wurde 1875 geboren. Er stammte väterlicherseits aus einer alten jeverschen Pastorenfamilie, mütterlicherseits aus der Hamburger Künstlerfamilie Piglhein. Sein Großvater stammte aus Pressburg, er war als Tischlermeister in Hamburg eingewandert und hatte dort eine bedeutende Kunsttischlerei aufgezogen. Sein Sohn, Grambergs Onkel, war der bekannte Maler Piglhein, dessen berühmtestes Bild „Die Blinde im Mohnfeld“ in Millionen von Drucken über die ganze Welt gegangen ist.
23 Eines von 12 Plagiaten, die neunte Kopie. Vgl. „Panoramen der Kaiserzeit“ v. Astrid Weidauer. (Anm. Robert Wecker).
34 Übernommen von der Originalausgabe. (Anm. R.W.)
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DIE PIGLHEIN-AUSSTELLUNG IM MÜNCHNER KUNSTVEREIN
MONATSHEFTE FÜR FREIE u. ANGEWANDTR KUNDST, 1908, IX JAHRG. HEFT 7, APRIL
Am 19. Februar hätten wir BRUNO PIGLHEIN’S 60. Geburtstag gefeiert, wäre uns dieser an Begabung, Können und Gesinnung gleich hochstehende Maler nicht lange vorher durch frühen Tod entrissen worden. Die Witwe des Künstlers hat diesen Gedenktag in pietätvoller Weise durch die Veranstaltung einer großen Ausstellung von Werken Bruno Piglheins im Münchner Kunstverein gefeiert, die überraschend starken Eindruck macht. Sie umfasst eine Anzahl seiner berühmten großen Werke und eine Menge kleinerer Arbeiten, Stichproben aus seinen verschiedensten Entwicklungsstufen. Und sie weckt in allen Verständigung, wohl die gleiche Bewunderung für den großen Zug und den Umfang dieses Talentes – vielleicht auch ein leises Gefühl von Beschämung darüber, dass man in den letzten zehn Jahren immer weniger an Bruno Piglhein gedacht hat. Er ist 1894 gestorben, also noch nicht lange genug tot, um wieder entdeckt zu werden und schon zu lange begraben, um mit der schnelllebigen Jetztzeit noch in unmittelbarem Berührungskontakt zu stehen. So kommt die schöne Ausstellung eben zur rechten Stunde. Wie mächtig spricht uns wieder das grandiose „Moritur in Deo“ an! Nicht nur durch den kühnen Wurf der Komposition, auch durch die innere Glut der Malerei, einer Malerei, die so gut ist, trotz des vielen Schwarz und Braun in den Tiefen! Die Unterweltsbeleuchtung der Szene, dieses ganze Gewölk in seiner düsteren Sonnenfinsternisstimmung ist mit hoher Meisterschaft gegeben. Und im Schwung der Linien herrscht eine wahrhaft ekstatische Leidenschaftlichkeit. Ein wenig kühler mutet heute „Die Blinde“ an. Die stille Schönheit der Figur leidet unter der etwas lauten Sensation ihrer glutroten Umgebung. Man muss den Blick förmlich gewaltsam auf die schreitende blinde Frau konzentrieren und das Mohnfeld ringsherum vergessen, will man inne werden, wie schön jene gemalt; wie wahr das Spiel der heißen Abendsonne auf dem blauen Gewand und den Fleischpartien zum Ausdruck gebracht ist. Die „Grablegung“ aus der Pinakothek wirkt dagegen noch in ihrer vollen Größe – ein Werk, das eigentlich so gar nicht in eine Galerie passt, sondern in den stillen, feierlichen Raum einer Kirche gehörte, wo keine fremden Töne die friedvolle Ruhe dieser Darstellung störten. Von frühen Ölbildern Piglheins ist u.a. zu sehen: ein heiteres Strandidyll mit badenden Kindern und Frauen, das berühmte zärtliche Kentaurenpaar am stürmischen Meer*, eine unvollendete Szene mit Kentauren, Männlein und Weiblein im seichten Wasser des Meeresufers. Ein frühes Selbstbildnis schildert den jungen Künstler mit seinem Hund in noch „altmünchnerisch“ schwarzer und asphaltreicher Malerei, ein Frauenbildnis etwa aus derselben Zeit ist von gleicher Art und ist wie jenes innerhalb dieser bescheidenen dunklen Farbenskala doch voll und schön in Kolorit. Von imponierender Verve ist die kühne Tigerstudie, ist das Löwenkonterfei, ist auch das Bild der weißen Bulldogge. Den charmanten „Boxel“ mit den Damenschühchen haben wir erst jüngst in der Diezschülerausstellung gesehen. Nicht ganz so interessant wirkt das zahmer gemalte Familienporträt von braunen Hühnerhunden. Eine große „Flucht nach Ägypten“, ohne Gewaltsamkeit sehr eigenartig aufgefasst und von wunderbar verklärter Schönheit der landschaftlichen Stimmung blieb leider unvollendet, Die eleganten Bildnisse von des Künstlers Gattin sind bekannt. Zum anziehendsten und zu dem, was Piglheins Können und großzügiges Wesen am deutlichsten ausspricht, gehören die beiden Bilder mit dem nackten Knaben, das dunklere, skizzenhaftere, wie das frischer und heller gehaltene mit dem lichtblauen Seidenkissen, das den Einfluss von Piglheins „Pastellepoche“ in seiner Farbe verrät. Es steckt Rubenssches Wesen in diesen blühend schönen
Kinderleibern. Auch Pastelle sind in großer Zahl ausgestellt – das, was die große Menge für das Piglheinischste an Piglhein gehalten hat und das was doch nur eine Episode in seiner Entwicklung, die spielerische Nebenarbeit eines ernsten Mannes bedeutete, dessen Sinn in Wahrheit nach viel tieferen Aufgaben stund. Die pikante „Diva“, die einst so viel Aufsehen gemacht, das nackte Kind mit dem Hund am Wasser, durch Massenproduktion überbekannt, das Aktmodell mit dem Atelierstilleben, das putzige „Münchner Kindl“ und ein paar Tafeln aus dem Zyklus eleganter Frauentypen, die einst in der „Piglheinmappe“ auf jedem Salontisch prangten, lassen uns auch heute die große technische Meisterschaft bewundern, mit der das spröde Material beherrscht ist. Piglhein arbeitete breiter, leichter, malerischer damit als irgend ein anderer – aber die Sache selbst verdiente doch kaum seine volle Liebe! Bedeutsamer als jene leicht mit dem Hauch der Halbwelt parfümierten Bilder ist eine Reihe mit wenig Farbe schnell, kräftig und sicher hingeschriebener Pastellköpfe, darunter ein Porträt von Hugo von Habermann, eine Sarah Bernhardt. – Die letzte Arbeit des damals schon schwer leidenden Meisters, ein Ölbild mit zwei, einen Hügel herabkommenden Damen ist auch wehmütig genug. Es zeigt den Maler an einem Wendepunkt seiner Darstellungsweise, im Begriff, den letzen Rest akademischer Anschauung aufzugeben, noch lichter, freier und farbiger im modernen Sinn zu werden. Die unfertige Arbeit ist 1893 entstanden. Im Juli 1894 ward Bruno Piglhein begraben.

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1 Vgl. unter Publikationen „Die Panoramen der Kaiserzeit“ von Astrid Weidauer – es waren 12 Kopien, die im Laufe der Jahre weltweit verkauft wurden. (Anm. Robert Wecker).

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2 (Anm. von R.W. – Zeitungsausschnitt NWZ vom 5.1.1970, Friesland.) Bruno Gramberg wurde 1875 geboren. Er stammte väterlicherseits aus einer alten jeverschen Pastorenfamilie, mütterlicherseits aus der Hamburger Künstlerfamilie Piglhein. Sein Großvater stammte aus Pressburg, er war als Tischlermeister in Hamburg eingewandert und hatte dort eine bedeutende Kunsttischlerei aufgezogen. Sein Sohn, Grambergs Onkel, war der bekannte Maler Piglhein, dessen berühmtestes Bild „Die Blinde im Mohnfeld“ in Millionen von Drucken über die ganze Welt gegangen ist.
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3 Eines von 12 Plagiaten, die neunte Kopie. Vgl. „Panoramen der Kaiserzeit“ v. Astrid Weidauer. (Anm. Robert Wecker).
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4 Übernommen von der Originalausgabe. (Anm. R.W.)

  *Anmerkung: Im Kunsthaus Zürich. R.W.
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Auszüge aus den Seiten:
Seite 7 – Vorwort:
Vor 115 Jahren, am 29. Februar 1892, treffen sich elf Künstler im Atelier des 29 Jahre alten Studenten der Münchner Akademie, Josef Block. Sie unterzeichneten im Anschluss an ihre denkwürdige Sitzung ein Flugblatt, in dem es heißt:

Collegen! . . . der Kampf, der jahrelang geheim geführt wurde, ist nun mit Erbitterung an der Oberfläche entbrannt. . . . . “ Neben dem Gastgeber Josef Block zählen Ludwig Dill, Hugo Freiherr von Habermann, Otto Hierl-Deronco, Paul Höcker, Gotthardt Kuehl, Bruno Piglhein, Franz von Stuck, Fritz von Uhde, Victor Weishaupt und Heinrich von Zügel zu den Unterzeichnern des Pamphlets, das unter der Münchner Künstlerschaft schnell für große Aufregung sorgt.
Seite 8:
Sievogt, Münchner Kunstakademie-Absolvent und gerade einmal fünfundzwanzig Jahre alt, durfte dank der Fürsprache Piglheins an der ersten Secessions-Ausstellung 1893 teilnehmen.
Seite 13:
Die Auseinandersetzungen um die „Internationale“ war längst zu einer Streitfrage geworden, die sich quer durch alle Bevölkerungsschichten bis hinauf in die höchsten Regierungskreise und das Wittelsbachische Herrscherhaus zog. Die Ereignisse überstürzen sich. Noch im Februar 1892 schließen sich Ludwig Dill, Gotthardt Kuehl, Artur Langhammer, Bruno Piglhein, Franz von Stuck, Heinrich von Zügel und zwölf weitere Künstler zusammen und geben einen Aufruf an die Münchner Künstler ihre Absicht bekannt, sich von der Künstlergemeinschaft zu trennen.
Seite 26:
Nach einer kurzen Rede des Vorsitzenden der Münchner Secession Bruno Piglhein und den Klängen des Tannhäusermarsches von Richard Wagner war die Ausstellung ohne Zeremoniell eröffnet. Kurz darauf war sie dem allgemeinen Publikum frei gegeben.
Seite 27:
Wie bekannt, ist der erste Vorstand
Bruno Piglhein, über den ich einmal geschrieben habe: „Als Diez-Schüler war er liberal und aufgeschlossen für das Neue, ohne es selbst zu repräsentieren.“ (Abb. 3) Das kann heute noch so stehen bleiben, jedoch muss man stärker differenzieren und auf Piglheins Entwicklung nach 1886 hinweisen, zum Beispiel auf seine Werke Die Blinde von 1890 (Kat. 63) oder Ruhe auf der Flucht nach Ägypten (Kat. 64), ebenfalls von 1890. Auf der ersten Secessionsausstellung war er nicht vertreten. Ikonographisch hat er sich von der Konvention gelöst und zeigt schauerlich überhöht Maria mit dem Kind in der sengenden Wüstensonne. Auch die malerischen Mittel, die pastell gebrochenen Farben und die breite summarische Pinselführung, weisen darauf hin, dass er nicht mehr „der Tradition verpflichtet“ ist. Mit beiden Werken konnte er auch ein Vorläufer der symbolistischen religiösen Malerei werden, wie sie später von Franz von Stuck und Albert von Keller praktiziert wurde. Es lässt sich erkennen, dass der spätere Piglhein, der von schwerer Krankheit gezeichnet, bereits 1894 verstorben ist, nicht ausschließlich ein Maler der Gründerzeit war, und deshalb auch nicht als konservativ einzustufen ist. Er gehört zu jenem Kreis von Künstlern, die das Neue ahnen und einleiten, aber es noch nicht paradigmatisch gestalten, dafür aber um so mehr kunstpolitisch aktiv sind. In einer Würdigung von 1907 heißt es über ihn und die Secession: „Man muss den Sezessionismus nicht vornherein als ein künstlerisches Programm auffassen. Er ist zunächst nichts anderes als eine organisatorische Entwicklung, als eine mehr von der ästhetischen Seite ausgehende Auflehnung der gesunden Jugend gegen das abgelebte, aber immer noch herrschbegierige Alter.

Seite 28:
Mit dieser Bewegung ist, wie gesagt, der Name
Piglheins historisch für immer verbunden. Piglhein gab den Anstoß dazu und er war der treueste Förderer aller jungen Talente, die sich der neuen Sache anschlössen“. Piglhein wird hier als einer der Initiatoren der Münchner Secession, als ein Mentor für junge Talente und in weiteren, hier nicht zitierten Abschnitten als durchaus eigenständiger Maler gewürdigt.
Seite 30:
Albert von Keller wurde nicht nur durch seine eleganten Damenbildnisse berühmt, sondern gleichermaßen durch seine religiöse Malerei, die er wie auch
Piglhein oder Uhde nicht im traditionellen Sinn schuf, sondern seinerseits durch eine psychologische und okkulte Variante bereicherte.
Seite 32:
An letzte Stelle wird hier Franz von Stuck genannt, . . Die symbolistisch christlichen oder auch mythologischen Interpretationen seiner Vorläufer wie Arnold Böcklin,
Bruno Piglhein oder Gabriel von Max hat Stuck noch mit impressionistischen Tendenzen angereichert, sodass in seinem Cherubin mit dem flammenden Schwert zwei bedeutsame Strömungen der Zeit zusammenfließen: die symbolistische Figur und das Freilichtbild.
Seite 45:
Allerdings bleibt Zimmermann seiner späten Gründerzeitmalerei treu und lässt sich vom Impressionismus seines Kollegen Fritz von Uhde keineswegs inspirieren. Eher schon könnte hier auch
Piglheins Malerei mit ihren prä-symbolistischen Tendenzen Einfluss genommen haben.
Seite 56:
Über Max Sievogts „Die Ringerschule“: . . . Denn die Jury hatte das Werk sogar als unsittlich ablehnen wollen. „Seine Zulassung verdankte er der nachdrücklichen Fürsprache
Piglheins, der viel von Sievogt hielt und trotz seines schweren Asthmas die vier steilen Stiegen zum Atelier des jungen Meisters nicht gescheut hatte.
Seite 85:
Lovis Corinth: „Im Herbst 1891 traf ich in München ein. München war zu jener Zeit sehr lebhaft und die Künstler waren gleich einem schwärmenden Bienenschwarm sehr unruhig und neuerungssüchtig“. Dies ist als Anspielung auf die Vorbereitungen zur Bildung der Secession zu sehen. Nach einem Seitenhieb auf
Piglhein, dem Vorsitzenden der Secession, bemerkte Corinth: „Sonst war die ganze Jugend und die talentvollsten Künstler auf Seiten der Sezession. Sie organisierten, was sie konnten, und hoben sich gegenseitig in den Himmel. Ich schwamm vergnügt in diesem Strome mit, stolz darauf, dass man mich als eine Stimme mehr schätzte, ferner hatte ich aber das instinktive Gefühl, dass ich in dieser Clique weiterkommen konnte“.
Seite 154, Fortsetzung der Seite 153:
die „Blinde“ als ein Sinnbild des Menschen ohne Bezug zu Gott gesehen werden.
Nur ein Jahr später, 1890, entstand Piglheins Ruhe auf der Flucht nach Ägypten, ein Gemälde, in welches wiederum sein Studium in Palästina einfließt.
Unkonventionell und von der entsprechenden Ikonographie losgelöst, präsentiert er die lebensfeindliche und –bedrohliche Situation der Heiligen Familie in der Wüste.
Wie auch
Piglhein war Gabriel von Max Piloty-Schüler und hat sich bereits seit seiner Prager Zeit mit Somnambulismus, Parapsychologie, Hypnotismus, Spiritismus und Darwinismus befasst.
Seite 157:
Über den Bildnismaler Leo Samberger: . . Im Grunde bildeten den Auftakt dazu die drei monumentalen Prophetenfiguren von 1888 mit ihrem Pathos und ihrer neuen Spiritualität, die gewiss auch Impulse von
Bruno Piglhein und Gabriel von Max aufgenommen haben.
Seite 177:
Zeitweise noch stark impressionistisch geprägt, näherte sich Carl von Marr seit seinem Werk Flagellanten von 1889 den prä-symbolistischen Motiven. Wind und Wellen entstand wohl in den 1890er Jahren, in denen prä-symbolistische Strukturen gerade bei Albert von Keller, Gabriel von Max und
Bruno Piglhein deutlich hervortraten
Seite 232:
Über Sven Richard Bergh: . . . Die dunkle Staffage und das rötliche Licht verweisen auf Geheimnisvolles und auf die Mystik des Lebens. In München ließe sich bei einem solchen Werk an die Prä-Symbolisten Albert von Keller,
Bruno Piglhein oder auch Gabriel von Max denken.
Seite 262:
Die Initiatoren der Münchener Secession wirkten federführend in der gesamten Secessionsbewegung. Die Namen von Fritz von Uhde, Hugo Freiherr von Habermann, Paul Hoecker und Bruno
Piglhein (1. Vorsitzender) und dessen Schüler Josef Block, der die Gründung der Münchner Secession entscheidend mitverantwortete, Otto Hierl-Deronco, Franz von Stuck und Heinrich von Zügel treten in allen Secessionen immer wieder in Erscheinung.


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